Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
Vom Netzwerk:
Luftgitarrist, mit einer dichten, schulterlangen Lockenmähne, wodurch die Dreihundertsechzig-Grad-Kopfverdrehungen noch besser zur Geltung kamen. Inzwischen ist die Mähne eine Erinnerung aus grauer Vorzeit, aber als ich mir nun seine Kleiderwahl ansah, spürte ich sofort, dass in ihm die lange schlummernde Affinität zum Luftgitarrespielen neu belebt worden waren. Allerdings bestritt er das energisch und behauptete, er hätte nur versucht, mich »nicht zu blamieren«. Und murmelte sich etwas davon in seinen Bart, dass er »wenigstens keine grellrosa Strickjacke« anhabe.
    Wir fuhren zu Eileen ins Büro. Sie machte noch schnell die neueste Multimillionen-Firmenfusion fertig (so stelle ich mir das gern vor) und stand dann auf und strich sich ihr cremefarbenes Kostüm glatt.
    »Willst du etwa im Kostüm losziehen?«, erkundigte sich mein Herzallerliebster nervös.
    »Wenigstens habe ich keine grellrosa Strickjacke an«, entgegnete sie.
    Auf dem kurzen Fußweg zum Austragungsort der Meisterschaft wurde mir klar, dass Eileen und ich in Bezug auf die Veranstaltung diametral entgegengesetzte Erwartungen hegten, denn sie sagte: »Ich frage mich, wie kahle Luftgitarristen mit der Situation zurechtkommen.«
    Verwundert erwiderte ich: »Keiner von denen wird kahl sein, die haben bestimmt jede Menge Haare auf dem Kopf. Und tragen weiße Catsuits und pfundweise Make-up.«
    Aber Eileen bestand darauf, dass die Wettbewerbsteilnehmer in ausgeleierten Metallica-T-Shirts und dreckigen Jeans auflaufen würden. Ich überlegte, woher sie ihre Informationen bezog.
    Zu dritt marschierten wir auf den Eingang zu, wo der Rausschmeißer Eileen in ihrer teuren Anwaltskluft filzte und fragte: »Sind Sie sicher, dass Sie da rein wollen, Süße? Wissen Sie, was da nachher abgeht?«
    Sie antwortete, ja, das wisse sie, aber der Mann ließ nicht locker, und schließlich behauptete sie, die Mutter von einem der Teilnehmer zu sein.
    Das schien den Rausschmeißer zu beruhigen, bis sein Blick auf meine rosa Strickjacke fiel, und sofort wurde er wieder nervös.
    »Ich bin auch eine Mutter«, schloss ich mich meiner Freundin an.
    Dann waren wir drin, und in dem ultravioletten Licht und mit
Led Zeppelin aus allen Lautsprechern machte mein Herzallerliebster plötzlich ein ganz wehmütiges Gesicht. Ich denke, wenn er sich aussuchen dürfte, jemand anderes zu sein, dann wäre er gern Robert Plant, circa 1971. Auch ich merkte, wie ich innerlich auf Gedenkreise ging, in die Zeit, als ich vierzehn war und auf der Playlist meiner Disco Lynyrd Skynyrd und Deep Purple standen.
    Während wir uns zur Bar vorkämpften, stellten wir fest, dass das Publikum wider Erwarten normal wirkte: kein Leopardenmuster, keine wilden Haarmähnen. Mir dämmerte, dass es sich wahrscheinlich um Freunde und Familie handelte, die gekommen waren, um die Teilnehmer zu unterstützen. Oder sie auszulachen. Jedenfalls hätte ich mir offenbar überhaupt keine Sorgen wegen meiner Klamotten machen müssen.
    Mit für uns ungewöhnlich gutem Timing hatten wir gerade unsere Getränke bekommen, als der Conferencier auf der Bühne erschien, um die Sache ins Rollen zu bringen. Es handelte sich um ein hübsches Mädchen, ein richtiges Rockgirl, in Minirock, hohen Stiefeln, dessen Gesicht hinter schweren Haarvorhängen verschwand.
    Und dann ging es los! Der erste Kandidat war ein winziger Typ in einem Metallica-T-Shirt und schmutziger Jeans. Zwar war er nicht kahl, aber er hatte kurze Haare. Eileen grinste mich selbstgefällig an. Der Typ fuchtelte an seinem Bauch herum, wanderte am unsichtbaren Fünfundvierzigzentimeterkabel durch die Gegend, setzte den Fuß auf den Speaker und machte das bei Heavy Metal so beliebte Teufelshorn-Handzeichen. Der Kerl war erstaunlich schlecht. Selbst ich hätte es besser gemacht.
    »Herr des Himmels«, murmelte Eileen zutiefst entsetzt. »Wenn die alle so schlecht sind, werden wir uns in Finnland ganz schön blamieren.«
    Zu unserer großen patriotischen Erleichterung war der zweite
Wettbewerbsteilnehmer wesentlich besser. In AC/DC-Schuljungen-Aufmachung, die Schirmmütze über einer schwarzen Nylon-Perücke, zog er die Hinknien-Zurücklehnen-Grimassenschneiden-Nummer ab. Dann lag er auf dem Rücken, schmiss sich herum, brachte fast das Mikro zu Fall und zertrümmerte zum großen Finale seine Luftgitarre. Aber Eileen mochte ihn nicht, weil er angeblich zu viel Luft schlagzeug spielte. Oder zumindest mit der Luftgitarre dem Schlagzeugrhythmus folgte. Wie sie

Weitere Kostenlose Bücher