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Pretty Daemon

Pretty Daemon

Titel: Pretty Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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sondern wollten an Abaddons Ritual teilnehmen. Falls sie uns jedoch entdeckten, würde das Ergebnis auf dasselbe hinauslaufen, und wir würden zudem unseren Vorteil verlieren, sie zumindest mit unserem Auftauchen zu überraschen.
    So suchten wir verzweifelt mit unseren Taschenlampen die Wand aus uralten Knochen ab, um einen Ausgang zu finden, denn umdrehen konnten wir auf keinen Fall. Die Dämonen kamen unaufhörlich näher. Ängstlich blickten wir uns um. Da entdeckten wir endlich einen Totenschädel, etwa eineinhalb Meter über dem Boden in die Wand eingelassen. Der Knochen hatte eine seltsam dunkle Farbe. Vermutlich hatten ihn die Zeit und der Ruß der Mönchsfackeln so schwarz werden lassen, denn in früheren Zeiten waren Klosterbrüder häufig unterirdisch ins Zentrum der Stadt geschlichen.
    Auch jetzt konnte ich mich noch gut daran erinnern, wie aufmerksam ich damals die zahlreichen Kratzer und Furchen auf dem Schädel vor mir betrachtete. Auf einmal schienen sich die Linien wie bei einer optischen Illusion zu wandeln. Alle unnötigen Punkte und Striche verschwanden, und die übrig gebliebenen Konturen ergaben auf einmal ein mir vertrautes Muster aus ineinandergreifenden Kreisen, unter denen Wellenlinien auszumachen waren. Nun sah das Ganze wie das Symbol Abaddons aus.
    Doch was sollten wir damit anfangen?
    Hinter uns rückten die Dämonen immer näher. Wir konnten bereits das Licht ihrer Fackeln sehen, das im Tunnel flackerte und uns ebenso wie ihre Schritte ihr bevorstehendes Eintreffen verriet.
    »Vielleicht funktioniert es wie ein Türknauf«, schlug ich vor. Ich richtete meinen Lichtstrahl auf ein verkrustetes Stück Metall, das aus der Nasenhöhle des Totenschädels hervorlugte. Neugierig trat ich näher. Ein rasiermesserscharfes Eisenstück war in den Knochen eingelassen worden und ragte etwa einen Zentimeter weit heraus. Die Verkrustung darauf war wohl…
    »Opferblut«, sagte Eric, als er ein Stück der Kruste mit seiner Dolchspitze abgekratzt hatte.
    Hinter uns wurde die Dämonenhorde immer lauter. Wir befanden uns in einer Sackgasse. Wir waren gefangen und konnten nur noch darauf warten, dass sich die Dämonen auf uns stürzten und sich ihren kleinen Jägerpreis holten. Wir mussten hier heraus, und soweit ich das in diesem Moment sagen konnte, lag der einzige Ausweg hinter der Wand.
    »Versuchen wir es damit«, sagte ich und schlug mit meiner linken Handfläche fest gegen das scharfe Stück Metall. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich das Brennen und Pochen meiner Hand ignorierte, weil ich nur daran interessiert war, ob sich die Wand öffnen würde oder nicht. Was ich genau erwartet hatte, weiß ich nicht, aber zumindest irgendeine Reaktion wäre erfreulich gewesen. Aber es geschah rein gar nichts.
    »Es muss noch etwas anderes sein«, meinte Eric. »Vielleicht irgendeine Beschwörungsformel.«
    »Ich könnte auch höflich bitten«, meinte ich spöttisch. »Aber ich glaube irgendwie nicht, dass das funktionieren würde.«
    Eric warf mir einen vernichtenden Blick zu. »Versuche mal, deine Hand gegen das Symbol zu drücken«, schlug er mir vor.
    Ich sah ihn unsicher an und senkte dann rasch den Blick, damit er mein Zögern nicht bemerkte. Ich hatte schon viele Geschichten über Dämonenjäger in fast ausweglosen Situationen gehört und gelesen. Seit Menschengedenken hatte es immer wieder schreckliche Kämpfe mit Dämonen gegeben. Ich hatte zudem eine Seminararbeit über unsere blutigsten Kampftechniken geschrieben. All diese Schilderungen hatten mich jedoch nicht erschüttern können.
    Doch ich zuckte jedes Mal erschrocken zusammen, wenn ich hören musste, dass die Seele eines Jägers Schaden erlitten hatte, oder wenn in einem Menschen auf einmal der Glaube an das Gute in der Welt verlorenging und sich in einem früheren Kämpfer gegen das Böse die Dunkelheit ausbreitete. Aus solchen Bildern bestanden meine schlimmsten Alpträume, die mich als junges Mädchen ziemlich regelmäßig aus dem Schlaf aufschrecken ließen.
    Noch jetzt flößten mir diese Vorstellungen die größte Angst ein.
    Obwohl ich wusste – und das tat ich wirklich –, dass kein Dämon in mich eindringen konnte, nur weil ich das Symbol jener Kreatur berührte, konnte ich doch ein angewidertes Schaudern nicht unterdrücken. Trotzdem tat ich, wie Eric mich geheißen hatte. Ich forderte das Schicksal sozusagen heraus und verdrängte für einen Moment meine Ängste. Tollkühn legte ich meine Hand auf Abaddons Zeichen.
    Doch

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