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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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weg, im Kinderzimmer, flüsterte und beruhigte.
    Er ging in die Küche, schüttete den Cognac in sich hinein und goss sich noch einen ein.
    »Das ist wirklich erwachsen«, sagte Annika, als sie in die Küche kam und sah, wie er das Glas in einem Zug leerte.
    »Richtig gut. Trink du nur, da wird alles gleich viel besser.«
    Sie nahm sich ein Glas, füllte es mit Wasser aus dem Hahn und setzte sich an den Küchentisch.
    »Weißt du, wie spät es ist?«
    Sie trank, ohne zu antworten.
    »Findest du, dass das die richtige Zeit ist, um nach Hause zu kommen? Ahnst du überhaupt, wie anstrengend es für mich war, mich um alles zu kümmern? Wie kannst du das alles einfach mir überlassen?«
    »Hör auf«, sagte sie mit leerer Stimme.
    »Womit denn?«, fragte er und goss sich mit einem erstickten Lachen den Rest des Cognacs ein. »Womit genau soll ich aufhören? Mich um deine Kinder zu kümmern? Um deine Wohnung? Um deine dreckige Wäsche?«
    Sie knallte ihr Glas hin, so dass Wasser auf den Tisch spritzte.
    »Jetzt komm mal auf den Teppich«, sagte sie und trat ganz nah an ihn heran. »Du hast alles gekriegt und bist nur am Meckern. Wie wäre es, wenn du mal über den Tellerrand deines Selbstmitleids rausschauen würdest?«
    »Was willst du denn?«, fragte er mit viel zu lauter Stimme.
    »Soll ich aufhören zu arbeiten und dich hier in Vollzeit bedienen? Vielleicht kannst du das schon bald haben, schneller als du denkst. Ich bin fertig, in jeder Hinsicht.«
    »Mein Gott, wie kindisch du bist«, sagte sie und sah ihn wild und verächtlich an. »Wir haben zwei Kinder in die Welt gesetzt, und es ist unsere verdammte Schuldigkeit als Eltern, dafür zu sorgen, dass sie aufwachsen und anständige Voraussetzungen haben. Hör endlich mal auf, dir selbst Leid zu tun, weil du nicht mehr in deiner verdammten Backsteinvilla am Wasser wohnst. Jetzt wohnst du hier, und nun mach verdammt noch mal das Beste daraus. Werde endlich erwachsen, zum Teufel!«
    Er wich zurück, hatte die Arbeitsfläche im Rücken.
    »Sag mir nicht, was ich tun soll«, entgegnete er mit unsicherer Stimme.
    Sie folgte ihm, trat zwei Schritte vor.
    »Wer soll es denn sonst machen?«, schrie sie. »Du bist doch zu unreif, um irgendeine Entscheidung zu treffen. Wie solltest du auch als Projektleiter arbeiten? Für dich ist ja alles so furchtbar anstrengend! Du bist bequem, um nicht zu sagen faul.«
    Er stieß sie beiseite und ging aus dem Zimmer.
    »Das höre ich mir nicht länger an«, sagte er.
    »Noch besser!«, rief sie seinem Rücken nach. »Hau nur ab, lauf vor allem weg und suche dir jemanden, der dein verdammtes EGO pflegt!«
    Er stolperte in den Flur hinaus und zog sich mit zitternden Händen Regenmantel und Stiefel an.
    Dann schlug er die Tür mit einem Knall hinter sich zu.

DIENSTAG, 26. JUNI
    Die Redaktion ruhte blau und durchsichtig im Morgenlicht.
    Das Nachtdesk brummte wie ein eigener Organismus, verlassen von allen Lebewesen, aber noch vibrierend von Stühlen, die gerade weggeschoben worden waren, Bildschirmen, die flimmerten, und Stiften, die über Tischkanten rollten und auf den Boden fielen.
    Wahrscheinlich saßen die Ritter der Nacht mit roten Augen und aufgekratzt zwei Etagen tiefer in der Cafeteria der Auslieferung. Dort tranken sie Bier und Tee und drückten das Adrenalin in die dunkelsten Verstecke des Gehirns zurück.
    Die Morgentruppe saß weiter hinten, konzentriert und schweigend, es waren noch fünfundsiebzig Minuten bis zur nächsten Deadline, anderthalb Ewigkeiten, alle Zeit der Welt.
    Anders Schyman betrachtete die Szene, prägte sie sich ein.
    Vielleicht würde er das alles nie wieder sehen.
    Er ging in sein Zimmer, stellte den Kaffeebecher auf den Schreibtisch und warf die erste Auflage des Tages daneben.
    Die Druckerschwärze war noch feucht, erst vor einer halben Stunde war sie aus der Presse gekommen.
    Er war immer so früh hier, denn ansonsten gab es für ihn nur die Alternative, entweder auf der Straße von Nacka in die Stadt im kilometerlangen Stau zu stehen oder den ganzen Weg auf der Busspur zurückzulegen und sich Bußgelder, Verwarnungen oder Führerscheinverlust einzuhandeln.
    An diesem Morgen war er nicht wie sonst deprimiert über den öden Alltag, denn die Luft war elektrisiert, und er wusste auch, warum.
    Es war immer leichter, aufzustehen und in einen Krieg zu ziehen. Der Frieden ist viel banaler.
    Er setzte sich hin, Beine und Rücken locker, schlug die Zeitung auf und las mit wildem Enthusiasmus.
    Die Eins war

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