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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Weihnachtsgeschenken verschwunden. (Ich habe ein extrem schlechtes Gepäckkarma. In meinem letzten Leben muss ich bei der Gepäckabfertigung beschäftigt gewesen sein und lauter Zeug aus unverschlossenen Koffern geklaut haben.) Inzwischen bin ich so daran gewöhnt, Taschen zu verlieren, dass ich mich gar nicht mehr erst am Gepäckband anstelle, sondern direkt zum Schalter gehe und das Formular ausfülle.
    Die restlichen Familienmitglieder – mit vollständigem Gepäck, die Glücklichen! – zogen schon los, und nachdem ich alle Formulare ausgefüllt hatte, die notwendig waren, um die tschechische Bürokratie zufrieden zu stellen, trafen mein Herzallerliebster und ich schließlich im Hotel Praha ein. An diesem Punkt muss man sich nun ins Gedächtnis rufen, dass ich einen langen, anstrengenden Tag hinter mir und nur sieben M&Ms gegessen hatte, dass meine Tasche mit den liebevoll erworbenen Geschenken verschwunden und ich völlig überzeugt war, sie nie wiederzusehen.
    »Willkommen im Hotel Praha!«, rief der superfreundliche Mann am Empfangstresen. »Sie kommen aber spät. Sehr, sehr spät! Jetzt müssen wir Ihnen das Spezialzimmer geben.« Da der Tag so schlecht gelaufen war, ging ich natürlich davon aus, dass es sich dabei um ein Zwei-Quadratmeter-Kabuff handelte, und machte mich schon bereit, über die Theke zu hechten und mich auf den Mann zu stürzen. Aber als er fortfuhr: »Als Tom Cruise in Prag Mission Impossible gedreht hat, wohnte er sechs Wochen in der gleichen Suite. Nicole hat ihm dort das Essen gekocht«, hielt ich mitten im Sprung inne.
    Ich musterte den Mann mit argwöhnisch zusammengekniffenen Augen. Er nahm mich doch auf den Arm, oder? Aber was, wenn … Bestand denn die Möglichkeit, dass … Konnte es sein, dass der Mensch nicht …? Vorsichtig nahm ich meinen Schlüssel entgegen, warf dem Angestellten einen Blick zu, der besagte, dass ich zurückkommen würde, wenn es nötig war, und machte mich auf den Weg in unser Spezialzimmer.
    Doch der Mann hatte nicht gescherzt. Unser Zimmer war wirklich etwas Besonderes – gigantisch, weit größer als unser Haus in Dublin. Um von einer Seite des Wohnzimmers auf die andere zu gelangen, brauchte man zehn Minuten (ich übertreibe nur ein kleines bisschen). Wir hatten vier Badezimmer, einen Esstisch, an dem zwölf Personen sitzen konnten, ein Büro und einen riesigen Balkon mit Blick auf die Prager Burg. (Alle Zimmer hatten den gleichen Ausblick.) Dass ich gelegentlich einen elektrischen Schlag bekam, wenn ich etwas aus Metall berührte – na und? Oder spielte es etwa eine Rolle, dass die Badezimmertüren so konstruiert waren, dass man, wenn man die Tür schloss, während man noch die Klinke in der Hand hatte (und wie will man das sonst machen?), die Finger schmerzhaft einklemmte?
    Wir zahlten achtzig Dollar pro Nacht. Vierzig Dollar pro Nase.
So gut wie nichts. Meine Eltern und Geschwister kamen, um ihrer Bewunderung Ausdruck zu verleihen, und ich stolzierte herum, begeistert, dass sich mein Glück plötzlich gewandelt hatte.
    »Na, bist du jetzt nicht froh, dass deine Tasche verloren gegangen ist?«, fragte Mam. »Komm, wir müssen los, zum Karpfen. Hör mal, stimmt das eigentlich, was die da über Tom Cruise erzählen?«
    Schwer zu sagen, aber in den nächsten Tagen schworen so viele der Angestellten Stein und Bein, dass Tom tatsächlich in genau diesem Zimmer gewohnt und dass Nicole ihn wirklich hier besucht hatte, dass ich mich schließlich überzeugen ließ. Zufälligerweise war eins meiner Weihnachtsgeschenke eine Augenmaske aus Samt (die einem an einem hellen Sommermorgen beim Schlafen hilft), aber sie kam gerade recht als Requisit für meinen Herzallerliebsten und mich – wir spielten Tom und Nicole in Eyes Wide Shut und hatten stundenlang einen Heidenspaß dabei.
    Bei Tageslicht konnten wir das Hotel dann genauer in Augenschein nehmen, und es war toll . Im Jahr 1981 fertig gestellt, war es die tschechische Version des Luxus der späten Siebziger. Man wollte angeben – seht euch unser wundervolles Hotel an, erbaut im Stil des Westens, seht, wie hervorragend das kommunistische System bei uns hart arbeitenden Tschechen funktioniert –, und viele berühmte Menschen hatten hier schon genächtigt: Breschnjew, Andropow, Ceausescu.
    Auch beim Interieur hatte man keine Kosten gescheut: Jede Wand und jede Tür mit Walnussholz verkleidet, alles in gigantischem Maßstab. Es gibt einen Pool, mehrere Tennisplätze, einen Schönheitssalon und

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