Pretty Little Liars - Makellos
Hand auf die Schulter, machte aber Gott sei Dank keine Anstalten, sie zu umarmen. So merkte sie wenigstens nicht, dass Hanna wie Espenlaub zitterte.
»Die Menüs klingen fantastisch«, hauchte Kate und starrte auf ihre Speisekarte.
»Da hast du recht«, pflichtete Mr Marin ihr bei. Er winkte dem Kellner und bestellte eine Flasche Pinot Grigio. Dann sah er Kate, Isabel und Hanna strahlend an. »Ich freue mich so, dass wir alle zusammen hier sind.«
»Es ist wirklich schön, dich wiederzusehen, Hanna«, gurrte Isabel.
»Ja«, wiederholte Kate. »Wie wahr.«
Hanna starrte auf ihr zierliches Besteck. Es war abgefahren, diese beiden Frauen wiederzusehen. Und zwar nicht auf die coole Art, sondern albtraumhaft surreal. Wie in Kafkas Verwandlung .
»Liebling, was nimmst du?«, fragte Isabel und legte ihre Hand auf die von Hannas Vater. Hanna konnte einfach nicht verstehen, warum ihr Dad auf Isabel stand. Sie war so … unattraktiv. Und viel zu braun gebrannt. Das mochte ja bei einem vierzehnjährigen Model niedlich aussehen, aber keinesfalls bei einer Frau mittleren Alters aus Maryland.
»Hmm«, machte Mr Marin. »Was ist Pintade ? Ist das Fisch?«
Hanna blätterte die Speisekarte durch. Sie hatte keine Ahnung, was sie essen sollte. Alles war entweder gebraten oder mit Sahne zubereitet.
»Kate, würdest du übersetzen?« Isabel neigte sich Hanna zu. »Sie spricht fließend Französisch.«
Natürlich , dachte Hanna.
»Wir haben den vergangenen Sommer in Paris verbracht«, erklärte Isabel und sah Hanna an, die sich hinter der Weinkarte versteckte. Sie waren in Paris gewesen? Mit ihrem Dad?
»Hanna, welche Fremdsprachen lernst du?«, fragte Isabel.
»Äh«, sagte Hanna achselzuckend. »Ich hatte ein Jahr Spanischunterricht.«
Isabel schürzte die Lippen. »Und was ist dein Lieblingsfach?«
»Englisch?«
»Meins auch«, rief Kate.
»Kate hat letztes Jahr den wichtigsten Englischpreis ihrer Schule gewonnen«, prahlte Isabel und schenkte ihrer Tochter einen stolzen Blick.
»Mom«, stöhnte Kate. Sie sah Hanna an und sagte lautlos Sorry .
Hanna hatte wieder das Bild vor Augen, wie Kates angekotzter Gesichtsausdruck sich bei ihrem Anblick in Luft aufzulösen begann. Es erinnerte Hanna nur zu sehr an sich selbst. Wie oft hatte sie selbst exakt die gleiche angepisste Miene aufgesetzt, zum Beispiel, als ihr Englischlehrer sie in der Neunten gezwungen hatte, Carlos, den chilenischen Austauschschüler, in der Schule herumzuführen. Hanna war stinkwütend ins Sekretariat gestürmt, um ihn zu begrüßen. Sie war überzeugt davon, dass Carlos ein pubertärer Trottel sein musste, der ihrem Coolness-Quotienten schweren Schaden zufügen würde. Als sie aber im Sekretariat ankam und dort einen großen, grünäugigen Jungen mit welligem Haar und der Statur eines Profi-Volleyballers stehen sah, verflog
das Angepisstsein. Sie richtete sie sich ein bisschen gerader auf und überprüfte unauffällig ihren Atem. Bei Kate war vorhin wohl Ähnliches passiert, und wahrscheinlich dachte das Zuckerpüppchen jetzt, ihre Schönheit würde sie in irgendeiner Weise verschwistern.
»Und was ist mit besonderen Aktivitäten?«, fragte Isabel. »Bist du in einer Sportmannschaft?«
»Nein«, sagte Hanna. Sie hatte vergessen, dass Isabel zu der Sorte Mütter gehörte, die über nichts anderes reden als die Auszeichnungen, Fremdsprachendiplome und Pokale ihrer Kinder. Auch da konnte Hanna leider nicht mit Kate mithalten.
»Sei nicht so bescheiden.« Ihr Vater berührte sie an der Schulter. »Du engagierst dich doch auch außerschulisch?«
Hanna sah ihren Dad verständnislos an. Meinte er etwa das Stehlen?
»Die Klinik?«, half er ihr auf die Sprünge. »Und deine Mom sagte, du bist einem Club beigetreten.«
Hanna starrte ihn fassungslos an. In einem schwachen Augenblick hatte sie ihrer Mom vom Jungfrauen-Club erzählt, als eine Art Beweis dafür, dass sie nicht vollkommen amoralisch war. Aber warum um alles in der Welt hatte ihre Mom das ihrem Dad erzählt? »Ach das«, stotterte sie, »das ist doch nichts.«
»Das ist überhaupt nicht nichts.« Mr Marin deutete mit der Gabel auf sie.
» Dad !«, zischte Hanna verzweifelt.
Die anderen sahen sie erwartungsvoll an. Isabels Glupschaugen waren weit aufgerissen. Auf Kates Gesicht zeigte sich der Hauch eines Grinsens, aber ihre Augen waren voller Mitgefühl.
Hanna starrte den Brotkorb an. Scheiß drauf , dachte sie und stopfte sich ein ganzes Brötchen in den Mund.
»Es ist ein Club für
Weitere Kostenlose Bücher