Priester des Blutes
niedermetzelten, besaß ich plötzlich eine Waffe. Ich nahm das Schwert, das mir geboten wurde, ein zweischneidiges Breitschwert, das einem der kürzlich getöteten Ungläubigen gehört hatte, gegen die wir gekämpft hatten.
Ewen und ich lernten rasch, wie es zu handhaben war, ebenso wie den Morgenstern, eine Waffe der Sarazenen. Die Ritter wie auch die Soldatenbrüder rührten diese Waffe damals allerdings nicht an. Die meisten Angehörigen der Infanterie verfügen über Dolche, ein weiteres Kriegswerkzeug, über das die höherstehenden Ritter nur spotteten. Ritter besaßen die großartigen Schwerter mit den legendären Namen, die von Heiligen und dem Papst in Rom gesegnet und mit magischen christlichen Eigenschaften vom König an den Ritter weitergegeben worden waren. Diejenigen von uns, welche zu Fuß kämpften, besaßen ganz einfache Waffen, und es war eine Ehre für mich, dass mir das Breitschwert übergeben worden war, trotz der Tatsache, dass es zum Durchbohren nicht zu gebrauchen war. Dennoch lernte ich, mit ihm umzugehen, indem ich auf den Feind einhackte und ihm Schnittwunden zufügte. Dabei bauten sich meine Muskeln rasch auf, als hätten sie Jahre darauf gewartet, aus meinen mageren Schultern zu wachsen.
Meine Taille wurde schmaler, meine Brust breiter, und das Laufen und Marschieren, zu dem wir während der Feldzüge und Belagerungen gezwungen waren, steigerte mein Durchhaltevermögen. Während der heißen Tage aß ich nur wenig, fastete und betete auf den Märschen durch die Wüste. Doch wenn wir ein Feindeslager einnahmen oder ein Schloss betraten, in dem sich bereits Johanniter befanden, so gab es für mich besseres Essen, als ich es jemals gehabt hatte. Die Johanniter, unsere Schutzherren, Ritter und Soldatenmönche, die auf jede erdenkliche Weise unsere Herren waren,
versprachen uns, dass jeder von uns, sogar ein Leibeigener, zum Soldatenbruder aufsteigen konnte, wenn wir uns im Kampf bewährten. Und wenn wir auf dieser heiligen Pilgerfahrt sterben würden, so bedeute dies eine sofortige Vergebung der Sünden und einen Aufstieg in den Himmel. Ewen und ich beschlossen beide, dass wir diesen heiligsten aller Kreuzzüge dazu nutzen sollten, unser Glück zu machen und unseren Platz in der Welt zu suchen.
Endlich war ich zu einem Mann geworden und fühlte das Blut des Lebens wie nie zuvor in mir. Die Liebe zu meinen Brüdern - zur Infanterie ebenso wie zu unseren mit Medaillen ausgezeichneten Kommandanten, den Glaubensbrüdern und den Johannitern sowie zu dem Banner meines eigenen Herzogs der Bretagne, der der Krone von Frankreich und Rom seine Dienste für diesen Kreuzzug gegen die Gottlosigkeit in Byzanz und dem Heiligen Land angeboten hatte, all dies brachte mir meine Liebe zur Menschheit zurück. Wir waren eins - eine Streitmacht. Und wir lebten und starben zusammen. Ich vertiefte mich in unsere kurzen Siege und fand die Frauen der fremden Horden so sanft und zart wie die bretonischen Frauen zu Hause, auch wenn mich keine von ihnen meine Geliebte vergessen ließ, den heiligen Liebesschmerz, den ich für Alienora de Withors empfand.
Ewen war nicht so gut im Kampf wie ich, daher sorgte ich stets dafür, dass ich in der Schlacht vor ihm stand. Wenn wir marschierten, ließ ich ihn neben und ein wenig hinter mir gehen, so dass ich ihn beschützen konnte, wenn ein Schlag aus dem Nichts kam, wenn die Pfeile pfeifend in unsere Richtung flogen. Ich konnte flink mit dem Schild umgehen, den ich mir erworben hatte, und sogar noch schneller, wenn es darum ging anzugreifen, mich umzudrehen und ihn im Auge zu behalten, selbst während ich kämpfte. Ein Großteil der Jünglinge war so jung, dass er eigentlich nicht hätte kämpfen sollen, doch die Welt sah nun einmal so aus, wie sie aussah. Daher musste ich zusehen, wie viele von uns
in Christenehre zusammen mit den Ungläubigen starben, die wir niedermetzelten. Man darf mir nicht zu viele Fragen über unsere Feldzüge stellen, denn mein Rang war niedrig, und ich erhielt Befehle, ohne ihre Bedeutung zu kennen. Einer der Mönchsritter sprach zu uns über unsere christliche Nächstenliebe und auch darüber, wie wir ihre Seelen mit der Liebe unseres Erlösers erfüllten, denn indem wir für das Heilige töteten, schufen wir für die Ungläubigen einen Weg in Gottes Arme.
Wir hörten von den Glaubensbrüdern und Johannitern, dass wir uns nachts bei den Feuern aufhalten sollten, denn die Erzählungen über Dämonen grassierten überall. Sie kamen in der Dunkelheit
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