Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
erst 1876 eintritt.«
    »Wirklich!?«, sagte Daniel fasziniert. »Das ist eine verdammt lange Zeit. Hundertzweiundsechzig Jahre! Vielleicht wird dieses Salomonische Gold überschätzt.«
    »Salomon hat es besessen«, hob Isaac hervor, »und damals ist die Welt auch nicht zu Ende gegangen, nicht wahr? Jesus Christus selbst – das Fleisch gewordene Wort – ist dreiunddreißig Jahre lang auf Erden gewandelt, und noch heute, siebzehn Jahrhunderte später, ist die Welt ein heidnischer, übler Ort. Niemals habe ich angenommen, dass das Salomonische Gold das Allheilmittel der Welt sein würde.«
    »Was ist es dann? Worum geht es denn dann eigentlich?«
    »Wenn schon nichts anderes«, sagte Isaac, »so wird es mir die Mittel an die Hand geben, dem Deutschen einen warmen Empfang zu bereiten, wenn er übers Meer kommt.«
    Und er wandte sich von Daniel ab und ging unter Deck.

Logis des Lieutenant im Tower von London
    NACHMITTAG
    Generalleutnant Ewell Throwley, der Stellvertretende Kommandant des Towers, sagte: »Ich bitte untertänigst um Verzeihung, Mylord, aber ich habe schlicht und einfach nicht verstanden.«
    Sein Gefangener und Gast, Rufus MacIan, Lord Gy, spähte mit seinem einen noch existierenden Auge über den Esszimmertisch in das sich rötende Gesicht seines Kerkermeisters und Gastgebers. Lord Gy war erst dreißig Jahre alt, aber er war groß, backenbärtig, angetrunken und abgezehrt. Sehr klar und deutlich wiederholte er seine letzte Bemerkung: »Der dore Dischk is een bannig goode Styck Arbeet. So’ne Mastixhölzers kraecht een Dischler hütt go naech to fooden, he mutt Lütt in dat Hochland joogen un sick Scheefholz tosoom sögen loden un dat aalns denn ut lütte Bredders tosoombabb’n, de sien Grootvadder in de Kakklovn smeeden hett.«
    Ewell Throwley war gezwungen, abzubrechen und neu anzusetzen. »Mylord, wir sind beide Militärs und haben im letzten Krieg schweren Dienst geleistet. Das gilt trotz des wechselvollen Geschicks, das Euch zu einem verurteilten Gefangenen und mich zu dem für den Freibezirk des Towers verantwortlichen Offizier gemacht hat. Während meines Dienstes, wie Ihr wohl auch während des Euren, habe ich gelernt, dass es eine Zeit gibt, da man die höflichen Umgangsformen beiseite lassen und sich klar und deutlich äußern muss, von einem Gentleman zum anderen. Darf ich jetzt auf diese Weise zu Euch sprechen?«
    Lord Gy zuckte die Achseln. »Joo, lood häern.«
    Gy war der Name eines Flusses bei Arras. Zu der Zeit, als dieser Mann noch schlicht und einfach Rufus MacIan geheißen hatte, war er, einem Impuls folgend, durch den Gy hindurchgeplantscht und hatte mit einem einzigen Hieb eines fünf Fuß langen Claymore einen Franzosen entzweigehauen. Der Franzose war, wie sich herausgestellt hatte, ein Graf und Oberst mit schlechtem Orientierungssinn gewesen. Infolge dieses Claymore-Hiebes hatte sich bei einer Schlacht das Blatt gewendet. MacIan war zu Lord Gy geadelt worden.
    »Ich wusste, dass ich mich auf Euch als einen Waffengefährten verlassen kann«, fuhr Generalleutnant Ewell Throwley fort. »Das ist gut. Denn es gibt da eine Sache, über die, obwohl sie allen bekannt ist, in der feinen Gesellschaft nie gesprochen wird und die, wenn wir sie ignorieren – so tun, als gäbe es sie nicht -, einen eigentlich erfreulichen gesellschaftlichen Anlass in ein unerträgliches Martyrium verwandelt. Wisst – oder, wie Ihr sagen würdet ›weet‹ – Ihr, wovon ich rede, Mylord?«
    »Schiet un Schiet!«, rief Lord Gy aus. »Hebb ick mich all to tossig opfört?« Dann fügte er mit unverkennbarem Sarkasmus hinzu: »Sir, ick könnt straks in det gulv afftauchen.«
    »Ausgezeichnet, das ist ein schlagendes Beispiel«, sagte Throwley. »Es geht um Folgendes, Mylord: Ihr sprecht kein Englisch.«
    Kurze Betretenheit auf der anderen Seite des Tisches. Rufus MacIan holte Atem, um zu antworten, doch Throwley kam ihm zuvor: »Oh, Ihr versteht es durchaus. Aber es ist nicht das, was Ihr sprecht. Der höflichen Euphemismen sind viele. Wir sagen, Lord Gy spricht im Tonfall der Highlands, mit Akzent, einem Einschlag von Dialekt. Doch das übertüncht nur das eigentliche Wesen des Problems, welches darin besteht, dass Ihr schlicht und de facto kein Englisch sprecht. Ihr könntet, wenn Ihr wolltet, aber Ihr tut es nicht. Bitte, Mylord Gy, ich flehe Euch an, sprecht Englisch und fühlt Euch in meinem Hause und an meinem Tisch willkommen.«
    »Ich hab von dem Tisch – dem Dischk – gesprochen, als Ihr mit Eurem

Weitere Kostenlose Bücher