Principia
Daniel.
Dappa erklärte: »Er spielt auf eine Art Legende an, die von diskreten, wohlerzogenen Londonern nur im Flüsterton angedeutet, von betrunkenen, fidelen Lords dagegen in aller Offenheit weitererzählt wird, eine Legende, derzufolge die Herzogin einmal eine Odaliske war.«
»Im übertragenen Sinne -?«
»Buchstäblich eine Haremssklavin des Großtürken in Konstantinopel.«
»Was für eine bizarre Vorstellung – Roger, wie konntet Ihr nur?«
Roger, von Dappa leicht gereizt, hob die Augenbrauen und zuckte die Achseln.
Dappa verkündete: »Als eine Nation von Muschelsuchern und Schafscherern muss England für alle Zeiten Nettoimporteur phantastischer Geschichten sein. Seide, Orangen, Parfüm und seltsam gesponnene Garne, das alles muss aus Übersee herangeschafft werden.«
»Wenn Ihr wüsstet«, gab Daniel zurück.
»Ich stimme Mr. Dappa zu!«, sagte Roger mit Nachdruck. »Die Geschichte seines tête-à-tête mit der Herzogin verbreitet sich wie die Cholera in der Grub Street und wird morgen beim ersten Hahnenschrei in den Zeitungen stehen!«
Und damit war er verschwunden, wie durch eine Falltür.
»Seht Ihr? Wenn Ihr diskreter wärt -«
»Wüsste die Grub Street nichts davon. Über mich und die Herzogin würde nichts geschrieben, nichts gedruckt. Niemand würde von uns hören – niemand würde mein nächstes Buch kaufen.«
»Ah.«
»Offenbar dämmert Euch etwas, Doktor.«
»Es handelt sich um eine neue, seltsame Form des Handels, von der ich bis eben nichts gewusst habe.«
»Nur in London«, sagte Dappa liebenswürdig.
»Aber es ist nicht die seltsamste Form von Handel, die in dieser Stadt vor sich geht«, insistierte Daniel.
Dappa setzte sichtlich eine Unschuldsmiene auf. »Habt Ihr irgendein seltsames Garn, das Ihr dem von Lord Ravenscar an die Seite stellen wollt?«
»Ein noch viel seltsameres. Und es handelt sich, wohlgemerkt, um ein einheimisches, kein importiertes Garn. Dappa, entsinnt Ihr Euch noch, wie uns in der Cape Cod Bay die Flottille von Mr. Ed Teach zusetzte und Ihr mir unten in der Bilge eine Arbeit zugewiesen habt?«
»Ihr wart im Laderaum. Wir stecken ältere Doktoren nicht in die Bilge.«
»Schon gut, schon gut.«
»Ich erinnere mich, dass Ihr die Güte hattet, etwas altes Geschirr für uns zu zerschlagen, um Munition für die Donnerbüchsen herzustellen«, sagte Dappa.
»Ja, und ich erinnere mich, dass auf so etwas wie einem neben der Treppe an einem Balken befestigten Anschlagzettel mit bewunderungswürdiger Klarheit dargestellt war, wo sich dieses alte Geschirr befand. Ein Diagramm, das zeigte, wie sich diverse Güter im Laderaum und in der Bilge verteilten.«
»Nun bringt Ihr schon wieder ›Laderaum‹ und ›Bilge‹ durcheinander. Wir bringen in der Bilge keine Güter unter, da sie im Allgemeinen voller Wasser ist, wenn ich es einmal euphemistisch so nennen darf, und Güter sehr rasch in Schlechter verwandelt. Wenn Ihr es bezweifelt, werde ich einen Teil Eurer Maschinerie auf unserer Rückreise im Sommer in der Bilge verstauen, dann werdet Ihr ja sehen, in welchem Zustand er sich bei der Ankunft befindet. Wenn Ihr einen Begriff davon hättet, wie faulig -«
Daniel zeigte Dappa seine Handflächen. »Nicht nötig, mein Bester. Doch Euer Ladediagramm schließt auch die Bilge ein und alles, was in dieser Fauligkeit liegt, nicht wahr?«
»Sprecht Ihr etwa vom Ballast?«
»Vermutlich ja.«
»Der Ballast wird sorgfältig in einem Diagramm erfasst, weil er Gleichgewicht und Trimm des Schiffes beeinflusst«, sagte Dappa. »Ab und zu müssen wir ein paar Tonnen hierhin oder dahin verlagern, um eine ungleichmäßige Ladung auszugleichen, und dann ist es natürlich nützlich, wenn man ein Diagramm von seiner Verteilung hat.«
»Wenn ich dieses Diagramm richtig in Erinnerung habe, so sind die dem Boden nächsten Rumpfplanken des Schiffes mit flachen, rechteckigen Roheisenbarren bedeckt, die wie Bodenfliesen nebeneinander verlegt sind.«
»Ballasteisen nennt man das. Wir haben dort unten außerdem ein paar gesprungene Kanonenrohre und alte, fehlerhafte Kanonenkugeln.«
»Auf diese habt ihr viele Tonnen gerundeter Steine gehäuft.«
»Kiesel von einem Strand in Malabar. Manche verwenden Sand, aber wir verwenden Kiesel, weil sie die Pumpen nicht verstopfen.«
»Und auf den Kieseln stapelt ihr Fässer mit Schrot, Salz, Wasser und anderen schweren Gütern.«
»Wie es auf nicht kenternden Schiffen häufige – ja universelle – Praxis ist.«
»Aber ich entsinne mich,
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