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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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Auge eine große Schlange, eine große, sich drehende Kreatur, die den Baum des Lebens selbst umschlang.
    Dabei handelte es sich weder um etwas Böses, noch war es ausschließlich etwas Gutes, sondern - Alles.
    Ich öffnete die Augen und verspürte Panik und den Schauder der Erkenntnis, alles auf einmal.
    Kiya hielt mich an der Hand. Sie erzählte mir, dass alle Vampyre nach etwa einem Jahrhundert in die Auslöschung überwechselten. »Du bist der Maz-Sherah«, flüsterte sie mir ins Ohr. »Ich weiß es. Du könntest nicht den Heiligen Kuss weitergeben, wenn du es nicht wärest. Du bist der Erlöser unseres Stammes. Du musst es einfach sein.«

    Ich hielt ihre Hand und spürte, wie das Fleisch des Vampyrs namens Balaam dahinschwand.
     
    Später kehrten wir zu unseren Ruheplätzen zurück. Ich half ihr dabei, den Turban abzulegen, und ihre dunklen Flechten fielen ihr auf die Schultern. Dann legte ich mich neben sie in die Erde.
    Bevor die Sonne jenseits unserer mit Säulen versehenen Grabstätte aufging, fragte ich sie: »Was ist das für eine Stadt - in meiner Vision?
    »Alkemara ist nur eine Legende«, antwortete sie. »Sie wurde von der Erde verschlungen und von den Göttern jedes Volkes verflucht, da dies der Ort war, an dem der Priester herrschte.«
    »Wer ist der Priester?«
    Ihre Lippen verzogen sich zu einem geheimnisvollen Lächeln. »All dies sind Dinge, die wir nicht begreifen. Die Legenden werden von den alten an die jüngeren Vampyre weitergegeben, bevor die ältesten in die Auslöschung übertreten. Bei dem Priester handelt es sich um eine Art König. Er wird der ›Priester des Blutes‹ genannt. Alkemara war ein Land der wunderschönen Jungfrauen und starken Krieger. Die Alkemarerinnen waren die Töchter dieses Priesters. Die Python war eine der Töchter und eine Priesterin jener Verlorenen Stadt.«
    »Du sagst, ich sei der Eine«, wisperte ich. Ich roch das Kupfer ihres Haares und das duftende Öl auf ihrer Haut.
    »Ja, der Erwählte - der Maz-Sherah, in der Sprache der Kamr. Alles, was wir von diesem Maz-Sherah wissen, ist, dass er als großer Vogel kommen wird, um die Schlange zu verschlingen und unserer Art die Herrschaft zurückzugeben.«
    »Wie?«
    »Das weiß niemand. Viel leicht weiß es die Python, doch sie wird es uns nicht sagen. Sie verfügt über die Macht, ihre Gestalt zu verändern und wie eine Rauchsäule oder ein Drache über den
Nachthimmel zu ziehen. Dies ist eine Macht, die niemand von uns besitzt. Sie hat uns wegen dir verlassen, glaube ich. Als sie spürte, was in dir war. Du bist der große Vogel. Du bist der Falke selbst. Sie muss das in deinem Strom gespürt haben. Wahrscheinlich verspürt sie ein Bedürfnis, dich zu zerstören, gerade jetzt. Du bist in Gefahr, denn deine Anwesenheit bedeutet gewiss das Ende ihres Daseins. Sie ist mehr als tausend Jahre alt. Niemand von uns existiert so lange. Der Älteste wird nicht viel älter als einhundert Jahre, und zu manchen Zeiten jagen uns die Menschen und haben leichtes Spiel mit uns, wenn wir in unseren Gräbern liegen. Und die Auslöschung …«
    »Was ist das?«
    »Eine Reise, die niemand von uns unternehmen will«, antwortete sie mit trauriger Stimme.
    »Aber handelt es sich dabei nicht um den Tod? Und dabei«, sagte ich, »ist es kein Leben.«
    »Die Python lebt ewig. Doch wir wurden durch sie geboren, ohne die Macht der Quelle unseres Stammes zu besitzen. Wir leben eine Weile jung und kräftig. Aber stets folgt irgendwann die Auslöschung. Wir werden unbedeutend, denn unsere Leiber verrotten, und dennoch können wir unser Leben nicht verlieren. Selbst wenn unsere Haut zerfällt und unsere Knochen brechen und zerbersten, existieren wir noch immer. Wir … werden ausgelöscht … aber ohne Gedanken oder Kontrolle oder Geist. Und dennoch dauert unser Leben - im Staub - noch immer an, als lebender Tod, aus dem man nicht aufzuerstehen vermag.«
    »Die Quelle ist dieser Priester«, sagte ich. »Mir wurde erzählt, ich stamme von einer Reihe von Priestern ab.«
    »Wir vergehen, wir alle. Die Menschen werden stärker. Ich werde schwach. Es gibt einige Pferde, denen selbst ich nicht davonlaufen kann, und wenn die Morgendämmerung naht, sind wir am schwächsten. Sie jagen uns, so wie wir sie jagen. Also fürchten
wir die Geräusche der Menschen und das Getöse der Schlachten, die sich unserer Heimat nähern. Wenn du der Eine bist, so kannst du uns die Macht und das Wissen bringen, die verloren gingen. Das ist die Bedeutung des Traumes.

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