Princess Band 47
Freundin.
Die beiden Mädchen waren seit vielen Jahren befreundet und hatten sich bis vor zwei Jahren fast täglich gesehen. Aber dann war Kerrys Vater, Mr. Langham, nach Bornemouth versetzt worden, wo er eine besser bezahlte Stellung bekommen hatte.
Rose war im vergangenen Jahr drei Wochen lang zu Besuch bei Kerry in Bornemouth gewesen, und sie hatten sich prächtig amüsiert.
In diesem Jahr war Kerry mit ihren Eltern in deren Ferienhaus nach Südfrankreich gefahren und hatte Rose ausführlich von dem charmanten jungen Franzosen berichtet, mit dem sie dauernd zusammen war. Ihre Briefe hatten fast nur von ihm gehandelt und klangen so romantisch, daß Rose beinah schon ein bißchen neidisch war.
Doch jetzt drängten sich Rose starke Zweifel auf. Irgend etwas mußte sich ereignet haben, etwas Schlimmes, denn Kerry hatte ganz verzweifelt geklungen. Wahrscheinlich hing das mit ihrem Freund zusammen.
Es hatte Rose einige Mühe gekostet, ihren Eltern klarzumachen, daß sie durchaus fähig war, diese Reise allein zu unternehmen. Schließlich hatten sie jedoch eingesehen, daß Rose kein Kind mehr war, und sie erlaubten ihr, wenn auch schweren Herzens, zu Kerry zu fahren.
Rose war ihren Eltern für ihre Liebe und Fürsorge dankbar. Jetzt schien ihr aber der richtige Zeitpunkt gekommen zu sein, ihnen endlich ihre Unabhängigkeit zu beweisen.
Rose schaute auf die Uhr. Halb fünf. Bis Chandelle waren es mindestens noch anderthalb Stunden.
Sie trat auf das Gaspedal, und der Mini beschleunigte gehorsam das Tempo, obwohl er bisher selten so schnell gefahren worden war. Er hatte Roses Großmutter gehört, die ihn immer sehr geschont hatte. Vor sechs Monaten hatte Rose ihn von ihr mit den Worten geschenkt bekommen:
"Ich brauche den Wagen nicht mehr. Schau dir meine Hände an, wie sehr die Arthritis sie verkrüppelt hat. Aber es gibt Schlimmeres. Ich habe so viel, wofür ich dankbar sein muß. Hier, nimm die Schlüssel."
Wenn sie nur schon in Chandelle wäre! Immer wieder mußte Rose an Kerry denken. Was war nur geschehen, daß sie am Telefon nicht darüber sprechen konnte?
Plötzlich leuchtete ein rotes Warnlicht auf dem Armaturenbrett auf. Automatisch verringerte Rose die Geschwindigkeit. Was hatte dieses Signal zu bedeuten? Es gab kein Anzeichen dafür, daß mit dem Motor etwas nicht in Ordnung war, keinen Leistungsabfall, nichts.
Rose war ratlos. Bis jetzt hatte sie mit ihrem Mini noch nie Ärger gehabt. Rings um sie her nichts als eine weite, ebene Landschaft, kein Haus war zu sehen. Wenn sie hier anhielte, würde ihr niemand helfen können. Es herrschte sehr wenig Verkehr, und Rose hätte nur ungern ein Auto angehalten und einen wildfremden Menschen um Hilfe gebeten.
Ich werde langsam weiterfahren, sagte sie sich, und an der nächsten Werkstatt anhalten, falls der Wagen bis dahin durchhält. Hoffentlich kommt bald ein Dorf. Ängstlich beobachtete sie das rote Warnlicht und hoffte inbrünstig, daß es von selbst wieder ausgehen würde. Doch das tat es nicht. Es starrte sie wie ein feindseliges Auge an, und sie wurde immer unruhiger.
Noch immer war kein Dorf zu sehen. Die Hitze flimmerte über der Straße. Bedrückt fuhr Rose weiter, bis sie endlich zu einer Pappelallee kam, die eine Ortschaft ankündigte. Nach einem weiteren Kilometer tauchte zu ihrer Erleichterung ein Schild auf, das zum Besuch historischer Sehenswürdigkeiten aus dem sechzehnten Jahrhundert aufforderte. Aber alles, was sie im Augenblick interessierte, war eine Werkstatt.
Die Pappelallee ging in eine schmale Dorfstraße über mit vielen kleinen Restaurants und Cafés zu beiden Seiten. Alte, schwarzgekleidete Frauen und weißhaarige Männer mit den traditionellen Baskenmützen standen plaudernd beisammen. Ein Kind, mit einem Bündel knuspriger Baguettes unter dem Arm, rannte über die Straße. Aber Rose konnte sich an der typisch französischen Atmosphäre nicht erfreuen, denn jetzt brannte nicht nur das rote Licht, auch der Motor fing an zu stottern.
Endlich entdeckte sie eine Werkstatt. Rose atmete auf und fuhr über das Kopfsteinpflaster in den Hof. Dort stand ein dunkelblaues Cabriolet vor einer Zapfsäule und wurde gerade aufgetankt. Rose stellte ihren Mini dahinter und stieg aus.
Entsetzt starrte sie auf die Kühlerhaube, aus der jetzt dichte Dampfwolken quollen. Der Tankwart schaute überrascht auf, zwei Mechaniker in ölverschmierten Overalls ließen ihre Arbeit liegen und betrachteten den Mini. "Mon Dieu!" rief der eine und stieß einen
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