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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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was einigen von uns Bauchschmerzen machen wird.«
    »Und wozu macht er sich bereit?«
    »Er stellt eine Liste sämtlicher Hauptleute, Obristen und Generale auf. Und laut White – der um des Effektes willen Dinge ausplaudert, wenn er sich betrunkener gibt, als er in Wirklichkeit ist – wird Bolingbroke bald allen diesen Offizieren befehlen, ihre Kompanien und ihre Regimenter zu verkaufen, sofern sie nicht schriftlich zusichern, dass sie bedingungslos ihrer Königin dienen.«
    »An jakobitische Hauptleute und Obristen verkaufen, darf man vermuten.«
    »Man darf«, gab Bob leicht spöttisch zurück.
    »Wenn also die Königin auf dem Totenbett entscheiden würde, dass die Krone an ihren Halbbruder gehen soll (ich erspare mir die Heuchelei, ihn den Wechselbalg zu nennen), würde die Armee bereitstehen, um diese Verfügung durchzusetzen und den Prätendenten in England willkommen zu heißen.«
    »So sieht es aus. Und es bringt einen Burschen wie Oberst Barnes ein wenig in die Klemme. Die Bitten des Marquis von Ravenscar lassen sich mit einem Achselzucken abtun, vorausgesetzt, man tut es auf höfliche Weise. Aber Bolingbroke stellt einen vor die Wahl, genau wie die Buoy of the Nore – wir müssen die eine oder die andere Richtung nehmen, und sobald die Entscheidung getroffen ist, gibt es kein Zurück mehr.«
    »Ja«, sagte Daniel. Und er verkniff es sich, zu sagen, was auf der Hand lag: dass Barnes bei seiner Loyalität gegenüber Marlborough niemals mit Bolingbroke gehen würde. Aber er musste sich, wie Bob hervorgehoben hatte, für den einen oder den anderen Weg entscheiden. Er konnte nicht nein zu Bolingbroke sagen, ohne ja zu Ravenscar zu sagen.
    Daniel stand eine Zeitlang da und brütete und schäumte über die Dummheit von Bolingbroke, der Männer wie Barnes ins gegnerische Lager trieb. Es war ein Akt der Panik. Panik war notorisch ansteckend; und die Fragen, die Barnes und Shaftoe an ihn gerichtet hatten, deuteten darauf hin, dass sie sich auszubreiten begann.
    Was die Frage aufwarf, wieso um alles in der Welt sie ausgerechnet an ihn dachten. Barnes besaß ein Dragoner- Regiment, Herr des Himmels, und wenn auch nur ein Zehntel der Anspielungen, die er und Sergeant Bob hatten fallen lassen, zutraf, so standen sie mit Marlborough in Verbindung.
    Was hatte Barnes doch gleich vor wenigen Minuten gesagt? Im Augenblick fürchtet sich gerade jeder zu Tode. Vordergründig ging es dabei um Isaac und seine Ängste bezüglich Leibniz. Aber vielleicht hatte Barnes auch von sich selbst gesprochen.
    Oder von sonst wem. Bolingbroke hatte offensichtlich Angst. Roger Comstock, der Marquis von Ravenscar, war äußerlich viel zu fröhlich, um erkennen zu lassen, ob er Angst hatte. Andererseits aber war er anscheinend stark damit beschäftigt, eine Whig-Armee aufzustellen, was nicht die Vorgehensweise eines Mannes war, der gut schlief.
    Wer hatte eigentlich keine Angst? Der einzige Mensch, der Daniel in dieser Hinsicht einfiel, war Sir Christopher Wren.
    Falls die Herzogin von Arcachon-Qwghlm Angst hatte, so gab sie es nicht zu erkennen.
    Vielleicht hatte auch Marlborough keine Angst. Das ließ sich nicht sagen, solange er in Anwerpen blieb.
    Das waren die Einzigen, die ihm einfielen.
    Dann erlebte er einen jener Augenblicke, in denen er plötzlich außerhalb seines Körpers stand und sich gleichsam aus der Perspektive einer Möwe sah, wie er da an Deck von Mr. Whites Schaluppe stand, die mit der Ebbe The Hope hinablief. Und er stellte sich die Frage, wieso er, dem hienieden noch wenig Zeit blieb, diese Minuten damit hinbrachte, ein ödes Inventar dessen aufzunehmen, wer Angst hatte und wer nicht. Wusste ein Doktor und Fellow der Royal Society nichts Besseres mit seiner Zeit anzufangen?
    Die Antwort lag überall um ihn herum, gab ihm Auftrieb und verhinderte, dass er und die anderen untergingen: Hope, Hoffnung. Dem Mythos zufolge das Letzte, was aus der Büchse der Pandora hervorkam. Im Gefühl der Angst, die ihn mit ihren feuchtkalten Armen umschlang, verspürte Daniel eine fast körperliche Sehnsucht nach Hoffnung. Und vielleicht war ja die Hoffnung nicht weniger ansteckend als die Angst. Er wollte sich von Hoffnung anstecken lassen und versuchte daher, auf jemanden wie Wren oder Marlborough zu kommen, der sie ihm geben konnte.
    Es war jedenfalls eine Hypothese. Und sie beschrieb das Verhalten anderer ebenso gut wie sein eigenes. Warum hatte ihn Prinzessin Caroline aus Boston herbeordert? Warum hatte Mr. Threader einen Club mit ihm

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