Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
Vom Netzwerk:
allmählich starb, ohne Hilfe, abgesehen von der der Waldfrauen. Hier, in Eurem Heim, ist es im Winter warm. Dort, wo ich lebte, froren wir einfach. Wir schliefen eng aneinandergedrängt und gemeinsam mit Hunden, um uns warm zu halten, auf Stroh, das auf den gefrorenen Boden geworfen wurde. Meine Mutter ist frühzeitig gealtert. Mein Leben erscheint ihr wie das eines Fürsten, und dabei schlafe ich an einem Ort, zu dem sich nicht einmal Eure Hunde vorwagen würden.
    Wäret Ihr dieses Verbrechens der Zauberei angeklagt, so würde Euer Vater der Abtei eine Abgabe zahlen, und bald da rauf würdet Ihr freigelassen werden. Meine Mutter hingegen hat keinen Vater, der sie beschützen könnte. Sie verfügt nicht über mächtige Freunde. Sie besitzt keinerlei Einfluss im Dorf, und sie wurde bei zu vielen Gelegenheiten von der Teilnahme an der Messe abgehalten. Ich fürchte mich, dies zu den Füßen der Heiligen Jungfrau Maria selbst auszusprechen, aber sie ist eine Hure und hat viele Kinder, für die sie sorgen muss. Bei ihr gibt es im Unterschied zu Euch niemanden, der sich für sie ausssprechen oder Bestechungsgeld an den Gefängniswärter zahlen würde. Ich habe Angst, dass sie sterben wird.«
    Alienora beugte sich nach vorne und küsste mich behutsam auf die Wange, genau dorthin, wo eine Träne herabgerollt war. Ihre Lippen mussten diese Träne gekostet haben, denn als sie sich von mir zurückzog, glänzten sie vor Feuchtigkeit, und eine Röte überzog ihre Wangen, die noch einen Augenblick zuvor schneeweiß gewesen waren. »Deine Liebe zu deiner Mutter ist stark«, sagte sie. »Ich werde dir helfen. Ich werde ihr helfen.«
    Sie griff nach ihrem Hals und zog sich eine Hals kette, an der ein
Anhänger hing, über den Kopf. Dann bat sie mich, meine Hände zu öffnen und die Handflächen zu wölben. Ich gehorchte und sie legte die Hals kette hinein. »Sie stammt von dem Mann, den ich heiraten wollte. Er starb in den heiligen Kreuzzügen, doch vor seinem Tod hat er mir dieses Geschenk geschickt. Man nennt es Enkolpion.«
    Ich betrachtete das Bildnis auf dem Medallion. Es zeigte das Gesicht der Jungfrau Maria, der Mutter Gottes. Über ihr, zu ihrer Rechten, war eine kleine weiße Taube abgebildet. Es hatte ein byzantinisches Aussehen, das Metall war mit Golddraht durchwirkt. Auf der anderen Seite war ein Bild Gottes in einem goldenen Strahlenkranz zu sehen, der in seiner linken Hand die Bibel hielt und die rechte Hand erhoben hatte. Darunter waren seltsame Schriftzeichen abgebildet, und Alienora erklärte mir, dass es sich dabei um ein Gebet für Sicherheit und Ruhm handelte.
    »Du musst es für mich tragen«, sagte sie. »Wenn du es trägst, wird die Mutter Gottes mit ihrem Sohn für dich und deine Mutter sprechen, so wie sie auf alle Mütter und ihre Kinder aufpasst.«
    Ich legte mir die Kette um den Hals und ließ den Anhänger unter den Stoff gleiten. Als er meine Brust berührte, spürte ich Alienoras Wärme in seinem Metall. »Alienora«, sagte ich, doch dann zögerte ich, als mir meine Stellung im Leben wieder einfiel. »Meine Herrin.«
    »Ich muss gehen«, sagte sie. »Ich werde dir bei dieser Sache helfen. Deine Mutter braucht dich in diesem Augenblick mehr als ich. Aber nimm heute Nacht etwas mit, das nicht für dich bestimmt ist, sondern für den Menschen, der dich auf diese Welt gebracht hat.« Dann beugte sie sich nach vorn und küsste mich ganz sanft auf die Stirn.
     
    Zuerst ging Alienora zu ihren Schwestern, allesamt von ihnen fromme Jungfrauen, und als sie ihre Unterstützung gewonnen
hatte, begaben sie sich gemeinsam zu ihrer kränklichen Mutter. Danach gingen sie zu ihrem Vater und baten ihn, er sollte Gnade walten lassen und der Mutter des Falkners in dieser schrecklichen Zeit der Prüfung helfen. Großzügig beriet sich der Baron mit meinem Lehrmeister, Kenan Sensterre, zu dem meine Beziehung bestenfalls als kühl zu bezeichnen war. Der Jäger kam noch in derselben Stunde zu mir und sagte barsch: »Du hast deine eigene Art von Zauberei auf den Baron ausgeübt, Falkner. Ich werde dir ein Pferd und einen Beutel voller Münzen geben. Du wirst an diesem Abend zur Abtei reiten und selbst mit dem Abbé sprechen.«
    Mein Herz hob sich bei diesen Worten, und ich spürte, wie in meiner Seele Hoffnung aufstieg. Aber als ich mich er hob, um den kleinen Stoffbeutel voller Münzen anzunehmen, erblickte ich unverhohlene Verachtung im Gesicht meines Herrn. »Herr, wenn ich Euch auf irgendeine Art und Weise gekränkt

Weitere Kostenlose Bücher