Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pretty Daemon

Pretty Daemon

Titel: Pretty Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
Vom Netzwerk:
zärtlichen Umarmung zu befreien.
    »Es tut mir leid«, flüsterte ich so leise, dass er mich wahrscheinlich nicht hörte. Ich stand auf und stolperte weiter, ohne darauf zu achten, ob er mir folgte. Auch den Rest des Spaß- und Gruselkabinetts nahm ich nicht mehr wahr. Als ich schließlich am Ende ankam, schob ich den schwarzen Perlenvorhang beiseite und trat nach draußen ins Freie. Dort blinzelte ich verwirrt ins helle Sonnenlicht.
    Dieser verdammte David.
    Doch ich hatte genauso Schuld. Mich quälte erneut mein schlechtes Gewissen, da ich es genoss, zu wissen, was er für mich empfand, und willig gewesen war, mich gemeinsam mit ihm in alten Erinnerungen zu verlieren. Er hatte mich gewarnt. Er hatte mir klar und deutlich gesagt, dass er nicht so stark wie ich sei. Das bin ich nie gewesen.
    Ich hatte diese Warnung auch gehört. Aber ich hatte sie nicht ernst genommen.
    Ich drehte mich um. Offenbar war David noch immer damit beschäftigt, den Ausgang des Spaß- und Gruselkabinetts zu finden, was mir nicht unrecht war. Für den Moment hatte ich genug von ihm. Ich eilte um das Haus und stürzte mich in die Menge, um allein zu sein. Eigentlich hätte ich mich nach meiner Familie umsehen müssen, aber jetzt brauchte ich erst einmal ein paar Minuten, um mich zu sammeln. Ich kaufte mir etwas zu trinken und wanderte dann ziellos über den Jahrmarkt, tief versunken in meine Gedanken.
    Nach etwa zwanzig Minuten wurde mir bewusst, dass es allmählich doch an der Zeit war, Laura und Allie zu finden. Ich blickte mich um. Ich stand vor einem Zelt im Nomadenstil, das so aussah, als ob es noch aus der Zeit des Alten Testaments stammen würde. Eine alte barfüßige Frau befand sich vor dem Eingang. Ihr Gesicht war von den Jahren und der Sonne ganz runzelig. Sie trug eine bäuerlich anmutende Bluse, einen bunten fließenden Rock, mindestens fünf Goldketten um ihre Taille und eine große grelle Halskette, an der ein auffallend hässliches rundes Amulett hing. Darauf konnte ich zwei verschlungene Linien erkennen, die durch einen Kreis liefen. Die Frau sah wie eine typische Wahrsagerin aus. Sie sprach mit einem stark europäischen Akzent. Ich sah sie aufmerksam an.
    »Treten Sie ein«, forderte sie mich auf und winkte mich mit ihren roten Fingernägeln heran. »Treten Sie ein, und erfahren Sie, was das Schicksal für Sie bereithält.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wissen möchte.«
    Sie lachte. »Wenigstens einmal eine ehrliche Antwort. Besser als das, was ich sonst so höre.«
    »Und das wäre?«, fragte ich interessiert.
    Sie verzog das Gesicht und sprach mit einer besonders jämmerlichen Stimme. »Keine Zeit. Ich bin in Eile.« Sie sah mich scharf an. »Das stimmt aber nie. Die so etwas behaupten, sind nie in Eile. Im Gegensatz zu Ihnen.«
    Ich schluckte. Mein Mund war auf einmal ganz trocken. »Was wollen Sie damit sagen?«
    Sie zuckte lässig mit den Schultern. »Ach, Sie sind immer in Eile. Das sieht man, wissen Sie?«
    Ich musterte die Frau. Etwas in ihrer Stimme, die so selbstbewusst klang, ließ mich wachsam sein. »Was sieht man genau?«
    »Den Druck, die Notwendigkeit. Sie ziehen aus, um gegen Ungeheuer zu kämpfen. Das stimmt doch, meine Liebe, nicht wahr?«, fragte sie mich mit einer derart süßlichen Stimme, dass ich an die Hexe denken musste, die Hänsel und Gretel in ihr Häuschen gelockt hatte.
    Meine Hand glitt in meine Tasche, wo ich tastend nach meinem Stilett suchte. »Sie scheinen viel über mich zu wissen.«
    Die Augen der Frau wanderten nach unten, und sie warf einen raschen Blick auf meine Tasche. Dann sah sie mir wieder ins Gesicht und musterte mich scharf. Doch schon in der nächsten Sekunde zeigte sie auf ein Schild, das über dem Zelteingang hing. »Ich bin Wahrsagerin«, erklärte sie. »Ich sehe alles. Und Sie kämpfen ganz offensichtlich mit zahlreichen Dämonen.«
    »Wer sind Sie?«
    »Ich? Ich bin niemand. Ich beobachte nur gern. So erfahre ich vieles, und so kann ich auch vieles mitteilen.«
    »Beobachten Sie mich schon länger?« Ich trat einen Schritt näher. Meine ganze Körperhaltung wirkte nun aggressiv, als ich an ihrem Atem schnüffelte und einen Blick in ihr Zelt warf. Es war leer, und ihr Atem roch normal.
    So etwas war natürlich kein hundertprozentiger Test. Aber wenn ich auch noch das kleine Kreuz in Betracht zog, das um ihren Hals hing und unter ihrer Bluse hervorlugte, nahm ich nicht an, dass ich es mit einem Dämon zu tun hatte.
    »Ich beobachte, was sich vor meinen Augen

Weitere Kostenlose Bücher