Pretty Little Liars - Mörderisch: Band 6
Hand vor den Mund und öffnete die Nachricht. Sie fand einen Link zu einer bereits bezahlten Fahrkarte für den Acela-Zug, den Schnellzug nach New York City.
Spencer, ich freue mich sehr, dass du mich kennenlernen willst! , stand in dem Begleitbrief. Kannst du morgen Abend nach New York kommen? Wir haben so viel zu bereden. Liebe Grüße, Olivia.
Sie schaute aus dem Fenster zum Haupthaus hinüber. Die Lichter in der Küche waren noch an, und sie sah ihre Mutter vom Kühlschrank zum Tisch gehen. Sie sagte etwas zu Melissa. Obwohl ihre Mutter gerade noch so wütend gewesen war, lag auf ihrem Gesicht jetzt ein liebevolles, tröstliches Lächeln. Wann hatte sie Spencer eigentlich das letzte Mal so angelächelt?
Tränen stiegen Spencer in die Augen. Sie hatte sich so lange solche Mühe gegeben, ihren Eltern zu entsprechen – und wofür? Sie wendete sich wieder dem Rechner zu. Der Zug ging morgen um vier Uhr nachmittags. Klingt toll , schrieb sie zurück. Bis dann . Sie drückte auf Senden.
Fast augenblicklich hörte sie ein Plopp . Spencer schloss ihren Posteingang und schaute nach der CD, aber die lud immer noch. Dann bemerkte sie, dass das Instant-Messenger-Symbol blinkte. Das Programm musste sich automatisch hochgefahren haben, als Spencer den Rechner angeschaltet hatte. Hey Mel , stand in der Nachricht. Bist du da?
Spencer wollte gerade Sorry, bin nicht Melissa tippen , da kam eine zweite Nachricht. Hier ist Ian.
Ihr Magen hob sich. Na klar. Da hatte jemand einen echt schrägen Sinn für Humor.
Ein weiteres Plopp . Bist du da?
Spencer schaute auf den ihr unbekannten Username. USCMidfielderRoxx . Ian war an der USC gewesen und war Mittelfeldspieler beim Fußball. Aber das musste nichts bedeuten. Richtig?
Es kamen immer mehr Nachrichten. Sorry, dass ich abgehauen
bin, ohne dir etwas zu sagen … aber sie haben mich gehasst. Das weißt du. Sie haben erfahren, dass ich Bescheid weiß. Deshalb musste ich flüchten. Spencers Hände begannen zu zittern. Jemand spielte ihr einen Streich, genau wie Ians Eltern. Ian war nicht geflüchtet. Er war tot. Aber warum war keine Spur seiner Leiche im Wald gefunden worden? Warum hatten die Polizisten überhaupt nichts gefunden?
Beweis mir, dass du es wirklich bist , tippte Spencer. Dass sie nicht Melissa war, verschwieg sie. Sie schloss die Augen und überlegte sich eine persönliche Frage an Ian. Eine, auf die nur Melissa und Spencer die Antwort kannten. Etwas, das nicht in Alis Tagebuch stand. Die Presse hatte alles veröffentlicht, was Ali über Ian geschrieben hatte. Dass sie nach einem Fußballspiel Anfang der siebten Klasse zusammengekommen waren, dass Ian sich mithilfe einer Ritalin-Pille, die ein Freund ihm gegeben hatte, auf die Schuleignungsprüfung vorbereitet hatte und dass er glaubte, er verdiene die Kapitänsbinde der Fußballmannschaft gar nicht, weil Alis Bruder Jason viel mehr Talent habe. Die Person, die sich als Ian ausgab, wusste das sicher alles. Sie brauchte eine wirklich geheime Information.
Dann fiel ihr die perfekte Frage ein. Eine, auf die nicht einmal Ali die Antwort kannte, davon war sie überzeugt. Wie lautet dein zweiter Vorname? , tippte sie.
Es gab eine Pause. Spencer lehnte sich abwartend zurück. Als Melissa in der Zwölften gewesen war, hatte sie sich am ersten Weihnachtsfeiertag mit Eierpunsch besoffen und ihr verraten, dass Ians Eltern sich eigentlich ein Mädchen gewünscht hatten. Als Mrs Thomas dann Ian auf die Welt brachte, hatten sie beschlossen, ihm den Namen der erhofften Tochter als zweiten Vornamen zu geben. Ian benutzte diesen Namen niemals – in
den alten Jahrbüchern, die Spencer in ihrer Zeit als Jahrbuchredakteurin durchforstet hatte, hatte er nicht einmal einen Buchstaben als Zweitname angegeben.
Es gab ein Plopp . Elizabeth , stand in der Nachricht.
Spencer blinzelte. Das war unmöglich.
Das Licht in der Küche des Haupthauses ging aus und der Hintergarten wurde dunkel. Ein Auto glitt die Sackgasse hinab, die Reifen knirschten über den nassen Asphalt. Dann hörte Spencer ein Geräusch. Ein Seufzer. Ein Schnauben. Ein Kichern. Sie sprang auf und drückte die Stirn an das kalte, dicke Fensterglas. Die Veranda war leer. Sie war allein. Weder am Pool, noch am Whirlpool, noch auf der Sonnenterrasse lauerten Schatten. Niemand schlich um die Windmühle herum, obwohl das Wort LÜGNER im Dunkeln zu leuchten schien.
Spencers Sidekick summte. Sie zuckte zusammen, ihr Herz hämmerte. Sie schaute wieder auf den Computer. Ian war
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