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PRIM: Netzpiraten (German Edition)

PRIM: Netzpiraten (German Edition)

Titel: PRIM: Netzpiraten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Enss
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keine Unterwäsche tragen . Verlasst euch darauf: Fünfundneunzig Prozent aller Männer sehen es, und sie riechen es.
    Keine von ihnen hatte gewagt, Miss Prozent zu fragen, ob sie das Riechen im übertragenen Sinn meinte. Alice hatte wegen der fünfundneunzig Prozent jedenfalls den sicheren Weg gewählt und Slip und BH für die U-Bahnfahrt, die sie schließlich auch durch Harlems Ostseite führte, erst einmal angezogen. Sie konnte beides bei DATA TODAY im Toilettenraum in der kleinen Rucksacktasche verstauen, in der sich jetzt nur ihr Notebook, ihr Smartphone, ihre Handtasche und eine leichte Wolljacke befanden. Und in der Handtasche ein kleines Handy.
    Sie war gespannt, ob die Methode Radványi schnell zum Erfolg führen würde, und wie weit sie würde gehen müssen, um den Stick in die Hände zu bekommen. Den Plan des NSA-Teams würde sie nur für kurze Zeit, dafür aber unauffällig, aufhalten können. Sie brauchte lediglich vorzugeben, dass Talburn sie nicht zum gemeinsamen Mittagessen einlud. Und dass sie selbst auch keine Gelegenheit fand, ihn aufzufordern.
    Die aktive Annäherung an das Ziel  keine Unterwäsche zu tragen zählte zu den passiven Annäherungen  war aus Sicht der NSA in fast allen Fällen die schlechtere Methode, wie sie bei der Ausbildung gelernt hatte. Vermutlich hatte das Team aus diesem Grund auch nicht vorgeschlagen, dass sie morgens im Central Park joggen und dabei ganz zufällig auf Talburn treffen sollte. Obwohl er auch dort den Stick bei sich haben würde.
    Es herrschte immer noch die New Yorker Steinofenhitze, und entsprechend warm war es im Büro, so dass sie bei kritischen Fragen der Kolleginnen einen guten Grund für ihre leichte Kleidung anführen konnte. Aber niemand schien Anstoß zu nehmen oder auch nur etwas zu bemerken. Auf den ersten Blick wirkte das einfarbig blaue Kleid aus feinem Viskose-Jersey auch durchaus angemessenen für die Arbeit im Büro.
    Talburn kam erst gegen 11 Uhr ins Büro, lässig wie immer und nun auch sommerlich gekleidet, und eilte mit erhobener Hand rechts und links wortlose Begrüßungen austeilend in seinen Glaskasten, wo er sofort das Notebook aus dem Tresor holte, den Stick einsteckte und sich in Arbeit vertiefte. Sie befürchtete bereits, das Manöver am nächsten Tag erneut starten und dabei das gleiche Kleid tragen zu müssen.
    Seinen ersten Blick bemerkte sie, als Ruth Benjamin ihm eine Tasse Kaffee brachte. Neue Blicke kamen jedes Mal, wenn er einen neuen Schluck nahm. Natürlich bemerkte er auch ihre Blicke, und dass sie seine registrierte. Zeit, die Sache zu forcieren, dachte sie, und brachte Bewegung in das Spiel: Sie richtete sich auf, strich sich durch das Haar, schob den Saum des Kleids ein wenig höher, um eine kleine Irritation am Oberschenkel durch Reiben zu beseitigen. Und sie stand in kurzen Abständen auf, lief zu verschiedenen Kollegen und beugte sich unter irgendwelchen Vorwänden über deren Tische.
    Für den entscheidenden Schritt des direkten Kontakts hatte sie ein Problem zur Diskussion ausgesucht, das er nicht in wenigen Minuten abhandeln konnte. Als er begann, sie unentwegt anzusehen, jubelte sie innerlich oh Radványi, fünfundneunzig Prozent , raffte die vorbereiteten Papiere zusammen und ging auf den Glaskasten zu, ohne seinem Blick auszuweichen. Als sie näher kam, schien er zu erschrecken, was sie als gutes Zeichen für ihre Zwecke deutete. Der Schreck war so groß, dass er ihr nicht wie gewöhnlich entgegenkam und die Glastür öffnete.
    Wie einfach plötzlich alles erschien. Er war sichtlich nervös, und sie spürte, dass sie die Herrin der Situation war. Da er ihr keinen Stuhl anbot, wollte sie an seine Seite des Arbeitstisches treten, aber er wehrte sie mit hilflos wirkenden Worten und Gesten ab.
    Sie lächelte erwartungsvoll. Er musste sie zum Mittagessen einladen, das schien sicher zu sein. Dabei würde sie ihn einwickeln. Er sah jetzt bereits verlegen aus und hatte nicht einmal die Kraft aufzustehen. Auch bemühte er sich, nicht das Kleid anzusehen, genauer: nicht das, was darunter zu erkennen war. Sie hätte ihn in seiner Hilflosigkeit umarmen können.
    Es wurde aber nichts mit dem Mittagessen. Denn er lud sie zum Dinner ein! Das war noch besser. Sie schlug vor, nach Büroschluss zu ihrer Tante zu fahren, um sich umzuziehen. Sie wusste intuitiv, dass er das nicht gut finden würde. Und tatsächlich kam prompt sein Einwand, dass das zu umständlich und ohnehin völlig überflüssig wäre, und dass sie doch mit

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