Pretty Daemon
verlässt, kämpft sie. Je stärker eine Seele ist, desto eher ist sie in der Lage, das Böse zu abzuwehren. »Wenn ihr Glaube am Ende ins Wanken kam, dann bedeutet das nur, dass sie menschliche Schwäche zeigte.«
»Nein, es bedeutet, dass sie eine Idiotin war«, widersprach Abaddon harsch. »Dumm und unwissend. So wie ihr alle.« Seine Stimme schien nicht mehr aus Cami zu kommen, sondern hallte in der ganzen Kammer wider.
Abaddon presste seine Hand gegen Camis Halsschlagader und schaffte es, für den Moment den Blutfluss zu stoppen. Auf einmal sah ich, was er in der Hand hielt – ein Stück des blutigen Steins von Golgatha.
Ich riss den Kopf herum und sah zu den Ketten hoch, die über dem Gefäß in der Mitte der Kammer baumelten. Dann warf ich einen Blick auf Eric. Seine verwirrte Miene spiegelte meine eigenen Gefühle wider. Auch seine Augen wanderten durch den Raum, und ich begriff, dass er meine Botschaft verstanden hatte. Er wartete und beobachtete – verzweifelt auf der Suche nach einem Ausweg.
Hoffentlich würde er ihn bald finden. Ich selbst hatte keine Vorstellung, wie wir es schaffen konnten, zu entkommen.
Und selbst wenn mir etwas Brillantes eingefallen wäre, hätte ich mich kaum in der Lage befunden, es auch in die Tat umzusetzen.
»Ihr solltet darauf bestehen, dass eure Auftraggeber in Zukunft ihre Hausaufgaben besser machen«, erklärte Abaddon hochmütig. »Du hast übrigens Recht, Junge – ihr Glaube kam nie ins Wanken.«
Der Dämon trat einen Schritt näher und fixierte mich mit böse funkelnden Augen. »Fühlst du dich jetzt besser?«, wollte er mit Camis Stimme wissen, die allerdings sehr schmierig klang. »Wiegst du dich jetzt in Sicherheit, weil du weißt, dass Cami bis zum Schluss an ihrem Glauben festhielt? Woran hat sie denn geglaubt, Kate… O ja, ich weiß, wie du heißt. Die übereifrige Katherine Andrews. So schrecklich ehrgeizig und verbissen. Wirst auch du an deinem Glauben festhalten, wenn ich dir den Hals durchtrenne? Genau das werde ich nämlich tun. Du weißt, dass du keine Chance hast. Was nützt dir irgendein Glaube, wenn ich die dunklen Mächte des Bösen zu lenken weiß? Es sind Mächte, die stark genug sind, um deinen Irrglauben zu besiegen und trotz deines Widerstands in deinen Körper einzudringen.«
»Der blutige Stein von Golgatha«, murmelte ich entsetzt. »Die Forza hat sich geirrt. Er hält dich nicht von deinem Ritual ab…«
»O nein, du irrst dich, mein Kind. Deine jämmerlichen Auftraggeber hatten Recht. Ich respektiere und fürchte den blutigen Stein von Golgatha. Aber – mein zartes Pflänzchen – weder du noch die deinen besitzen den Stein. Dieser Stein«, sagte er und hielt das Stück über seinen Kopf, »hat keinen Namen. Nur zufällig habe ich von seiner Existenz erfahren. Zum Glück hat er sich mir gezeigt, damit ich ihn mit in die Dunkelheit nehmen konnte.«
Der Dämon breitete die Arme weit aus, als ob er mich dazu auffordern wollte, ihn zu umarmen. Ich spuckte ihm vor die Füße.
»So ein wilder Trotzkopf«, höhnte er erneut mit Camis Stimme. »Katie, ich dachte, wir wären Freunde… Beste Freunde.«
Er trat zu dem Gefäß und ließ die Wunde an seinem Hals los, so dass Camis restliches Blut in die Schale fließen konnte. Dann schob er das Steinstück in das unterste Glied der fünften Kette und riss einmal kurz daran. Die Kette wurde langsam nach oben gezogen, bis der Stein nicht mehr zu sehen war.
»Fünf Steine, um mich zu erwecken«, verkündete er, und seine Augen wurden schwarz. »Sechs, um mich zu fesseln. Das Blut von drei jungfräulichen Vestalinnen soll dazu dienen, mich zu beschützen.« Er lächelte böse, und für einen Moment sah ich die wahre Cami vor mir, wie sie oft gelacht hatte, während sie in ihrem braven Flanellschlafanzug neben mir am Waschbecken gestanden und jeden Abend pflichtbewusst ihre Zähne geputzt hatte. Ich blinzelte, weil mir Tränen in die Augen stiegen. Verzweifelt versuchte ich mich zu konzentrieren. Irgendwie musste ich diesen Dämon aufhalten. Ich musste es für Cami tun.
»Du kennst dich doch aus in römischer Geschichte, nicht wahr, Katie? Schließlich bist du in dieser Stadt groß geworden. Heutzutage gibt es keine Vestalinnen mehr, aber ich habe einen guten Ersatz für sie gefunden. Denn was waren die Vestalinnen anderes als die Hüterinnen eines Geheimnisses? Und welche Frauen hüten heutzutage noch auf den sieben Hügeln Roms solch wichtige und bedeutsame Geheimnisse?«
Natürlich kannte
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