Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
Vom Netzwerk:
breitete in einer Christuspose die Arme aus, als wollte er etwas in der Luft erspüren. »Er schläft nun. Er hat keine Angst vor euch. Oder vor mir. Viel leicht beobachtet er uns sogar in diesem Augenblick.«
    »Oder er hat diesen Ort verlassen«, erwiderte ich. »Er hat uns gestattet, einzutreten und umherzulaufen, wenngleich er uns während unserer Ruhe am Tage hätte auslöschen können.«
    »Vielleicht bist du dann tatsächlich der Eine. Denn es mag seiner Absicht zuträglich sein, dass du mich findest, dass du für meine Auferstehung sorgst. So kann er uns eines Nachts gleich beide auf einen Schlag vernichten.« Er trat näher an mich heran und hielt die Hände ein Stück in die Höhe, als wärmte er sie an einem Feuer. »Du bist ein wahnsinniger Vampyr. Du weißt nicht, was ich dir antun könnte. Was ich deiner Freundin und deinem Freund antun könnte.«
    Ich hielt den Stab empor. Zwar verstand ich nicht, welche Macht ihm innewohnte, doch der Priester musste es wissen - denn als ich den Stab vor meinem Körper schwenkte, als handelte es sich dabei um einen Zauberstab, trat er einen Schritt zurück.
    »Ich werde ihn töten, und falls es notwendig wird, werde ich dich ebenfalls vernichten«, drohte ich.
    »Das ist unmöglich. Er verfügt über zahlreiche Schutzmöglichkeiten«, entgegnete Merod. Dann warf er einen kurzen Blick nach oben, so als erwartete er, dass der Alchimist erschiene.

    »Für einen Priester bist du ein nicht sehr vertrauenswürdiges Wesen«, meinte ich.
    »Aber ich besitze das, wo nach du trachtest, nicht wahr?«, fragte er, und sein Grinsen kehrte zurück. Plötzlich hüpfte er, beinahe wie ein Frosch, die Wand hinauf, an der die Menschen hingen. Er brach ein Stück von einer Glasröhre ab und trank daraus Blut. Als er seinen Durst gestillt hatte, blickte er wie der nach unten und sprang zu Boden, wo er in Einer hockenden Stellung zwischen uns aufkam.
    Während er aufstand, sagte er: »Mein Bett war der Geniestreich des Alchimisten. Kristall kann uns gefangen halten, denn es heißt, es besitze die Härte von Wasser, welches unsere Kräfte schwächt. Er flutete das Kristallgrab mit dem gekühlten Blut, damit es mich peinigen konnte, während ich darin lag. Ich spürte es auf meiner Haut, und meine Poren versuchten sich zu öffnen, um es zu trinken. Aber natürlich waren sie dazu nicht in der Lage. Das Silber sorgte dafür, dass ich mich in einem Traumzustand befand, so dass ich mir in all diesen Jahren immer all der Dinge bewusst war, die in meinem Königreich vor sich gingen: der Qualen meiner Töchter und ihrer Verwandlung in diese Kreaturen im Wasser, der Erfindungen, die er machte, um den Altar in mein Grab zu verwandeln und den Tempel der großen Lemesharra zu verändern, der Blitze aus sengendem Licht, die die Sterblichen aus meinem Königreich vernichteten. Er ist ein schreckliches Wesen, und er hat Wissen um das, was sich hinter dem Schleier befindet, und auch Wissen von unserem Stamm gestohlen. Medhya liebt ihn für all das, denn ihr Zorn ist endlos. Wir sind die Kinder, die sie zurückgewiesen, und er ist derjenige, zu dem sie Zuneigung entwickelt hat.«
    Er trat wieder an Kiya heran. Dieses Mal waren wir da rauf vorbereitet, und ich schob den Stab zwischen die beiden. Er hielt inne, sagte aber: »Es war meine Absicht, sie vollständig zu heilen.«
    »Traut ihm nicht«, rief Ewen herausfordernd.
    Kiya sah erst mich an und dann den Priester. »Ich habe miterlebt, wie viele von unserem Stamm endeten, Priester«, sagte sie. »Ich bitte dich, meine Wunde zu heilen und uns in dem zu unterweisen, was wir eingebüßt haben.« Sie griff nach meinem Ellbogen, und ich senkte den Stab der Nahhashim, so dass sie sich dem Priester nähern konnte.
    »Als ich von deiner Essenz trank«, bemerkte der Priester, »schmeckte ich das Ende deiner Tage wie den Bodensatz eines Weinkelches. Deine Auslöschung ist nahe.«
    »Mir bleiben nur noch wenige Nächte«, antwortete sie.
    »Wenn er wirklich der Maz-Sherah ist, so stehen dir noch viele bevor, denn viel leicht vermag er es, dem Stamm die Macht der Quelle zu bringen.«
    »Wirst du dies nicht selbst tun, wenn du unser Priester bist?«
    »Meine Zeit ist beinahe abgelaufen, denn ich lebte fünftausend Jahre in diesem Land, und obwohl ich in einem anderen Reich fortbestehen werde, werde ich weder ausgelöscht wer den noch die Schwelle überqueren. Doch mein Dahinschwinden hat bereits begonnen, so wie der letzte Rauch von einem ersterbenden Feuer verweht.

Weitere Kostenlose Bücher