Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pretty - Erkenne dein Gesicht

Pretty - Erkenne dein Gesicht

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
Vom Netzwerk:
dann nickte er. "Ich erinnere mich an sie."
    "Wirklich?"
    "Es ist ziemlich schwer, sie zu vergessen", sagte Zane. Er unterbrach sich und starrte auf die Lichtung hinaus. Tally wartete gespannt, ob er noch mehr sagen würde.
    Endlich sagte sie: "Sie hat mir ein komisches Angebot gemacht. Sie wollte wissen, ob ich ..."
    "Pssst!", zischte er.
    "Was?", setzte sie an, aber Zane brachte sie mit seiner behandschuhten Hand zum Verstummen. Er drehte sich um und ging im Schlamm in die Hocke, dabei zog er sie mit sich. Durch die Bäume marschierte eine Gruppe von Gestalten auf die Lichtung zu. Sie bewegten sich langsam, vermummt in fast identischer Winterkleidung. Ihre linken Handgelenke waren mit schwarzen Schals umwickelt. Aber Tally erkannte eine von ihnen sofort, die leuchtenden Kupferaugen und eine Tätowierung, die in der Kälte um sich selber wirbelte.
    Es war Shay.

 
Ritual
    Tally zählte zehn Personen, die mit ruhiger Entschlossenheit über den schlammigen Boden stapften. Sie erreichten die Mitte der Lichtung und stellten sich in einem weiten Kreis um einen Slalomwimpel auf. Shay trat in die Mitte, drehte sich langsam im Kreis und starrte dabei unter ihrer Kapuze heraus in die Runde. Die anderen standen etwa eine Armlänge auseinander, sahen Shay an und warteten schweigend.
    Nach einem langen bewegungslosen Moment ließ Shay ihre Winterjacke zu Boden fallen, streifte ihre Handschuhe ab und breitete die Arme aus. Sie trug nur eine Hose, ein ärmelloses weißes Hemd und die nachgeahmte Metallmanschette um das linke Handgelenk. Sie warf den Kopf in den Nacken und ließ den Regen in ihr Gesicht hämmern.
    Tally zitterte und zog ihre eigene Jacke enger um sich zusammen. Wollte Shay sich hier zu Tode frieren?
    Die anderen Gestalten verhielten sich erst einmal ruhig. Dann folgten sie langsam und mit verlegenen Seitenblicken Shays Beispiel und streiften Jacken und Handschuhe und Pullover ab. Als sie die Kapuzen sinken ließen, erkannte Tally noch mehr Krims. Ho war dabei - einer von Shays alten Freunden, der nach Smoke entflohen war, nur um dann ganz allein wieder zurückzukommen. Tally sah auch Tachs, der einige Wochen vor ihr in die Clique aufgenommen worden war.
    Aber die restlichen sieben Pretties gehörten nicht zu den Krims. Sie legten vorsichtig ihre Jacken auf den Boden und schlangen die Arme um den Leib, um sich vor der bitteren Kälte zu schützen. Als Ho und Tachs die Arme ausbreiteten, folgten die anderen zögernd ihrem Beispiel. Regen strömte über ihre Gesichter und ließ die weißen Unterhemden an ihrer Haut kleben.
    "Was machen die da?", flüsterte Zane.
    Tally schüttelte nur den Kopf. Ihr fiel auf, dass Shay eine neue Opi hinter sich hatte, ihre Arme zeigten eine Art tätowiertes Ritzmuster. Die Streifen zogen sich vom Ellbogen zum Handgelenk hin und Ho und Tachs hatten dieses Muster offenbar kopiert.
    Shay fing an zu sprechen, dabei schaute sie auf den Wimpel über ihr, wie eine Verrückte, die mit niemand Besonderem redet. Ihre Stimme war außerhalb der Lichtung nicht zu hören, bis auf ein paar vereinzelte Wörter ab und zu. Tally konnte ihnen keinen Sinn entnehmen - es klang wie eine Art Sprechgesang, ein wenig wie die Gebete, die Rusties und Prä-Rusties vor langer Zeit ihren unsichtbaren Superhelden im Himmel dargebracht hatten.
    Nach einigen Minuten verstummte Shay und wieder stand die Gruppe wortlos da. Alle zitterten in der Kälte, mit Ausnahme der offenbar verrückten Shay. Tally sah, dass die Nicht-Krims allesamt Puls-Tätowierungen im Gesicht hatten, neu aussehende Opis, die im Regen glänzten. Sie nahm an, dass seit dem Stadioneinsturz wirbelnde Tätowierungen der letzte Schrei waren. Aber es war schon ein verdammt großer Zufall, dass alle sieben der unbekannten Pretties eine hatten.
    "Diese Pings von den Möchtegerns", flüsterte sie. "Shay hat neue Leute angeworben."
    "Aber warum?", zischte Zane. "Wir waren doch alle der Meinung, dass Neulinge im Moment das Letzte sind, was wir brauchen."
    "Sie braucht sie vielleicht."
    "Wozu?"
    Ein Zittern durchfuhr Tally. "Dafür."
    Zane fluchte. "Wir werden unser Veto einlegen."
    Tally schüttelte den Kopf. "Ich glaube nicht, dass Vetos für sie eine Rolle spielen. Ich bin nicht sicher, ob sie noch immer eine ..."
    Wieder wurde Shays Stimme durch den Regen getragen. Sie griff nach hinten in ihre Tasche und zog einen Gegenstand heraus, der im grauen Licht kalt glänzte. Dann klappte sie diesen Gegenstand zu einem langen Messer auseinander.
    Tallys Augen

Weitere Kostenlose Bücher