Pretty - Erkenne dein Gesicht
passiert?", fragte einer der Pretties und die Betonung bezog sich auf Tallys triefnasse und verdreckte Kleidung, ihr erschöpftes Aussehen und ihre ganz allgemein unmögliche Erscheinung.
Tally steckte sich ein Schokoplätzchen in den Mund und zuckte mit den Schultern. "Hubbrettunfall."
Die zweite Pretty versetzte ihrem Freund einen Rippenstoß, riss die Augen auf und zeigte mit nervösem Daumen auf Tally.
"Was?", fragte er.
"Pst!"
"Was?"
Die zweite Pretty seufzte. "Tut mir leid", sagte sie zu Tally."Mein Freund ist nagelneu. Und total gehirnfern." Sie erklärte ihm flüsternd: "Das ist Tally Youngblood."
Der Junge riss den Mund auf und klappte ihn dann wieder zu.
Tally lächelte nur und stopfte sich noch ein Plätzchen in den Mund. Natürlich stieß man in der Notaufnahme auf Tally Youngblood, das dachten die zwei wohl. Wo denn sonst? Sie fragten sich bestimmt, welches architektonische Meisterwerk diesmal unter ihr zusammengebrochen war.
Obwohl ihr Ruhm die beiden also glücklicherweise zum Schweigen brachte, fand Tally ihre verstohlenen Blicke beunruhigend. Diese Pretties waren nicht die Sorte, die Schlitzer wird, da war Tally sich ziemlich sicher. Aber sie konnte die Erkenntnis nicht verdrängen, dass ihre kriminelle Berühmtheit Shays kleines Projekt förderte, dass es dafür sorgte, dass Pretties sich danach sehnten, eine besondere Art von Prickel-Faktor auszuprobieren. Obwohl er mit Kaffee, Milch und Plätzchen gefüllt war, reagierte Tallys Magen sauer, als sie sich fragte, ob Ausflüge zur Notaufnahme in diesem Winter in Mode kommen würden.
"Tally." Ein Krankenpfleger stand in der Tür des Wartezimmers und winkte ihr. Endlich konnte Tally diesen Ort verlassen.
"Passt auf euch auf, Leute", sagte sie zu den Pretties und folgte dem Pfleger hinaus auf den Gang.
Als sich die Tür hinter ihr schloss, sah Tally, dass sie nicht zur Ambulanz geführt worden war. Der Mann hatte sie in ein kleines Zimmer gebracht, das von einem riesigen überladenen Schreibtisch beherrscht wurde. Ein Wandbildschirm zeigte eine Wiese an einem sonnigen Tag - die Art von Bild, wie sie in Winzlingschulen unmittelbar vor dem Mittagsschlaf gezeigt wurde.
"Vom Regen erwischt worden?", fragte der Mann fröhlich und streifte seinen schießpulverblauen Papierkittel ab. Darunter trug er einen Anzug - semiformell, wie ihr Gehirn ihr mitteilte - und Tally ging auf, dass er überhaupt kein Krankenpfleger war. Er zeigte das strahlende Lächeln, das typisch ist für Politiker, Kindergartenpersonal und Gehirnklempner,
Sie setzte sich ihm gegenüber in einen Sessel und ihre nasse Kleidung ließ ein schmatzendes Geräusch hören. "Sie haben es total erfasst."
Er lächelte. "Na, so was kann passieren. Es war gescheit von dir, deinen Freund herzubringen. Und ich hatte auch Glück, wo ich doch gerade hier war. Es ist nämlich so, dass ich versucht habe dich zu erreichen, Tally."
"Mich zu erreichen?"
"Ja, wirklich." Wieder lächelte er. Es gab eine Art von mittlerem Pretty, die zu jeder Gelegenheit lächelte: glückliches Lächeln, enttäuschtes Lächeln, Jetzt-hast-du-ein-Problem-Lächeln. Dieses hier war entgegenkommend und begeistert, vertrauenerweckend und gelassen, und es brachte Tally zur Weißglut. Er war die Art von Mittel-Pretty, zu der laut Dr. Cable auch Tally werden würde: selbstzufrieden und selbstsicher, das gut aussehende Gesicht mit genau den passenden Falten von Lachen, Alter und Weisheit versehen.
" Du hast in den letzten Tagen deine Post nicht aufgemacht, oder?". fragte er.
Sie schüttelte den Kopf. "Zu viele Pfusch-Pings. Weil ich doch in den Nachrichten war, wissen Sie? Totaler Promi-Faktor."
Diese Worte brachten Tally ein stolzes Lächeln ein. "Das war sicher sehr aufregend für dich und deine Freunde."
Tally zuckte mit den Schultern und entschied sich für falsche Bescheidenheit. "Anfangs war es prickelnd, aber jetzt wird es langsam ziemlich verpfuscht. Aber wer sind Sie denn nun eigentlich?"
"Dr. Remmy Anders. Ich bin hier im Krankenhaus Traumaberater."
"Trauma? Geht es um die Stadionsache? Ich bin nämlich total ..."
"Ich bin sicher, dass bei dir alles in Ordnung ist, Tally. Ich würde aber gern über eine Freundin von dir sprechen. Ehrlich gesagt, wir machen uns ein wenig Sorgen."
"Um wen denn?"
"Shay."
Hinter ihrer Pretty-Miene durchfuhr Tally ein erschrecktes Ping. Sie versuchte ihre Stimme ruhig zu halten. "Wieso Shay?"
Langsam, wie von einer Fernbedienung gesteuert, verzog sich Anders besorgtes
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