Priester des Blutes
und konnten rennen wie die Wölfe. Die Sterbenden wurden dort, wo sie lagen, von ihren Kiefern gepackt, bevor irgendjemand sie retten konnte. Es wurde uns gesagt, wir sollten in der Nähe der Banner und der großen Kreuze der Mönche ebenso wie bei unseren Soldatenkameraden bleiben, wenn die Sonne unterging. »Diese Dämonen sind Gesandte der Ungläubigen«, warnte ein Mönch ein paar von uns, »und wir müssen auf jeden Fall die Kranken hereinholen und die Toten begraben, bevor die Nacht hereinbricht.«
»Suchen sie sich nur die Sterbenden aus?«, fragte ich.
Er sah mich mit Interesse an, als hätte er keine Frage von irgendjemandem erwartet. »Ein starker Jüngling könnte einen von ihnen überwältigen. Sie meiden die Schnellen. Mir wurde erzählt, man könne sie mit Feuer und Axt bändigen. Ich habe gesehen, wie einer von ihnen verbrannte.«
Als er das Verbrennen ansprach, spürte ich einen Stich - und war mir nicht sicher, aus welchem Grunde.
»Ich habe einst einen Dämon gesehen«, teilte ich ihm mit. »In meiner Heimat. Ich war noch ein Knabe, und wir zogen ihn mit mehreren Jägern aus einem tiefen Brunnen. Er besaß Flügel … wie ein Drache.«
Der Mönch lächelte. »Das habe ich niemals gesehen. Diese Dämonen sind schwach, und die Einheimischen nennen sie Ghule. Unsere Gefangenen fürchten den Gedanken, sie könnten in der Nacht kommen. Ich fürchte, in diesem Land gibt es überall Teufel. Wir bringen das Licht Gottes mit, um sie für alle Zeiten in die Schatten zu vertreiben.«
Innerhalb weniger Wochen hatte ich bereits Schlachten und Blutvergießen gesehen. Die Johanniter hatten einen guten Ruf, was die Krankenpflege betraf. Daher war es eine meiner zahlreichen Aufgaben, nach einer Schlacht diejenigen unserer Männer zu finden, die zwar überlebt hatten, aber schwer verwundet waren, und sie zu den Zelten zu bringen, die zum Zwecke der Pflege aufgestellt worden waren. Oftmals stand ich mit einem Lappen dabei, um das Blut von der Brust eines Landsmannes wegzuwischen, dem eine böse Schnittwunde zugefügt worden war, oder um die Öllampe zu halten, so dass einer der bewaffneten Brüder besser sehen konnte, wenn er den Fluss des Lebenssaftes bei einem Soldaten stillte. Trotz meiner Müdigkeit und Erschöpfung empfand ich eine lebendige Erregung, die ich nie zuvor gekannt hatte. Nun war ich schlank und muskulös und seit beinahe neunzehn Jahren auf der Welt. Ich hatte begonnen zu beweisen, dass ich eines höheren Ranges würdig war, und es war mir gelungen, Ewen vor dem Tod durch die Hand der Gottlosen zu bewahren. In einer bestimmten Schlacht hatten wir eine mit einer Mauer umgebene Stadt einen ganzen Tag und eine ganze Nacht lang angegriffen, während die Johanniter und die Deutschordensritter ihre Infanterien gegen eine Festung von Ungläubigen zusammengeführt hatten. Nun blickte ich durch den schrecklichen gelbbraunen, rußigen Rauch hindurch, den Rauch eines Feuers, das wir entzündet hatten, um Ungläubige an ihrer Kultstätte zu verbrennen.
Da erblickte ich ein Gesicht, das beinahe aussah wie mein eigenes. Ich war mir sicher, dass das, was ich sah, kein Mann war, sondern ein Geist.
DER GEIST
Warum ein Geist? Ich habe die tausend Geschichten über die legendären Schrecken noch nicht erwähnt, die in diesem Land des Staubes und der Sonne grassierten. Es war unser Heiliges Land, aber auch der Ort des Teufels, der in den verlassenen Zitadellen der Legende lauerte. Eine davon war die berühmte verdorbene Stadt Hedammu, die auch die »Teufelshörner« genannt wurde und am Meer im Süden lag. Andere Fußsoldaten, die von ihr wussten, nannten sie »Eingang zur Hölle«, da von Dämonen und Schätzen erzählt wurde, die es dort geben sollte. Unsere Befehlshaber sprachen davon, eine Expedition dorthin zu schicken, nur um zu sehen, ob sie ihrem Ruf als Ort des verborgenen Schatzes gerecht wurde.
Einst hatten der Tempelorden und der Deutschritterorden sie erobert, doch nun war sie als unreine Stadt verlassen worden. Man sagte, dass unsere Feinde über Kräfte verfügten, um Geister des Kampfes zu beschwören, und ich war für diesen Aberglauben ebenso empfänglich wie meine Kameraden. Die Geschichten über die Kreaturen, die Ghule genannt wurden, hatten sich unter uns verbreitet, denn einige behaupteten, sie hätten sie kurz vor dem Morgengrauen gesehen, wie sie sich von den Toten oder Kranken nährten.
Daher pochte mein Herz schnell und mit großer Furcht, als ich mir sicher war, dass das, was
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