Pretty Daemon
sogar Zahnstocher, die ich auf das Buffet stellte. Insgeheim musste ich mir gratulieren. Ich mochte zwar nicht Rachael Ray sein, aber zumindest war ich schon deutlich besser als Lucy Ricardo.
Nach einer raschen Dusche zog ich mir eines jener Cocktailkleider an, die seit den politischen Ambitionen meines Mannes meinen Schrank füllten. Ich schminkte und frisierte mich, so gut ich konnte – was in meinem Fall nie großartig ist (mir fehlt irgendwie das Kosmetikgen) –, und dann eilte ich wieder nach unten.
Während ich noch rasch die Kissen aufschüttelte, ein paar Fussel von den Rückenlehnen der Stühle klaubte und ganz allgemein versuchte, so auszusehen, als ob ich das Essen selbst gekocht hätte, brachte Stuart Timmy nach oben und machte ihn für die Nacht zurecht. Natürlich war der Junge alles andere als glücklich, bereits um Viertel vor sieben ins Bett zu müssen. Aber manchmal muss man eben für das Wohl der Familie Opfer bringen – und ich war mir sicher, dass Stuart unserem kleinen Mann genau das auch beizubringen versuchte.
Ich nahm die Gelegenheit wahr, um noch rasch bei David anzurufen. Dabei redete ich mir ein, einfach nur mütterlich verantwortungsbewusst zu sein anstatt ängstlich und paranoid. Doch leider ging niemand ans Telefon – eine Tatsache, die meinen Nerven nicht gerade guttat.
»Rufst du Laura an, damit sie dir hilft?«, wollte Stuart wissen, der auf einmal wieder in der Küche aufgetaucht war.
»Du schleichst heute so leise durchs Haus«, entgegnete ich und sah ihn vorwurfsvoll an. Mir reichten bereits die Dämonen und Zombies, die in letzter Zeit immer wieder unerwartet auftauchten. Da konnte ich einen Ehemann, der auf leisen Sohlen durch das Haus schlich, wirklich nicht auch noch gebrauchen.
»Ich wollte dich einfach überraschen«, erklärte dieser. Er machte eine Drehbewegung mit dem Finger, trat zu mir und küsste mich auf den Nacken. »Halte mal deine Haare hoch«, bat er mich und legte mir dann eine Kette um den Hals. »Ich weiß ja, dass du immer dein Kreuz trägst«, sagte er. »Deshalb habe ich auch eine längere Kette gewählt. Die Dame im Geschäft meinte, es sei sehr modisch, zwei Ketten gleichzeitig zu tragen.«
»Meinte sie das?«, fragte ich lächelnd. Meine Finger spielten mit zwei ineinandergedrehten Golddrähten, die eine Art von abstraktem Herz formten. »Es ist wunderschön, Liebling.«
»Das Herz soll nicht nur die Liebe symbolisieren, sondern auch das Vertrauten zwischen zwei Menschen. Die zwei Drähte stehen für zwei Leben, die miteinander verbunden sind. Du weißt schon. Dieses ganze kitschige Zeugs eben.«
Ich schlang meine Arme um seinen Hals und blickte ihn ernst an. »Ich mag dieses ganze kitschige Zeug«, erklärte ich. »Und ich liebe dich.«
»Genau das wollte ich hören«, erwiderte er und küsste mich – sanft und zärtlich und doch irgendwie voll Verlangen.
Als ob die Kette ein Versprechen wäre, das er durch einen Kuss besiegeln wollte.
In diesem Moment klingelte es an der Tür. Wir lösten uns voneinander. Ich konnte genau beobachten, wie sich Stuart von dem Mann, den ich liebte, zum Mann des Volks wandelte. Er nahm mich am Arm, und gemeinsam traten wir in den Flur hinaus.
»Du wirst gewinnen. Das weiß ich«, sagte ich. »Wie könnte dir jemand widerstehen?«
Er sah mich an. Seine Augen wirkten auf einmal wie verschleiert. »Vielleicht hast du Recht«, erwiderte er. »Zumindest deuten das auch die Umfragen an.«
Seine Antwort beunruhigte mich. Ich fühlte mich auf einmal unwohl, ohne den Grund dafür zu kennen. »Glaubst du das denn nicht?«
Er zuckte mit den Schultern und lächelte. »Sagen wir es einmal so. Mir ist durchaus bewusst, dass jede Wahl auch einen Verlierer braucht.«
Ich bin nun wirklich eine Kennerin auf dem Gebiet geheimnisvoller Bemerkungen, und was kryptische Aussagen betraf, gehörte Stuarts zu den besten, die ich seit langem gehört hatte. Leider, leider blieb mir jedoch keine Zeit nachzuhaken, denn er öffnete bereits die Tür.
Ich wurde schlagartig in die Rolle der perfekten Gastgeberin katapultiert. Ich begrüßte die Gäste, reichte ihnen etwas zu trinken und bemühte mich um freundliches Geplauder, was ich seit einigen Monaten recht gut hinbekam. Mir machte das Ganze nicht einmal mehr viel aus – was ich damals, als mir Stuart zum ersten Mal eröffnete, dass er sich für das Amt des Bezirksstaatsanwalts bewerben wollte, niemals für möglich gehalten hätte. Damals hätte ich mich am liebsten unter der
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