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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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die Papiere auf ihrem Platze zusammen.
    »Father,« begann Flambeau endlich, »meine Pflicht, nicht allein meine Neugier treibt mich, wenn möglich herauszubekommen, wer das Verbrechen begangen hat.«
    »Welches Verbrechen?« fragte dieser.
    »Das, mit dem wir es hier zu tun haben, natürlich,« erwiderte der ungeduldige Freund.
    »Wir haben es mit zwei Verbrechen zu tun,« erklärte Brown, »Verbrechen von sehr verschiedenem Gewichte – und mit sehr verschiedenen Verbrechen.«
    Johanna Stacey machte sich, nachdem sie ihre Papiere beisammen und weggeräumt hatte, daran, den Aktenschrank zu schließen, während Father Brown fortfuhr, sie so wenig zu beachten, wie sie ihn.
    »Die beiden Verbrechen,« fuhr er fort, »richteten sich beide gegen dieselbe Schwäche und gegen dieselbe Person im Kampfe um ihr Geld. Wer das größere Verbrechen beging, fand seinen Plan durch das kleinere Verbrechen durchkreuzt, und der das kleinere Verbrechen beging, bekam das Geld.«
    »O, hören Sie doch einmal auf mit Ihrem Vorleserton,« wehrte Flambeau. »Sagen Sie doch alles mit ein Paar Worten rund heraus!«
    »Es läßt sich in ein einziges Wort fassen,« antwortete sein Freund.
    Johanna Stacey spießte sich ihren schwarzen Geschäftshut mit geschäftlichem Stirnrunzeln vor einem kleinen Spiegel auf den Kopf, nahm, während die Unterhaltung ruhig weiterging, ohne jede Übereilung Schirm und Handtasche und verließ den Raum.
    »Die Wahrheit liegt in einem einzigen Worte und ist sehr kurz,« sagte Father Brown. »Pauline Stacey war blind.«
    »Blind!« schrie Flambeau und erhob sich langsam zu voller Höhe.
    »Es lag in ihrem Blute. Ihre Schwester wollte eine Brille tragen, wenn Pauline es ihr erlaubt hätte, aber sie hatte nun einmal ihre besondere Philosophie oder Liebhaberei, man müsse solche Schwächen nicht ermutigen, indem man ihnen nachgebe. Sie wollte die Wolke nicht zugeben oder versuchte, sie durch ihren Willen zu zerstreuen. Somit wurden ihre Augen schlimmer und schlimmer von der Anstrengung, aber die schlimmste sollte erst kommen. Und sie kam mit diesem kostbaren Propheten oder was er sich nennt, der mit nacktem Auge in die Sonne zu starren lehrt. Das hieß »Apoll empfangen«. O, wären doch diese Neuheiden wenigstens Altheiden, sie wären dann doch ein wenig weiser! Die alten Heiden wußten, daß reine nackte Naturverehrung ihre grausame Seite haben muß. Sie wußten, daß das Auge Apollos versengen und blenden kann!«
    Nach einer kurzen Pause fuhr der Priester in mildem und fast gebrochenem Tone fort. »Ob nun jener Teufel sie vorsätzlich zur Blinden machte oder nicht, daran ist kein Zweifel, daß er sie vorsätzlich durch ihre Blindheit tötete. Die Einfachheit des Verbrechens allein schon ist entsetzlich. Sie wissen, er und sie gingen in diesen selbsttätigen Fahrstühlen auf und nieder; Sie wissen auch, wie sanft und lautlos diese Aufzüge dahingleiten. Kalon brachte den Fahrstuhl bis dorthin, wo sie ausstieg und sah sie durch die offene Türe in ihrer bedächtigen Blindenart das Vermächtnis schreiben, das sie ihm versprochen hatte. Unbefangen rief er ihr zu, er habe den Fahrstuhl für sie bereitgestellt, sie sollte herauskommen, wenn sie fertig wäre. Dann drückte er auf den Knopf und glitt lautlos nach seinem Stockwerke hinauf und betete in Sicherheit vor der belebten Straße, als das arme Ding, nachdem es fertig war, froh hinauseilte, wo der Fahrstuhl und ihr Geliebter sie aufnehmen sollten, und trat –«
    »Genug!« schrie Flambeau.
    »Eine halbe Million sollte es ihm eingebracht haben, auf jenen Knopf zu drücken,« erklärte der kleine Geistliche in jener farblosen Stimme, mit der er von solchen Schrecknissen sprach, »Aber es ging fehl. Es mißlang, weil zufällig eine andere Person da war, welche gleichfalls das Geld für sich haben wollte und gleichfalls das Geheimnis von Paulinens Blindheit kannte. Es ist etwas an jenem Testament, was, glaube ich, niemand beachtet hat. Obschon es unvollendet und ohne Unterschrift war, hatten dennoch die andere Miß Stacey und irgend ein Dienstbote vor ihr als Zeugen unterfertigt. Johanna hatte zuerst unterfertigt und mit typisch weiblichem Sichhinwegsetzen über gesetzliche Formalitäten zu Pauline geäußert, sie könne es ja nachher vollenden. Weshalb wollte Johanna, daß ihre Schwester das Testament ohne wirkliche Zeugen unterschreibe? Ich dachte an die Blindheit und hatte das ganz sichere Gefühl, sie wollte, daß Pauline es in niemands Beisein unterzeichne, denn

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