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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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einen Handel abschließen.«
    »Ihr seid beinahe scharfsichtiger, als Euch guttut, Sergeant. Nun denn, glaubt Ihr nach allem, was Ihr von Marlborough und von mir wisst, einer von uns würde von einem Handel zurücktreten, der feierlich in einer solchen Lage eingegangen wurde: unmittelbar vor den Toren des Tower von London, am Vorabend der Glorreichen Revolution, da unser beider Leben an einem seidenen Faden hing?«
    »Natürlich nicht, Sir. Ich habe nie -«
    »Ich weiß. Gemach. Nur eines will ich Euch jetzt sagen, Sergeant: Unser Handel gilt nach wie vor, bis heute; die gegenwärtige Fahrt und Mission ist ein Teil davon; alles ist gut, und die Revolution wird mit jedem Tag, der verstreicht, glorreicher.«
    »Mehr wollte ich nicht hören«, sagte Bob mit einer leichten Verbeugung.
    Daniel verkniff es sich, Ich weiß zu sagen.

The Monument, London
    SPÄTER NACHMITTAG
    Auf halbem Weg nach oben blieben sie stehen, um Luft zu holen. Die beiden jüngeren Pilger standen an einem steinernen Sims, das durch ein winziges Luftloch beleuchtet wurde; hier hatten sich Steinmetze größte Mühe gegeben, ein fußnagelgroßes Stück gasartigen weißen Himmel mit einer gewaltigen steinernen Wölbung zu umrahmen.
    »Schade, dass so ein mittelmäßiger Tag ist«, sagte einer, aber erst, nachdem er an das Fensterchen gestürzt war und für einen Moment seine Lungen bearbeitet hatte, als wären sie ein Blasebalg.
    »Da müssen wir wohl unsere eigene Meteor ologie erfinden«, antwortete der andere. Er zwängte sich mit der Schulter in einen Lichtspalt, der zwischen dem Fensterrahmen und dem Brustkorb seines Mitpilgers entstanden war, drängte Letzteren beiseite und verschaffte sich selbst etwas Luft. Da es Londoner Luft war, konnte man sie nicht gerade frisch nennen, aber sie war immer noch besser als der Gifthauch, der dieses Gemäuer, eine Art zweihundert Fuß hohen Brunnenschacht, erfüllte.
    Ein älterer Pilger, der sich mehrere Spiralwindungen unter ihnen befand, stotterte. Zum Fluchen war er zu sehr außer Atem. Er musste sich damit begnügen, in ausgesprochen gereizter Manier ein- und auszuatmen. »Geht... mir... aus... dem... Licht !«, stieß er schließlich, eine Silbe pro Treppenstufe, hervor.
    Die beiden Jüngeren – mit Mitte dreißig im Grunde auch nicht mehr so jung – hatten sich gerade wieder in Bewegung gesetzt, als sie der Notwendigkeit gewahr wurden, drei jungen Gentlemen, die von oben kamen, Platz zu machen. Diese hatten wohlweislich ihre Stoßdegen aus den Gehenken genommen, um nicht über sie zu stolpern, und trugen sie vor sich her wie Heilige ihre Kruzifixe.
    Die beiden Hinaufsteigenden am Fenster waren, abgesehen von ihren weißen Kragen, ganz in Schwarz gekleidet und trugen sogar schwarze Umhänge, die ihnen bis über die Knie fielen. Sie waren offensichtlich Nonkonformisten: Quäker oder sogar Barkers. Die drei Hinabsteigenden waren auffällig herausgeputzte Jungen von der Piccadilly, die nach Schnupftabak und Gin rochen.
    »Um Vergebung, wir waren da oben, um uns den Himmel anzuschauen«, trällerte einer von ihnen, »aber wir fanden ihn schrecklich langweilig und wollen jetzt auf dem schnellsten Weg in die Hölle.« Seine Gefährten lachten.
    Die Pilger standen mit dem Rücken zum Licht und mit den Gesichtern im Dunkeln. Andernfalls hätte man in ihren Mienen eine für Pilger untypische Belustigung entdeckt.
    »Mach ihnen Platz, Bruder«, sagte der obere der beiden Nonkonformisten, »der Himmel kann auf uns warten, aber die Hölle lechzt nach diesen da.« Er drückte sich mit dem Rücken an die eiskalte Steinmauer. Sein Bruder war jedoch durch einen gewaltigen Buckel entstellt und musste sich ans Fenster zurückziehen, um sich rücklings in den Hohlraum zu quetschen.
    »Verflucht noch mal, du stehst mir im Licht!«, wiederholte der Alte, jetzt nur noch als körperloser, den düsteren Schacht emporsteigender weißer Kragen zu erkennen.
    »Wir machen ein paar unbußfertigen Sündern Platz, Vater«, erklärte der Bucklige. »Benimm auch du dich wie ein guter christlicher Pilger.«
    »Warum nehmt ihr sie nicht als Geiseln? Wir brauchen Geiseln!«
    Diese ungewöhnliche Anregung quoll aus dem Dunkel, als der vordere der drei jungen Laffen sich gerade an dem ersten Pilger vorbeiquetschte. Dabei kamen die beiden sich so nah, dass Ersterer den Magen des Letzteren knurren hören und Letzterer den Geruch von Austern aus dem Mund des Ersteren wahrnehmen konnte. Einen Augenblick lang verharrten sie auf gleicher Höhe,

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