Pretty Little Liars - Unvergleichlich
bisschen Grundierung auf die Stiche an ihrem Kinn und jaulte auf. Warum mussten diese Nähte so wehtun? Und warum hatte Dr. Geist ihr Gesicht mit diesem frankensteinmäßigen schwarzen Faden nähen müssen? Hätte er nicht einen dezenten, hautfarbenen Faden verwenden können?
Sie nahm ihren brandneuen BlackBerry in die Hand und überlegte. Das Handy hatte auf der Kücheninsel auf sie gewartet, als ihr Vater sie vor ein paar Stunden vom Krankenhaus heimgebracht hatte. Ein Kärtchen mit den Worten: WILLKOMMEN DAHEIM! IN LIEBE, MOM, hatte auf der Handyverpackung gelegen. Jetzt da Hanna nicht mehr in Lebensgefahr schwebte, arbeitete ihre Mutter wieder wie gewohnt rund um die Uhr.
Hanna seufzte, dann wählte sie die Nummer, die auf der Rückseite ihres Fläschchens mit der Grundierung stand. »Bobbi-Brown-Kosmetik-Hotline!«, meldete sich eine fröh liche Stimme am anderen Ende der Leitung.
»Hier spricht Hanna Marin«, sagte Hanna knapp und kehrte die Anna Wintour in sich heraus. »Kann ich Bobbi für einen Kosmetik-Job buchen?«
Das Hotline-Mädchen zögerte. »Für solche Anfragen müssten Sie sich mit Bobbis Agentin in Verbindung setzen. Doch ich glaube, sie ist wirklich sehr beschäftigt …«
»Geben Sie mir doch einfach die Nummer der Agentin.«
»Ich fürchte, die kann ich nicht herausgeben …«
»Aber natürlich können Sie«, flötete Hanna. »Ich verrate Sie nicht, versprochen.«
Nach ein wenig Sträuben und Gedruckse bekam Hanna schließlich die Nummer. Sie schrieb sie mit Lippenstift auf den Badezimmerspiegel und legte mit gemischten Gefühlen auf. Einerseits war es irre berauschend, dass sie die Leute nach wie vor dazu bringen konnte, exakt nach ihrer Pfeife zu tanzen. Nur wahre Diven beherrschten das. Andererseits: Was, wenn nicht einmal Bobbi höchstpersönlich ihr zerstörtes Gesicht reparieren konnte?
Es klingelte. Hanna tupfte noch ein bisschen Grundierung auf die Nähte und ging zur Tür. Das war wahrscheinlich Mona, die mit ihr die Männermodels für ihre Party begutachten wollte. Sie hatte Hanna gesagt, sie wolle ihr die schärfsten Typen besorgen, die es für Geld gab.
Im Foyer zögerte Hanna kurz neben dem riesigen japanischen Keramiktopf ihrer Mutter. Was hatte Lucas im Krankenhaus damit gemeint, als er ihr sagte, sie solle Mona nicht trauen? Und was hatte dieser Kuss zu bedeuten gehabt? Hanna war dieser Kuss nicht mehr aus dem Sinn gegangen. Heute Morgen hatte sie erwartet, Lucas wie üblich mit Zeitschriften und einem Starbucks-Milchkaffee für sie an ihrem Bett stehen zu sehen. Als er nicht kam, war sie irgendwie … enttäuscht gewesen.
Und nachdem ihr Vater heute Nachmittag gegangen war, war sie volle drei Minuten bei einer TV-Soap mit einer leidenschaftlichen Kussszene hängen geblieben, ohne umzuschalten. Sie hatte das Pärchen mit großen Augen betrachtet, Gänsehaut war ihr über den Rücken gekrochen, und sie konnte auf einmal nachempfinden, wie den beiden zumute war.
Sie war natürlich keineswegs in Lucas verknallt oder so, das war doch Unfug. Er lebte einfach nicht in ihrer Strato sphäre. Um ganz sicherzugehen, hatte sie Mona gestern Abend gefragt, was sie von Lucas hielt. Mona hatte ihr gerade das Outfit vorbeigebracht, in dem sie heute nach Hause gefahren war – Skinny Jeans von Seven, ein gestepptes Moschino-Jäckchen und ein weiches T-Shirt, die sie in Hannas Schrank gefunden hatte. »Lucas Beattie ?«, hatte Mona gefragt. »Ein Totalversager, Han. War er schon immer.«
Das war also geklärt. Kein Lucas Beattie mehr. Hanna würde keinem Menschen je von dem Kuss erzählen.
Hanna erreichte die Eingangstür und bemerkte, wie hell Monas weißblondes Haar durch das Milchglas schimmerte. Sie fiel beinahe hintenüber, als sie die Tür öffnete und Spencer hinter Mona stehen sah. Und Aria und Emily liefen gerade auf ihre Haustür zu. Hanna fragte sich, ob sie ver sehentlich alle vier Mädels gleichzeitig eingeladen hatte.
»Na, das ist ja eine Überraschung«, sagte Hanna nervös. Spencer drängte sich an Mona vorbei und ging ins Haus. »Wir müssen mit dir reden«, sagte sie. Mona, Emily und Aria folgten ihr, und die Mädchen machten es sich in Hannas Wohnzimmer bequem. Sie saßen an den gleichen Plätzen
wie früher, als sie noch Freundinnen gewesen waren: Spencer in dem großen Ledersessel in der Ecke, Aria und Emily auf der Couch. Mona hatte Alis alten Platz auf der Ruheliege am Fenster eingenommen. Aus dem Augenwinkel hätte Hanna sie für Ali halten können. Hanna
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