Pretty Little Liars - Teuflisch: Band 5
zuzugeben, dass er einfach Angst gehabt hatte.
Die Kellnerin brachte ihre Getränke. Mike und Xavier plauderten darüber, was sie an Island sonst noch so hassten: Die nationale Delikatesse verrotteter Hai. Dass die Isländer daran glaubten, dass in Felsen und Klippen huldufolk – Elfen – lebten. Dass alle merkwürdigerweise nur unter ihrem Vornamen bekannt waren, weil sie alle von denselben drei inzestuösen Wikingerstämmen abstammten.
Hin und wieder schaute Ella zu Aria, wahrscheinlich, weil sie sich darüber wunderte, dass Aria Island gar nicht verteidigte. Aber Aria hatte einfach keine Lust zu reden.
Am Ende des Essens knabberten alle die berühmten hausgebackenen Bio-Haferkekse des Restaurants, als Mikes iPhone klingelte. Er schaute auf das Display und stand auf. »Moment«, murmelte er und verzog sich durch die Eingangstür.
Aria und Ella wechselten einen wissenden Blick. Normalerweise hatte Mike kein Problem damit, direkt am Abendbrottisch zu telefonieren, auch wenn es in dem Gespräch um die Körbchengröße eines bestimmten Mädchens ging. »Wir hegen den Verdacht, dass Mike eine Freundin hat«, flüsterte Ella Xavier laut zu. Dann stand sie auf. »Bin gleich zurück«, verkündete sie und ging in Richtung Toiletten. Aria spielte an der Serviette auf ihrem Schoß herum. Sie wäre ihrer Mutter am liebsten gefolgt, gleichzeitig wollte sie aber auch nicht, dass Xavier merkte, dass sie nicht mit ihm allein sein wollte.
Sie spürte Xaviers Blick. Er nahm einen langen, genüsslichen Schluck von seinem zweiten Glas Wein. »Du warst sehr still heute Abend«, sagte er.
»Vielleicht bin ich ja immer sehr still«, sagte Aria achselzuckend.
»Das bezweifle ich.«
Aria schaute auf. Xavier lächelte, aber seine Miene war undurchdringlich. Er nahm einen dunkelgrünen Buntstift aus dem Becher und begann, sein Platzdeckchen zu bemalen.
»Ist das okay für dich?«, fragte er. »Ich und deine Mom?«
»Äh, ja«, antwortete Aria schnell und rührte ihren Cappuccino um. Fragte er, weil er spürte, dass er ihr gefiel? Oder weil sie Ellas Tochter war und er einfach nur höflich sein wollte?
Xavier steckte den grünen Stift wieder in den Becher und suchte nach einem schwarzen. »Deine Mom sagt, du bist auch Künstlerin.«
»Irgendwie schon«, antwortete Aria kühl.
»Welche Künstler haben dich beeinflusst?«
Aria kaute auf ihrer Lippe herum. Sie fühlte sich auf dem
Prüfstand. »Ich mag die Surrealisten. Klee, Max Ernst, Magritte, M. C. Escher.«
Xavier zog eine Grimasse. »Escher.«
»Was ist denn so schlimm an Escher?«
Er schüttelte den Kopf. »Alle Kids in meiner Schule hatten ein Escher-Poster an der Wand und hielten sich deshalb für unglaublich tiefsinnig. Ooooh , Vögel, die sich in Fische verwandeln. Wow , eine Hand zeichnet die andere. Perspektivwechsel. Abgefahren .«
Aria lehnte sich amüsiert in ihrem Stuhl zurück. »Wie, kanntest du Herrn Escher etwa persönlich? Hat er dich getreten, als du ein kleiner Junge warst? Dir deinen Lolli geklaut?«
»Er starb Anfang der 1970er Jahre«, schnaubte Xavier. »So alt bin ich nun auch wieder nicht.«
»Kaum zu glauben«, sagte Aria frech.
Xavier grinste. »Es ist nur … Escher hat sich verkauft.«
Aria schüttelte den Kopf. »Er war brillant. Und wie kann man sich denn verkaufen, wenn man schon lange tot ist?«
Xavier schaute sie einen Moment lang an und grinste wieder.
»Okay, Miss Escher-Fan. Wie wär’s mit einem Wettkampf ?«
Er drehte den Buntstift in seiner Hand. »Wir beide malen etwas in diesem Zimmer. Wem die bessere Zeichnung gelingt, der hat recht, was Escher betrifft. Und bekommt den letzten Haferkeks.« Er deutete auf den Teller. »Mir ist aufgefallen, wie du ihn anstarrst. Oder hast du ihn bloß deshalb nicht genommen, weil du heimlich Diät machst?«
Aria schnaubte. »Ich habe noch nie eine Diät gemacht.«
»Das sagen sie alle«, sagte Xavier mit glitzernden Augen. »Aber sie lügen.«
»Tu doch nicht so, als wüsstest du irgendwas über Mädchen«, gurrte Aria und kicherte über diesen Schlagabtausch. Sie fühlte sich, als sei sie mitten in ihrem Lieblings-Schwarzweißfilm Die Nacht vor der Hochzeit , in der Katherine Hepburn und Cary Grant sich kabbelten und liebten.
»Ich nehme deine Herausforderung an.« Aria griff nach einem roten Buntstift. Sie konnte nie der Versuchung widerstehen, mit ihren Skizzierkünsten anzugeben. »Aber mit Zeitlimit. Eine Minute.«
»Okay.« Xavier schaute auf die Uhr in Tomatenform, die
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