Pretty Daemon
Kampf mit ihm einzulassen, blieb mir nichts anderes übrig, als den Sessel beiseite zu schieben, die Damentoilette zu verlassen und zu sehen, was geschah. Allerdings würde das bedeuten, dass über kurz oder lang jemand hereinkommen, Carmela sehen und begreifen würde, dass es sich bei diesem Wesen um keine normale Frau handelte. Wenn dieser Jemand dann versuchen sollte, das Monster anzugreifen, würde im Emeralds schon bald der reinste Horrorfilm ablaufen.
Zugegebenermaßen würden die meisten Leute nicht sofort darauf kommen, dass es sich bei Carmela um ein Monster handelte. Doch selbst wenn man annahm, dass diese seltsame Kreatur vielleicht krank war, und man versuchte, ihr zu helfen, würde auch das zu einer Katastrophe führen. Zombies verstanden jegliche Handlung als Angriff. Innerhalb weniger Sekunden würde sich Carmela von einer orientierungslosen, verwirrten Kreatur in eine übernatürlich starke Tötungsmaschine verwandeln, der es nur ums Überleben ging. Für einen Actionfilm mochte das ein spannender Ausgangspunkt sein, doch für die Bevölkerung von San Diablo wäre das nicht ganz so prickelnd gewesen.
Außerdem hätte ich dann wirklich mit Schuldgefühlen zu kämpfen gehabt.
All das bedeutete also, dass ich handeln musste. Ich musste den Zombie durch das zerbrochene Fenster nach draußen treiben und dort dann irgendetwas finden, um ihn zu zerhacken. Vielleicht konnte ich dazu das Stilett in meiner Tasche benutzen, das für solche Arbeiten allerdings ziemlich ungeeignet war. Danach musste ich die Leichenteile verstecken und zu meinem Mann zurückkehren, ehe dieser begann, sich ernsthaft Sorgen um mich zu machen.
Alles kein Problem – oder?
Ich ging rasch in Gedanken den Inhalt meiner Tasche durch und verfluchte mich dafür, keine Sense mitgebracht zu haben. Oder zumindest eine scharfe Rasierklinge.
Nun ja, dann musste ich eben mit dem zurechtkommen, was ich hatte. Eine solche Einstellung offenbart den wahren Profi. Finden Sie nicht? Ich hielt also mein Stilett mit der einen Hand fest und nahm meine Hausschlüssel in die andere. Derart bewaffnet, stürzte ich mich auf den Zombie, inbrünstig hoffend, dass alles gutging.
Zumindest traf ich mein Ziel. Das war der Vorteil, wenn sich das Opfer nicht bewegte. Ich rammte dem Monster die Schlüssel in sein rechtes und das Stilett in sein linkes Auge – eine Vorgehensweise, die zu zweierlei Ergebnis führte. Zum einen war mein Gegner jetzt blind. Zum anderen war er verdammt wütend.
Da sich Carmela nicht im Geringsten über die Möglichkeit Gedanken machte, die Aufmerksamkeit anderer auf sich zu ziehen, taumelte sie blindlings durch den Raum, riss Lampen herunter, brachte Stühle zum Umfallen und veranstaltete ganz allgemein ein riesiges Chaos, während sie versuchte, mich in ihre Gewalt zu bringen. Natürlich hatte sie vor, mir den Kopf abzureißen, wenn sie das nur irgendwie schaffte.
Selbstverständlich hoffte ich meinerseits, dass es so weit nicht kommen würde.
Leider musste ich mehr unternehmen, als ihr nur auszuweichen und dabei zuzusehen, wie sie den Aufenthaltsraum zertrümmerte. Ich musste sie zu fassen bekommen, durch das Fenster nach draußen zerren und dort irgendwo einen Ort finden, wo mich niemand sehen konnte, wenn ich ihr die Glieder einzeln abhackte.
Das Auftauchen der Dämonin und des Zombies machte natürlich Stuarts Plan zunichte, einen gemütlichen, romantischen Abend mit mir zu verbringen. Aber was konnte man schon tun, wenn man einen Vierundzwanzig-Stunden-Job hatte wie ich?
»Okay, Carmela«, sagte ich. »Es ist Zeit, dass wir uns einmal näher kennenlernen.«
Als der Zombie meine Stimme hörte, drehte er sich um und griff an. Blindlings raste er auf die Stelle zu, wo ich stand. Ich packte ihn an einem seiner ausgestreckten Arme und dem Hosenbund und schleuderte ihn in Richtung Fenster. Da Zombies leicht sind, flog Carmela mehr oder weniger durch die Luft, ehe sie mit einem lauten Krachen auf dem Fensterrahmen landete. Einige Glasscherben fuhren durch ihr weiches Fleisch und hielten sie so fest, während sie wie wild um sich schlug. Zum Glück können Zombies nicht schreien.
»Und weiter geht es«, sagte ich und eilte zum Fenster, um sie an den Fesseln zu packen. Ich wollte sie umdrehen und damit nach draußen befördern, um ihr dann zu folgen. Was ich in diesem Moment nicht erwartete, war Hilfe. Doch auf einmal fasste jemand nach den Zombiehänden und zerrte daran. Ich stieß einen leisen Schrei aus, ehe mir klarwurde,
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