Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Princess 01 - Widerspenstige Herzen

Princess 01 - Widerspenstige Herzen

Titel: Princess 01 - Widerspenstige Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
verzurrt werden - kein Problem. Das zweite Seil ihres Sitzes musste zwischen ihren Beinen hindurch - ein großes Problem. Evangeline strich zärtlich über die feine Seide. Dann bückte sie sich und riss das Kleid erbarmungslos bis zum Knie entzwei. Sie wiederholte die Prozedur am rückwärtigen Saum und schob dann Kleid und Unterröcke so gut es ging nach oben. Man konnte ihre Schenkel sehen, aber wer sollte sie sehen?
    Sie fand eine Paar Gärtnerhandschuhe und streifte sie über. Sie zog die Seile ihres Sitzes fest und schob das lange Seil durch den eisernen Ring, dann überprüfte sie alle Knoten. Sie hielten. Evangeline konnte den Lauf des Seiles durch den Ring mit der Hand steuern. Es würde funktionieren, es musste einfach funktionieren.
    Sie stieg über den Tisch auf den breiten, steinernen Fenstersims und sank mit grimmigem Gesichtsausdruck, den Rücken zum offenen Fenster, in die Hocke. Sie schob ein Bein nach draußen - ins Leere. Hier oben gab es nichts außer einer leichten, sanften Brise, die nach Freiheit duftete. Evangeline biss die Zähne zusammen. Aus dem Fenster ins Leere zu steigen war das Schwierigste von allem, redete sie sich ein. Und wenn sie fallen sollte, konnte sie ihren
    Sturz mit der Hand bremsen. Alles, was sie brauchte, war ein wenig Mut.
    Wie dumm, dass ausgerechnet der ihr fast ausgegangen war.
    Sie schürfte sich ihr Knie an der rauen Außenmauer auf und lag dann auf dem Bauch und schob ihr anderes Bein hinaus. Langsam rutschte sie weiter nach hinten. Bald würde sie ganz am Seil baumeln, nur von der Kraft ihrer Arme gehalten, die ihr plötzlich sehr dünn erschienen. Sie klammerte sich außen am Fensterrahmen fest, zog ihre Knie zur Brust hoch und stemmte ihre Füße gegen die Außenmauer. Sie würde die Beine durchdrücken, sobald sie mit dem Abstieg begann, wenn sie losgelassen hatte.
    Sie löste langsam ihre linke Hand und ergriff das lange, lose Seil. Sie hing jetzt mit ihrem halben Gewicht im Freien, und der entscheidende Augenblick war da, der Augenblick, in dem sie beweisen musste, dass sie dem Seil, ihren Knoten und dem schweizerischen Senner vertraute. Evangeline sah ihre Hand an. Die Finger umklammerten den Rahmen, auf dem Handrücken zeichneten sich die Sehnen ab. Sie schaute sich ihren Arm an. Die Muskeln pochten vor Anstrengung. Sie hielt die Luft an. Lass einfach los , sagte sie sich. Dir wird nichts passieren.
    Und falls doch, würden jede Menge Klosterschwestern unverzüglich für ihre Seele beten, denn sie hatte vor, den ganzen Weg hinunter gellend zu schreien.
    Bei dieser Vorstellung löste sie ihre rechte Hand.
    Sie stürzte nicht ab und atmete wieder aus.
    Behutsam drückte sie ihre Beine durch, bis ihr Körper gestreckt war, und machte vorsichtig den ersten Schritt nach unten. Das Seil hielt. Noch ein Schritt und noch einer. Der Fels fühlte sich unter ihren Fußsohlen fast weich an. Der Abstand zwischen ihr und dem Fenster wuchs beständig, und sie war nicht so dumm, nach unten zu schauen. Ihre Knie zitterten. Aber das war nichts, verglichen mit ihrer wachsenden Heiterkeit. Es machte ihr Spaß. Ein richtiges Abenteuer. Das war es, wovon sie geträumt hatte.
    Evangeline warf jede Vernunft über Bord, stieß sich mit beiden Beinen gleichzeitig von der Wand ab und rutschte mit Schwung nach unten, so wie der Senner es beschrieben hatte. Sie fühlte sich, als könne sie fliegen und der Schwerkraft trotzen.
    Doch plötzlich rutschten ihre Hände ab. Sie bekam keine Luft mehr. Sie packte, so fest es ging, zu und konnte sich gerade noch abfangen, bevor sie zu schnell wurde. Sie stemmte ihre Füße wieder gegen den Fels und schlitterte weiter, bis sie endlich Halt fand. Zitternd hing sie am Seil und riskierte einen Blick nach unten.
    Die großen Felsbrocken am Fuß des Abhangs waren zu nah, um noch in den Tod stürzen zu können, und zu weit entfernt, um sich bei einem Sturz nicht alle Knochen zu brechen.
    Evangeline schaute nach oben. Sie hatte mehr als die Hälfte hinter sich. Ihre Hände brannten in den Handschuhen wie Feuer, und sie machte keine Sprünge mehr. Sie kletterte ruhig nach unten, und mit jedem Schritt wuchs das Gefühl des Triumphs. Jedesmal, wenn sie hinunterblickte, war sie wieder ein Stück näher an den Felsbrocken. Immer näher.
    Schließlich war sie da. Sie kletterte das letzte Stück die
    Felswand hinunter und landete auf der ebenen Oberfläche eines Felsens. Ihre Knie bebten, auf den Handflächen hatten sich große Blasen gebildet, und irgendwann

Weitere Kostenlose Bücher