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PRIM: Netzpiraten (German Edition)

PRIM: Netzpiraten (German Edition)

Titel: PRIM: Netzpiraten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Enss
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Fremdenführer, aber Alice ließ seine Einordnung von Schiller als Komponisten nicht gelten: „Das war ein deutscher Schriftsteller und Dichter. ’Drum prüfe wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet!’ “
    „War das Deutsch? Was bedeutet es?“
    „Meine Mutter ist Deutsche. Sie … sie ist vor über fünfzehn Jahren an Krebs gestorben. Aber sie hat deutsch mit mir gesprochen. Ab und zu lese ich deutsche Bücher, um es nicht ganz zu verlernen. Bevor man sich für immer bindet, soll man sicher sein, dass man sich auch liebt.“
    „Wie bitte?“
    „Das Zitat. Es ist von Schiller.“
    Talburn ging nicht weiter darauf ein. Alice ärgerte sich über ihre verräterische Nachlässigkeit und befürchtete, dass er weiter nachfragen könnte. Sie wusste gar nicht, ob Ann-Louises geschiedene Mutter wirklich tot war, hatte sie auch nie kennen gelernt. Und dass sie Deutsche war, wie ihre eigene Mutter, war höchst unwahrscheinlich. Sie fragte sich verwundert, warum er jetzt nicht mehr über ihre Familie oder über das Zitat wissen wollte. Und versuchte sich selbst mit einer Antwort zu beruhigen: Er möchte nichts über Liebe und Bindung sagen, oder er denkt an den Tod seiner Verlobten.
    Talburn machte einen kleinen Abstecher, um Ann-Louise den malerisch auf einer Terrasse am See gelegenen, mit einem großen, kreisrunden Wasserbecken versehenen Bethesda-Brunnen mit dem Engel des Wassers zu zeigen. „Dieser See, der schönste im Park, heißt einfach nur der See . Und der Engel zeigt eine Szene aus der Bibel, aus dem Johannes-Evangelium, in der er den Bethesda-See in Jerusalem heiligt und seinem Wasser heilende Wirkung verleiht. Damit sollte im übertragenen Sinn auf die mitten im 19. Jahrhundert erneuerte Versorgung New Yorks mit frischem, reinem Wasser aus Westchester County über den Croton Aquädukt hingewiesen werden. Du hättest Modell stehen können für den Engel, Ann-Louise.“
    „Danke. Aber ich habe doch keine Flügel“, wandte Alice ein. „Machst du Führungen im Park? Oder hast du das als Schüler oder Student gemacht?“
    „Nein, aber manchmal mache ich eine kleine Pause beim Joggen, und dann lese ich die Hinweistafeln. Und ich kenne New York ganz gut. Ich habe hier studiert. Seitdem kann ich die U-Bahnstationen vom Sheridanplatz bis zur Columbia Universität auswendig aufsagen, vorwärts und rückwärts.“
    „Das ist doch nicht schwer, immer acht Straßen mehr. Und acht weniger auf dem Rückweg.“
    Talburn lachte, legte seinen Arm um ihre Schulter und drückte sie kurz an sich. Alice befreite sich behutsam.
    „Dann hast du im Greenwich Village gewohnt, schöne Wohngegend“, sagte sie, und hätte sich am liebsten in die Zunge gebissen. Er durfte nicht merken, dass sie verdächtig viel über ihn wusste.
    „Du kennst dich ja gut aus für jemanden, der vorher nur mal kurz in New York war. Ja, ich habe im Village gewohnt, und zwar auf dem Campus der New York University. Zur Columbia bin ich gefahren, weil ich zeitweilig auch da studiert habe.“
    Alice war klar, dass sie aufpassen musste. Was würde sie fragen, wenn sie sein Dossier nicht gelesen hätte? Womit er die hohen Gebühren der New York University bezahlt hatte? Erst das Naheliegende.
    „Lass mich raten! Betriebswirtschaft und Informatik.“
    „Nicht ganz. Zuerst wollte ich Bauingenieur werden. Man hatte mir gesagt, dass da beim Studium sehr viel Mathematik benötigt wird, und ich liebe Mathematik. Außerdem war ich, bin ich immer noch, von großartigen Ingenieurbauwerken fasziniert. Hohe Talbrücken, Türme, die in die Wolken reichen, und Tunnelbauten wie unsere neuen Wasserversorgungstunnel. Einer wird gerade tief unter uns gebaut. Er verläuft quer zum Park. Schon im ersten Semester brachen in unserem Fachbereich ständig die Computer zusammen. Ich half dabei, die Programme zu stabilisieren und sie wieder in Gang zu setzen. Das brachte mich auf den Geschmack. Ich wechselte auf Computerwissenschaften und Informatik, hauptsächlich Robotik. Lernen und Teilnahme an der Spitzenforschung liefen dabei parallel. Das war anstrengend, machte aber auch großen Spaß. Und bevor du weiter rätst: Ich hatte ein Stipendium, und ich zahle heute noch einen Kredit ab. Frage bitte nicht, womit ich mir das Stipendium verschafft habe!“
    „Womit hast du dir dein Stipendium verschafft?“
    Beide sahen sich an. Keiner verzog eine Miene. Es knistert gewaltig, dachte Alice.
    „Ich habe es als Preis bei einem landesweiten Schülerwettbewerb

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