Principia
darüber, von fluchenden Sergeanten an Deck angetrieben und ermahnt von Leutnants auf dem Anleger; indem sie an Land traten, ordneten sie sich zu Pelotons.
»Ganz im Gegenteil, Dr. Waterhouse, ich muss an Bord bleiben. Das passt mir besser.« Er stampfte mit einem lauten, pochenden Geräusch auf, und als Daniel den Blick senkte, stellte er fest, dass eines der Beine des Oberst ein Stab aus beschnitztem Ebenholz mit einer Stahlspitze war.
»Ihr seid bis ins Mark ein Black-Torrent-Mann«, bemerkte Daniel. Jedes Regiment hatte seine eigene Holzart, aus der Offiziersstöckchen und Ähnliches gefertigt wurden, und Ebenholz war das Markenzeichen der Black Torrent Guards.
»Richtig, bin schon seit der Revolution bei ihnen.«
»Ihr müsst doch sicher die Ausschiffung beaufsichtigen -«
»Dr. Waterhouse, Ihr versteht nicht, was es mit der Delegation von Autorität auf sich hat«, entgegnete Barnes. »Das funktioniert folgendermaßen: Ich befehle meinen Untergebenen, alle bis auf zwei Pelotons vom Boot zu schaffen, und sie tun es.«
»Wer hat Euch delegiert, mich über das Achterdeck zu verfolgen?«
»Na, der eben erwähnte, überaus höfliche Verbrecher.«
»Ein Oberst befehligt ein Regiment, nicht wahr?«
»Richtig.«
»Wollt Ihr mir etwa sagen, dass ein Oberst seinerseits von einem Schwarzgardisten befehligt wird?«
»So ist es in den meisten Armeen Brauch«, erwiderte Barnes unbewegt. »Gewiss, unter Lord Marlborough war es eine Zeitlang anders, aber seit er des Oberbefehls enthoben wurde, hat man es bis ganz nach oben nur noch mit Leuten von der schwarzen Garde zu tun.«
An dieser Stelle verspürte Daniel den ganz natürlichen Drang zu lachen; irgendetwas aber empfahl ihm, bei diesem Barnes Vorsicht walten zu lassen. Was der Oberst gerade gesagt hatte, war geistreich, zugleich aber auch gewagt.
Inzwischen waren die meisten Guards von Bord; zurückgeblieben waren nur zwei Pelotons von jeweils vierzehn Mann, jedes unter seinem eigenen Sergeanten. Eines davon hatte sich am vorderen Ende des Decks gesammelt, das andere achtern, unmittelbar unterhalb der Stelle, wo Oberst Barnes und Daniel standen. Dies ließ mittschiffs viel freien Raum, der von Sergeant Bob Shaftoe beansprucht wurde. Er war dem Anleger zugewandt, sodass Daniel ihn im Profil sah; nun aber drehte er sich leicht zu ihnen hin und blickte eine Viertelsekunde lang in Barnes’ Richtung.
»Euer Schiff, Kapitän«, tönte Barnes.
Der Skipper konterte mit einer Reihe theatralischer Befehle, die zur Folge hatte, dass die Planken auf den Anleger zurückgezogen und die Leinen der Schaluppe losgeworfen wurden.
»Ihr und Sergeant Bob führt zusammen Krieg«, sagte Daniel. »Das ist Euer Beruf.«
»Wenn das stimmt, ist unser Lebenswerk misslungen!«, antwortete Barnes, zum Schein gekränkt. »Ich würde lieber sagen, wir sorgen für Frieden und sind erfolgreich gewesen.«
»Sagt es, wie es Euch beliebt. Jedenfalls seid Ihr ein Vierteljahrhundert lang mit ihm umhermarschiert und habt jeden Witz und jede Anekdote, die er zu erzählen weiß, tausendmal gehört.«
»Das ist in unserem Beruf häufig die Folge«, räumte Barnes ein.
»Nun bildet Ihr Euch ein, Ihr wüsstet alles über mich, weil Sergeant Bob Euch vor zwanzig Jahren am Rhein oder in einer Hütte in Irland eine Geschichte über mich erzählt hat. Ihr meint, Ihr könnt Euch mir leutselig nähern, mir bestimmte Dinge offenbaren und mich auf diese Weise zu Eurem Komplizen machen, wie wenn zwei Jungen sich absichtlich in den Daumen schneiden, diese gegeneinander drücken und dann sagen, sie seien Blutsbrüder. Bitte seid nicht gekränkt, wenn ich auf Euer Anerbieten verzichte. Es hat seinen Grund, dass alte Menschen für sich bleiben, und der hat nichts mit Aufgeblasenheit zu tun.«
»Ihr solltet Eure Bekanntschaft mit Marlborough erneuern«, sagte Barnes, der sich den Anschein gab, als sei er beeindruckt. »Ihr beide kämt famos miteinander aus.«
»Ein unglücklich gewähltes Adverb, wie ich finde.«
Daraufhin blieb Barnes eine Zeitlang stumm. Die beiden Pferdekähne schoben sich an den Anleger von Gravesend, um ihre Last loszuwerden. Die Queen’s Own Black Torrent Guards waren Dragoner, sie kämpften zu Fuß und bedienten sich der Taktik und der Waffen der Infanterie. Doch sie bewegten sich zu Pferde über das Schlachtfeld. Sie waren, um es vereinfacht zu formulieren, Stoßtruppen. Die von Bord gegangenen Truppen hatten eindeutig Befehl aufzusitzen, auf der parallel zum Fluss verlaufenden
Weitere Kostenlose Bücher