Pretty Daemon
aber wirklich nicht schlecht.«
»In den ersten Schuljahren habe ich nur Einser bekommen«, bestätigte sie.
»Und danach?«
Sie schüttelte bedauernd den Kopf. »Danach ging es nur noch bergab. Solche guten Ergebnisse habe ich nie mehr geschafft.«
»Man sieht, dass dich das noch immer quält.«
»Ich wurde fürs Leben gezeichnet«, erklärte sie. »Jetzt aber mal ernst – warum hast du ihr das nicht gesagt?«
»Sie wird es sicher noch herausfinden, wenn sie in Ruhe darüber nachdenkt«, erwiderte ich. »Aber in der Zwischenzeit möchte ich nicht, dass sie sich zu sehr davor gruselt, welche Kreaturen in der Nacht durch unseren Garten wandern.« Laura hatte natürlich Recht. Der Dämon hatte Sammys Körper bezogen, als das Portal offen stand. Als ich ihm dann das Auge durchstieß und den Dämon so zurück in die Hölle oder den Äther oder an einen sonstigen Abhängort für Dämonen beförderte, hatte sich das Portal wieder geschlossen, so dass kein neuer Dämon in denselben Körper hätte hineinfahren können. Die Knochen und die Weichteile waren relativ frisch gewesen, und die Verwesung hatte noch nicht eingesetzt. Alles war sozusagen sauber und ordentlich, was bedeutete, dass es noch keine Zombieübernahme gegeben haben konnte.
Das wiederum hieß, dass unser Dämon nicht einfach aufgestanden und davongegangen sein konnte. Jemand hatte die Leiche tatsächlich weggeschafft.
Meine vierzehnjährige Tochter mochte vielleicht inzwischen wissen, dass das Leben eines Jägers verdammt gefährlich war. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass ich ihr in allen Einzelheiten erzählen wollte, wie gefährlich es tatsächlich war.
»Es gibt noch mehr, was ich Allie nicht gesagt habe«, gab ich zu.
»Was denn?«
»Ich habe auch noch die Sache mit der Rache, der Vergeltung und dem Gladius Caeli weggelassen«, zählte ich auf.
»Na, helf Gott.«
»Weißt du eigentlich, dass man das ursprünglich gesagt hat, um einen Dämon davon abzuhalten, einem in die Nase zu fahren?«
Sie zog misstrauisch eine Augenbraue hoch.
»Ehrlich. Früher meinten die Menschen, dass Niesen einem Dämon die Möglichkeit gibt, die Nase hochzuschießen.«
»Und deshalb haben sie ›Helf Gott‹ gesagt, um den Dämon davon abzuhalten?«
»Genau so ist es.«
Sie dachte kurz nach. »Sind denn Dämonen wirklich in der Lage, durch die Nase zu fahren, um Besitz von einem zu ergreifen?«
»Ich persönlich habe das weder erlebt noch davon gehört«, entgegnete ich. Doch dann hielt ich inne und überlegte. »Aber ich habe von einem Exorzisten während der Eroberung Judäas durch die Römer gelesen. Angeblich soll der vor den Augen des römischen Kaisers einem Mann einen Dämon durch die Nasenlöcher herausgezogen haben.«
»Das ist nicht nur recht ekelig«, meinte Laura, »sondern auch ziemlich beeindruckend. Vor allem finde ich es erstaunlich, dass du dich noch daran erinnern kannst. Ich dachte immer, du hättest dich mehr für das Kämpfen als für das Lesen interessiert.«
»Das habe ich auch«, gab ich zu. »Aber das bedeutet nicht, dass ich nicht in die Schule musste. Und was Geschichten über Dämonen betrifft, so gehörte diese zu den besonders Eindrücklichen. So etwas merkt man sich.«
Sie schnitt eine Grimasse und rieb sich dann die Nase. Ich musste lachen, da ich im Begriff war, genau dasselbe zu tun.
»Okay. Aber jetzt haben wir fast den Faden verloren. Was ist dieses Gladius…?«
»Caeli. Das Schwert des Himmels, wenn man es wörtlich aus dem Lateinischen übersetzt. Ansonsten habe ich auch nicht viel Ahnung«, gab ich zu. »Aber offensichtlich behagt es den Dämonen nicht, dass ich damit zuschlagen könnte.«
»Ach, eine von denen«, meinte Laura.
»Eine von welchen?«
»Mal wieder eine dieser kryptischen Bemerkungen, auf die sich Dämonen spezialisiert zu haben scheinen.«
Dem vermochte ich nicht zu widersprechen. »Diesmal weiß ich aber noch ein paar Dinge mehr als nur das, was der Dämon gesagt hat«, fügte ich hinzu. Ich erzählte ihr von meinem Telefonat mit Padre Corletti, wobei ich ziemlich weit ausholen musste. Schließlich hätte Laura die Geschichte nicht verstanden, wenn sie nichts von meiner früheren Begegnung mit Abaddon gewusst hätte.
»Höllisch«, meinte sie schließlich.
»Ja, das fasst es ganz gut zusammen«, stimmte ich zu. »Ich hatte nichts dagegen, diesen streunenden Dämon in unserem Garten zu beseitigen. Aber ich habe absolut keine Lust, mich mit einem Dämon herumschlagen zu müssen, der
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