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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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Er
stellte Recherchen für die Rolle eines Detectives vom Morddezernat an, die er
in seinem nächsten Film spielen sollte. »Weißt du, was er für einen Wagen fuhr?
Einen Volvo Kombi.«
    »Wow.«
Patty grinste.
    »Nein,
wirklich. Weißt du, man könnte sagen, die Menschen sind nun mal so, aber das
stimmt nicht immer.« Rocco war überrascht, dass er den Schauspieler
verteidigte; tatsächlich war er ihm ein wenig geschwätzig vorgekommen, ein
wenig zu zerbrechlich für seinen Geschmack. Trotzdem hat Rocco ihm aus
Gründen, die er selbst noch nicht ganz begriff, ganz schön Honig um den Bart
geschmiert. Er war beinahe unterwürfig geworden, und als Touhey ohne Dankeschön
verschwunden war, hatte Rocco das persönlich genommen. Was zum Teufel sollte er
machen, rausgehen und selber jemanden umnieten, nur damit der Typ sein
Infotainment kriegte?
    Rocco
starrte für eine Minute auf den Fernseher und wandte sich dann seiner Frau zu.
»Hast du mich reinkommen gehört?«
    »Ja, ich
habe dich gehört.« Patty fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und gähnte.
    »Tja, und
warum hast du nicht hallo gesagt?«
    »Warum ich
nicht hallo gesagt habe?«
    Rocco
bemerkte ihr ungläubiges Lächeln: Für sie war alles so lustig. »Nein, was ich
meine, weißt du, Erin ist wach. Hast du sie nicht gehört?«
    »Nein.«
Patty zuckte mit den Schultern.
    »Aber du
hast doch gesagt, du hättest mich gehört, und ich, ich war bei ihr, also ...
ich verstehe nicht, wie kannst du mich hören und sie nicht?« Rocco bedauerte,
damit angefangen zu haben, aber machte weiter.
    Eine
Sekunde lang sah Patty so verwirrt drein, wie er sich fühlte, und drehte ihm
dann beide Handgelenke zu, damit er ihr Handschellen anlegen konnte. Sie
kämpfte ein Lächeln nieder.
    »Was, hab
ich was Lustiges gesagt?« Er schaffte es nicht, ihr in die Augen zu schauen,
unterdrückte selbst ein Lächeln und spürte einen plötzlichen Anflug von Freude
darüber, zu Hause zu sein. »Das ist nicht lustig«, sagte er und biss die Zähne
zusammen, um nicht zu grinsen.
     
    Rocco und
Patty lagen im Bett, die 36-Kanal-Fernbedienung auf Roccos Bauch, und
schalteten herum, >Mighty Joe Young<, eine taiwanesische
Unterhaltungsshow, >Hair Club of America<. Patty trug nicht die richtigen
Sachen für Sex, keins von diesen Seidendingern, nur ein altes Hemd von Brooks
Brothers, eins von ihrem Vater noch dazu.
    In den
Nächten, in denen sie gleichzeitig zu Bett gingen, lag Rocco da und sah ihr zu,
wie sie an den Schrank ging, sah ihr zu, wie sie zwischen seidenen Slips oder
Männerhemden wählte, als zöge sie von der anderen Seite des Zimmers die
Sexflaggen auf. Wie auch immer das Signal lautete, Rocco akzeptierte es: Bis
sie unter der Bettdecke war, hatte er die Wahl. Er konnte high und hart werden
oder einfach nach der Fernbedienung greifen. Beides war in Ordnung, solange
sie nicht den Eindruck hatte, er sei nicht
interessiert, zu müde oder zu sehr außer Form.
    Rocco ließ
seine Finger über die Tasten gleiten und hielt bei einer astrologischen
Telefonshow. Er dachte wieder über den Schauspieler nach, brütete immer noch
über den Gedanken, wie er sich gefühlt hatte, als der Typ einfach verschwunden
war. Aber was hatte er von ihm erwartet, ein Abschiedsbankett? Ein Trinkgeld?
Touhey war mit einer riesigen, butterweichen Lederschultertasche und einem fünfzehn
Zentimeter dicken, kalbsledergebundenen Tageskalender im Büro der
Mordkommission herumgelaufen - Accessoires von einem anderen Planeten, schön
und lächerlich zugleich.
    Rocco war
selbst schon vom Ruhm eingeholt worden, wenn man ein gutes Dutzend Erwähnungen
im Dempsy Advocate aufgrund verschiedener Festnahmen
wegen Mordverdachts zählen konnte, und einmal, vor drei Jahren, war eine
Lokalreporterin in seine Wohnung gekommen, um ihn für einen Artikel, >Die
Menschenjäger<, zu interviewen. Nach dem zweistündigen Gespräch hatten sie
die Sitzung mit einer schnellen Nummer im Wohnzimmer beendet, aber hinterher
war die Reporterin in Tränen ausgebrochen und hatte gesagt: »Warum tu ich mir
das immer wieder an?«, und er war allein in seiner Unterwäsche auf der Couch
zurückgeblieben und hatte die Wand angestarrt.
    In jenen
Tagen war er auf Mitternachtsschicht gewesen, und er war der Gewohnheit
verfallen, eine Schlafmaske zu tragen. Er konnte tatsächlich nicht ohne sie
einschlafen, doch nachdem die Reporterin gegangen war, hatte er sich ausgemalt,
allein im Schlaf zu sterben, und die örtlichen Polizisten, die er alle

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