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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Daniel machte sich dies unfairerweise zunutze, um hinzuzufügen: »Vor kurzem wurde ein neues Kriegsschiff, das in Rotherhithe für den Zaren gebaut wird, mithilfe einer Höllenmaschine niedergebrannt, die nachts in den Tiefen des Rumpfes versteckt worden war. Sie bediente sich eines Uhrwerks, um eine Phiole mit weißem Phosphor zu zerschmettern, das sich entzündete, als es mit Luft in Berührung kam. Das war jedenfalls meine Schlussfolgerung, nachdem ich den Rauch gerochen und die Überreste untersucht hatte.«
    Isaac war von der Neuigkeit zu fasziniert, um sich zu fragen, wie Daniel davon erfahren hatte. »Das ist der gleiche Mechanismus, den man verwendet hat, um die Explosion im Crane Court auszulösen!«
    »Du hast die Sache untersucht, wie?«
    »Ich habe die Warnung, die du mir hast zukommen lassen, nicht ignoriert.«
    »Der einarmige Moskowiter ist kein ausländischer Agent«, prognostizierte Daniel, »sondern so etwas wie ein Fanatiker, der sich aus dem gleichen Grund aus Russland abgesetzt hat, aus dem mein Urgroßvater John Waterhouse während der Regentschaft von Bloody Mary nach Genf geflohen ist. In London wusste er nichts mit sich anzufangen und wurde irgendwie Teil von Jacks kriminellem Netzwerk. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht die leiseste Absicht hat, nach Russland zurückzukehren.«
    »Deine Hypothese wird von deinen eigenen Argumenten Lügen gestraft«, sagte Isaac. Er war in den hohen, erhabenen Ton verfallen, in dem er philosophische Auseinandersetzungen führte. »Du hast mich davon überzeugt, dass dieselbe Organisation, welche die Explosion im Crane Court ausgelöst hat, auch das Schiff des Zaren in Rotherhithe niedergebrannt hat. Aber eine bloße Verbrecherbande verfolgt keine Außenpolitik!«
    »Es kann sein, dass die Schweden sie dafür bezahlt haben, dass sie das Schiff auf der Helling zerstören«, sagte Daniel, »denn das ist einfacher, als es zu versenken, nachdem es zu Wasser gelassen und bewaffnet worden ist. Es kann aber auch sein, dass es der Moskowiter, der, wie gesagt, eine Art Fanatiker ist, auf eigene Rechnung getan hat, wie ja auch die Puritaner alle nur möglichen Schläge gegen den König geführt haben.«
    Isaac überlegte einen Moment, dann sagte er: »Gespräche spekulativer Natur über Jacks Organisation und ihre Pläne zu führen ist müßig.«
    »Warum ist das müßig?«
    »Weil er und seine Leute in wenigen Stunden in unserer Gewalt sein werden, und dann können wir sie einfach fragen.«
    »Ah«, sagte Daniel, »mir war nicht ersichtlich, ob wir Jack den Falschmünzer verhaften oder in Frankreich einmarschieren wollten.«
    Isaac gab kurz ein Geräusch von sich, das wie ein Lachen klang. »Wir werden eine Burg belagern.«
    »Das meinst du nicht ernst.«
    »Es handelt sich um eine jakobitische Hochburg«, sagte Isaac. Er spaßte nur ein wenig.
    »In gewissem Sinne werden wir also tatsächlich in Frankreich einmarschieren«, murmelte Daniel.
    »Man könnte es sich als einen Splitter von Frankreich an den Ufern der Themse vorstellen«, sagte Isaac, der damit eine Neigung zur Humorigkeit an den Tag legte, die eher untypisch war. Aber er hatte (wie das Lachen und der Sarkasmus zeigten) während seiner Jahrzehnte in London die eine oder andere Gesprächseröffnung gelernt.
    Zum Beispiel Geschwafel über die Genealogie vornehmer Familien: »Du erinnerst dich doch gewiss an die Angleseys.«
    »Wie könnte ich nicht?«, antwortete Daniel.
    Tatsächlich zwang ihn schon die bloße Erwähnung des Namens, sich zusammenzureißen, als hätte man ihm gerade gesagt, dass die Segel von Blackbeard am Horizont gesichtet worden seien. Zum ersten Mal seit Beginn des Gesprächs sah er Isaac voll ins Gesicht.
    Als junger Mann hatte Daniel die Angleseys als einen Clan gefährlicher, kryptokatholischer Hofstutzer kennengelernt. Der Patriarch, Thomas More Anglesey, Herzog von Gunfleet, war ein Zeitgenosse und tödlicher Rivale von John Comstock gewesen, dem Earl of Epsom und ersten großen, adeligen Förderer der Royal Society. Comstock war das C und Anglesey das erste A in der CABAL gewesen, der Fünfergruppe, welche die restaurative Regierung Charles’ II. geleitet hatte.
    In jenen Tagen war Daniel zu naiv gewesen, um zu begreifen, wie eng die Verbindungen zwischen den Angleseys und der königlichen Familie waren. Später hatte er erfahren, dass die beiden Söhne von Thomas More Anglesey, Louis (der Earl of Upnor) und Phillip (Graf Sheerness) uneheliche Kinder Charles’ II. waren,

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