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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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Schmerzen verspürte, so wusste ich doch, dass das Gift keine Wirkung auf mich haben würde. Daher hielt ich ihn unverwandt fest.
    Als schmölze sie in sich zusammen, verwandelte sich die Kobra zurück in die Hand eines Mannes mit langen, spindeldürren Fingern.
    Er öffnete den Mund und krächzte Worte in einer fremden Sprache. Sein Atem roch wie das Schlimmste, was der Tod zu bieten hatte, und wir alle mussten deshalb husten. Dann milderte sich der Gestank ein wenig - ich dachte, der Grund bestünde darin, dass seine lebenswichtigen Organe wieder zu arbeiten begonnen hatten. Allmählich verstanden wir mehr und mehr von seiner Sprache, und ich hörte, wie er mit lauter Stimme fragte: »Wo ist die Schlangenbrut?«
    Dann wurde mir klar, dass er diese Worte nicht mit dem Mund gesprochen hatte, sondern dass es eine Gedankenübertragung von ihm zu mir gewesen sein musste. Ich warf den an deren einen kurzen Blick zu, um festzustellen, ob sie ihn ebenfalls gehört hatten. Doch Kiyas und Ewens Gesichtsausdrücken nach zu schließen war dies nicht der Fall.
    Ich sprach ihn laut an. »Was ist die Schlangenbrut?«
    »Nahhashim«, wisperte er in meinen Gedanken.
    »Der Stab?«
    Keine Antwort.
    »Ich habe ihn.«
    »Wer bist du?«
    »Ich bin niemand.«
    »Niemand ist hier«, sagte er. »Existierst du nicht?«
    »Ich bin weder lebendig noch tot.«
    »Du bist ein Kind der Medhya. Ein Gefallener der großen Mutter.«

    Ich antwortete nicht.
    »Ich bin Merod Al-Kamr«, offenbarte er.
    »Der Priester des Blutes«, sagte ich.
    »Und du bist mein Vernichter«, antwortete er.
     
    Innerhalb von einer Stunde hatten wir ihn gesäubert, indem wir unsere Kleidungsstücke benutzten, um den Rest seines Leibes zu trocknen, so wie wir es vielleicht bei einem Neugeborenen getan hätten.
    Nackt erhob er sich vor uns und wirkte dabei ganz und gar wie ein Dämon. Er war eine halbe Elle größer als ich, und sein Schädel schien nach hinten ein wenig verlängert zu sein, als befände sich unter der Haut eine Art von Kopfschmuck. Seine Schultern waren zwar schlank, aber dennoch breit.
    Während seine Haut noch wuchs und zu heilte, sahen wir, wie sich unter ihr bereits Muskeln wölbten. Sein Leib, der zuvor dünn gewesen war, wirkte jetzt sehnig und kräftig. seine Schenkel erhielten dicke Muskelpakete, während sich seine Füße leicht ausdehnten und nun an den Zehenspitzen mit Klauen versehen waren. Das Ohr, das ihm abgerissen worden war, wuchs nach, und zusehends sprossen seine rudimentären Flügel an seinem Rücken entlang.
    Die Abbildungen und Tätowierungen auf seinem Körper schienen sich in ständiger Bewegung zu befinden, mir war, als könnte ich bei genauer Beobachtung sehen, wie sich die dargestellten Leute bewegten.
    Das milchige Weiß seiner Augen war unverändert. Als er sich vor uns erhob, rieb er sich abermals die Augen, und trotzdem war er noch immer blind.
    »Gib mir das Fleisch der Medhya«, forderte er mich in Gedanken auf.
    »Ich weiß nichts über dieses Fleisch.«
    »Ich rieche es an dir«, knurrte er. »Gib es mir.«

    »Ich besitze kein Fleisch außer meinem eigenen.«
    Ich glaubte ein krächzendes Lachen von ihm zu hören. Dann sagte er: »Es ist eine Blume. Sie wächst zwischen den Gebeinen derjenigen, die geopfert wurden.«
    Ich erinnerte mich wieder an die Fleisch fressende purpurrote Blüte und erzählte ihm, ich hätte sie gepflückt.
    »Ja«, antwortete er. »Ich muss sie haben.« Er griff nach mir, seine Finger streiften mein Kinn. Ich wühlte in meiner Tasche herum und fand eine der zerdrückten Blumen, an der sich noch ein Stück des Stängels befand. Ohne Zögern gab ich sie ihm.
    Er nahm sie und presste die Blütenblätter gegen seine Augen, bis ein wenig klarer, flüssiger Blütenstaub heraustropfte. Die Blüte noch immer umklammend, senkte er die Hände.
    Das milchige Weiß seiner Augen wich einer gelben Färbung und wurde dann dunkel. Dennoch war ein blutrotes Pulsieren hinter ihnen zu sehen, das durch die Schwärze hindurchschien.
    Er konnte wieder sehen. Sobald seine Augen in ihrer rotschwarzen Dunkelheit erglänzten, grinste er. Es war ein breites, tückisches Lächeln, bei dem er riesige, scharfe und gebogene Zähne zeigte.
    Er warf jedem von uns einen Blick zu, wie ein Wolf, der Rehe in einem Wald anblickt. Bevor irgendjemand von uns auf seine schnellen Bewegungen reagieren konnte, stürzte er sich auf Kiya, schlug seine zuschnappenden Kiefer in ihre Schulter und riss mit den Zähnen die Haut auf. Sie

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