Pretty Little Liars - Teuflisch: Band 5
vor dem Schwimmtraining auf dem Parkplatz zuwinkten und sie fragten, ob ihre Weihnachtsferien schön gewesen seien. »Gibt es eine lesbische Version vom Nikolaus?«, hatte Mike aufgeregt gebrüllt. »Saßt du auf ihrem Schoß? Gibt es auch lesbische Wichtel?«
Emily war überhaupt nicht beleidigt gewesen, und das machte ihr insgeheim ebenfalls Sorgen. Wenn homophobe Witze ihr nichts mehr ausmachten, hieß das dann, sie war nicht mehr homosexuell? Aber das war doch die beängstigende, umwälzende Wahrheit über sie selbst gewesen, der sie sich in den letzten Monaten stellen musste. Der Grund, wegen dem ihre Eltern sie nach Iowa verbannt hatten. Wenn sie für Isaac dasselbe fühlte wie für Maya und Ali, was war sie denn dann? Hetero? Bi? Durcheinander?
Sie hätte ihrer Familie unglaublich gerne von Isaac erzählt – ironischerweise wäre er für ihre Eltern der ideale Vorzeigefreund gewesen –, aber es war ihr peinlich. Vielleicht glaubten sie ihr nicht. Oder sie lachten. Womöglich wurden sie sogar wütend. Sie hatten wegen Emily im Herbst eine Menge durchgemacht. Und jetzt hatte sie sich einfach so in einen Jungen verknallt? Und A. hatte in ihrer Nachricht durchaus richtig argumentiert. Sie hatte keine Ahnung, wie konservativ Isaac
war oder wie er auf ihre geheime Vergangenheit reagieren würde. Was wäre, wenn es ihm so unangenehm war, dass er nie wieder mit ihr redete?
Emily knallte ihre Schließfachtür zu, drehte das Zahlenschloss und hob ihre Leinentasche auf. »Viel Glück«, trällerte Carolyn fröhlich, als Emily die Umkleidekabine verließ. »Du wirst sie bestimmt umhauen!« Emily verzog das Gesicht, korrigierte sie aber nicht.
Das China Rose lag ein paar Meilen entfernt an der Route 30, ein fröhliches, einzeln stehendes Gebäude neben einer Ruine, die einmal einen Brunnen überdacht hatte. Um dorthin zu gelangen, musste Emily auf einem Parkplatz halten, den sich ein Kopierzentrum, ein Wollegeschäft und der Amisch-Markt teilten, auf dem es selbst gemachte Apfelbutter und Bilder von Nutztieren auf lackierten Holztafeln zu kaufen gab. Als sie aus dem Auto stieg, kam ihr der Parkplatz überaus still vor. Zu still vielleicht? Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Emily hatte Aria gestern Abend nicht mehr zurückgerufen, um über die neue A. zu reden. Ehrlich gesagt, hatte Emily viel zu viel Angst gehabt, um mit irgendjemandem darüber zu reden. Sie hatte beschlossen, die Sache einfach zu ignorieren. Vielleicht würde A. ja wieder verschwinden. Aria hatte ebenfalls nicht mehr zurückgerufen, und Emily fragte sich, ob sie ebenfalls versuchte, das Ganze zu verdrängen.
Auch das ehemalige Bowlingcenter von Rosewood befand sich in diesem Gebäudekomplex, wurde aber gerade zum nächsten Bio-Supermarkt umgebaut.
Emily, Ali und die anderen waren zu Beginn ihrer Freundschaft in der sechsten Klasse in genau diesem Center jeden Freitagabend
zum Bowling gegangen. Zuerst war das Emily komisch vorgekommen. Sie hatte angenommen, sie würden jedes Wochenende in die King James Mall gehen, wie es Alis alte Clique immer getan hatte. Aber Ali sagte, sie habe die Nase voll von der King James – und von allen anderen Schülern der Rosewood Day. »Neue Freunde brauchen Zeit, um sich richtig kennenzulernen, findet ihr nicht auch?«, hatte Ali zu ihnen gesagt. »Und hier wird uns niemand aus der Schule finden.«
In diesem Bowlingcenter hatte Emily Ali auch zum ersten und einzigen Mal eine Frage zum Zeitkapsel-Spiel gestellt – und zu der gruseligen Bemerkung, die Ian an jenem Tag gemacht hatte. Sie hatten auf einer Bahn rumgeblödelt, sich mit Limonade von der Bar abgefüllt und ausprobiert, ob sie mehr Pins trafen, wenn sie die Kugel zwischen ihren Beinen durchrollten. Emily fühlte sich an jenem Abend besonders mutig und war sogar bereit, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, die sie alle so gern hinter sich lassen wollten. Als Spencer aufstand, um zu bowlen und Hanna und Aria zu den Snack-Automaten rannten, wendete sich Emily Ali zu, die den Zettel mit den Wertungen mit Smileys verzierte.
»Erinnerst du dich noch an den Streit zwischen Ian Thomas und deinem Bruder an dem Tag, an dem das Zeitkapsel-Spiel begann?«, fragte Emily beiläufig, als habe sie nicht schon seit Wochen darüber nachgedacht.
Ali legte ihren Stift weg und starrte Emily beinahe eine Minute lang an. Dann beugte sie sich vor und band ihren Schnürsenkel noch fester. »Jason ist ein Freak«, murmelte sie. »Ich habe ihn auf der Heimfahrt
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