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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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weiten Weg bis hierher zurückgelegt. Aber … Wasser.«
    »Wir können zu rück kehren«, sagte Vali, der sich an der Kante hinhockte und in den riesigen Abgrund spähte, der unter uns lag.
    »Ich gehe weiter«, kündigte ich an.
    »Wasser«, sagte sie.
    Ich zog meine Augenbrauen in die Höhe. »Vielleicht.«
    Kiya schwieg, doch Vali rief: »Wir werden im Wasser geschwächt.«
    Ich lachte fast. »Silber. Wasser. Was für einen Wert haben wir? Gibt es in uns keine Stärke?«
    Kiya, durch meinen Ausbruch verärgert, fauchte: »Lach nicht über das, was du nicht verstehst, Falkner. Wasser schadet uns. In ihm verlieren wir einfach den Strom. Es nimmt uns vieles.«
    Ich holte Luft und schloss die Augen. Ein Teil von mir wünschte sich, Ewen einfach zu nehmen und dieser Welt zu entfliehen, so wie ich mir gewünscht hatte, der Welt der Sterblichen durch den Tod zu entfliehen. Stattdessen öffnete ich meine Augen, blickte Kiya an und sagte: »Dann solltest du das Wasser nicht fürchten. Ich werde deine Stärke sein.« Den anderen rief ich zu: »Ich werde
die Stärke von euch allen sein, und wenn ich jeden und jede von euch auf meinem Rücken durch einen tosenden Fluss tragen muss.«
    Yarilo brach in ein brüllendes Gelächter aus, doch Kiya schien noch immer zornig. Ich versuchte, ihr Handgelenk in meine Hand zu nehmen, um ihr durch den Strom meinen Respekt zu vermitteln, sie aber zog ihre Hand zurück.
    Ich beugte mich über den Rand und prüfte mit der Hand die Wölbungen des Brunnens. »Da gibt es genügend Stellen zum Festhalten. Wir können hinabklettern. Seht.« Ich deutete an der kreisrunden Mauer hinunter. Dort war eine Reihe steiler Stufen in den Rand gemeißelt, kaum mehr als eine leicht er höhte Felsplatte. Ich hatte den Eindruck, ein Erbauer müsse diesen Eingang geplant haben - dass er nicht willkürlich errichtet worden war, nicht in einer erdgeschichtlichen Katastrophe von der Erde verschlungen worden, sondern Bestandteil eines genauen Planes war. Als hätte irgendeine bedeutende Zivilisation diesen Berg ausgehöhlt und wäre dann lebendig unter ihm begraben worden.
     
    Unser Anblick war vermutlich außergewöhnlich: Sechs Vampyre, die Köpfe auf den Boden gerichtet, Arme und Beine ausgestreckt, aber gebeugt, kletterten den Brunnen hinab, indem sie sich an Vorsprüngen und Löchern in der Konstruktion fest hielten und dem Pfad aus Einbuchtungen und schmalen Felsplatten folgten, die die Stufen in die Tiefe bildeten.
    Nahe dem Boden befand sich der Rand einer Höhle und ein Gefälle von etwa drei Klaftern bis zum Boden. Ich landete wie eine Katze und blieb zusammengekauert auf dem Boden hocken, wo ich mir das Wunder ansah, das sich vor mir befand. Über mir lag die Höhle aus vielfarbigem Stein, die von leuchtend blauem Erz erhellt wurde.
    Gleich vor mir lag das Ufer eines Sees. Strandkies und Muschelschalen
waren unter meinen Händen und Füßen zu spüren. Andere, massivere Formen, die aus irgendeiner Art von Gips bestanden, waren ebenfalls auf dem Boden zu erkennen. Ich hob eine flache Scheibe auf und drehte sie um. Da er kannte ich, dass es sich um das Bruchstück Einer weißen Maske handelte. Ihre Augen und Lippen waren aus Muschelschalen gefertigt. Als ich einen Blick auf die Stelle warf, an der das Wasser auf das Land traf, sah ich noch andere zerbrochene Masken und fuhr fort, mir jede einzelne von ihnen anzusehen. Hatten sie einst Skulpturen geschmückt? Waren sie getragen worden? Gehörten sie zu irgendeiner heidnischen Religion oder zu einem Theater? Ich wusste es nicht, aber etwas an ihnen beunruhigte mich, denn sie schienen mir sehr fremdartig und zu nichts Menschlichem gehörig, das ich je gesehen hatte. Doch es handelte sich bei ihnen einfach nur um Masken, von denen die meisten zerbrochen waren und nur noch aus Scherben bestanden.
    In der Ferne waren weitere Höhlen und natürliche Felsbrücken zu sehen, welche so voll kommen gebaut schienen, dass es sich bei ihnen vielleicht einst um die Außenmauern des Reiches gehandelt hatte. Vor mir schlug das Wasser sanft plätschernd an den Strand, doch es war milchweiß und glühte hell durch sehr kleine Lebewesen, als bewegten sich Tausende von winzigen weißen Insekten oder Garnelen in der Flüssigkeit. Als ich meine Hände eintauchte und mit gewölbten Handflächen Wasser schöpfte, wirkte es ebenso klar wie das jedes anderen Sees. Also lag es an diesen winzigen, harmlosen Wesen, dass das Wasser so weiß schien. Als wir alle am Ufer angekommen waren,

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