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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Euch ausschließlich ein Akt christlicher Nächstenliebe«, sagte Daniel.
    »Gott segne Euch, Doktor!«, erwiderte Dappa, war aber immer noch auf der Hut.
    »Bis wir zu einer Verständigung darüber gelangen, wie mit dem Gold verfahren wird«, fügte Daniel hinzu.
    »Dieses Wort verfahren hat etwas, was mich misstrauisch macht. Was stellt Ihr Euch denn vor, wie wir damit verfahren werden?«
    »Ihr müsst es loswerden, bevor es der von mir erwähnte Herr findet«, betonte Daniel. »Doch wenn Ihr es zu Münzen schlagt, wäre das genauso, als würdet Ihr die Minerva zur Mittagszeit vor die Kanonen des Towers segeln und diese Goldbleche an den Rahen hochziehen.«
    »Aber was nützt es, wenn es nicht zu Münzen geschlagen wird?«
    »Gold lässt sich auch anders verwenden«, sagte Daniel. »Worüber ich Euch eines Tages mehr erzählen werde. Aber nicht heute. Denn uns nähert sich Peer, und wir müssen die Merkwürdigkeit unserer Unterredung auf einen Wert von eins oder zwei auf der vorhin von mir erwähnten Skala herunterschrauben.«
    »Peer? Wer oder was ist Peer?«
    »Für jemanden, der mich eben noch darüber belehrt hat, wie es in der Grub Street zugeht, seid Ihr kein sehr aufmerksamer Zeitungsleser, nicht wahr?«
    »Ich weiß, dass es sie gibt, wie sie funktioniert und dass sie wichtig ist, aber -«
    »Ich lese die Zeitungen jeden Tag. Nur rasch so viel: Es gibt eine Zeitung mit Namen Ye Lens , die von Whigs gegründet wurde, als ihr Junto an der Macht war; mehrere kluge Männer schreiben für sie; Peer zählt nicht zu ihnen.«
    »Ihr meint, er schreibt nicht für Ye Lens?«
    »Nein, ich meine, er ist nicht sehr klug.«
    »Wie hat er den Posten dann bekommen?«
    »Dadurch, dass er dem House of Lords angehört und stets Partei für die Whigs ergreift.«
    »Aha, also ist er ein Peer!«
    »Ein Peer des Reiches mit schriftstellerischen Ambitionen. Und da er für die Lens, die Linse, schreibt und man durch eine Linse hindurchlinst, was auf Englisch ›peer‹ heißt, hat er sich das Pseudonym Peer gegeben.«
    »Das ist der längste Prolog zu einer Einleitung, den ich je gehört habe«, bemerkte Dappa. »Wann erscheint er denn nun?«
    »Ich glaube, er – oder sie – warten darauf, dass Ihr sie zur Kenntnis nehmt«, sagte Daniel mit einem kurzen Augenrollen in die entsprechende Richtung. »Macht Euch auf etwas gefasst.«
    Dappa kniff die Augen zusammen, blähte die Nüstern und drehte sich dann auf seinem Stuhl, bis er einen Ellbogen auf den Tisch gestützt hatte.
    Ihm gegenüber, etwa zwölf Fuß entfernt, befanden sich der Marquis von Ravenscar, die Füße fest auf die von alkoholischen Getränken glitschigen Bodendielen des Kit-Cat Clubb gestellt, und ein noch besser gekleideter Mensch, der an beiden Armen an einem der niedrigen Deckenbalken hing und dessen makellos beschuhte Füße nur wenige Zoll über dem Boden vor- und zurückschwangen.
    Als dieser Mann sah, dass Dappa in seine Richtung blickte, ließ er los und landete mit einem lauten, kehligen »Hu!« auf dem Boden. Seine Knie beugten sich kräftig, sodass seine Hose im Schritt beunruhigend spannte und seine Fingerknöchel knapp über dem Boden baumelten. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass er Dappas Aufmerksamkeit besaß, bewegte er sich in watschelndem Gang auf den Marquis von Ravenscar zu, der, das Gesicht zu einem säuerlichen Lächeln verkniffen, unbeweglich wie ein Fixstern dastand.
    Nun schürzte Peer die Lippen, schob sie so weit nach vorn, wie es nur ging, und begann unter häufigen Blicken zurück, um sich zu vergewissern, dass er immer noch Dappas Aufmerksamkeit hatte, leise »Hu! Hu!«-Laute von sich zu geben und Roger dabei vorsichtig zu umkreisen. Nachdem er eine vollständige Umlaufbahn um Roger beschrieben hatte, schlurfte er näher an diesen heran, beugte sich vor, sodass er sich beinahe an dessen Schulter schmiegte, und begann, schnüffelnde Geräusche von sich zu geben, während er den Kopf mal hierhin, mal dorthin reckte. Dann bemerkte er etwas, das sich offenbar in den Flechten von Rogers prächtigter Perücke verfangen hatte, hob eine Hand vom Boden, griff in die üppige Lockenmasse, packte mit spitzen Fingern etwas Winziges, zog es heraus, betrachtete es, beschnupperte es ausgiebig, steckte es sich in den Mund und begann übertriebene Kaugeräusche von sich zu geben. Dann, falls Dappa dabei den Blick abgewandt hatte, umschlich er Roger abermals und wiederholte die Darbietung ein halbes Dutzend Mal, bis es sogar Roger sattbekam, der,

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