Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
fernen Punkt über Daniels Kopf.
    »Begebt Euch bis zu der Gabelung, wo die Pig Street von der Threadneedle abzweigt. Ob Ihr nun nach rechts, in Richtung Bishopsgate, oder nach links die Pig hinauf in Richtung Gresham’s College geht, Ihr werdet schon in kurzem zu den Kontoren der Südsee-Kompanie gelangen, die zwar erst drei Jahre alt ist, aber bereits die Entfernung zwischen diesen beiden Wegen überspannt.«
    »Und was soll ich Eurer Meinung nach dort tun?«
    »Investieren! Ein Konto eröffnen. Euer beider Interessen zusammenschließen!«
    »Ist das nur wieder so eine Tory-Landbank?«
    »O nein, ganz im Gegenteil! Ihr seid nicht der Einzige, der bemerkt hat, dass es klug ist, in das künftige Wachstum des Außenhandels zu investieren!«
    »Wo hat denn die Südsee-Kompanie solche Interessen? In Südamerika?«
    »In ihrer ursprünglichen Konzeption, ja. Doch seit ein paar Monaten liegt ihr wahrer Reichtum in Afrika.«
    »Afrika! Das ist aber sehr seltsam. Das erinnert mich an die Afrika-Kompanie des Herzogs von York vor fünfzig Jahren, ehe London niedergebrannt ist.«
    »Denkt sie Euch als aus der Asche erstandene Königliche Afrika-Kompanie. So wie das Grundkapital der Bank von England die Ostindien-Kompanie ist, ist das der Südsee-Kompanie der Asiento.«
    »Selbst ich weiß, dass dieses Wort Asiento irgendwie mit dem Frieden verknüpft ist, aber ich war schrecklich abgelenkt -«
    »Wir konnten den Krieg nicht gewinnen – konnten den Enkel Ludwigs XIV. nicht vom spanischen Thron stoßen -, aber wir haben ihm bestimmte Konzessionen abgerungen. Eine davon ist das ausschließliche Recht, Sklaven von Afrika in die Neue Welt zu verschiffen. Mr. Harley, unser Lord Oberschatzmeister, hat dafür Sorge getragen, dass dieser Asiento gleichsam zu einem Aktivposten der Südsee-Kompanie wurde.«
    »Wie herrlich.«
    »In dem Maße, wie der Amerikahandel wächst, wird auch die Nachfrage nach Sklaven aus Afrika wachsen, und deshalb kann es keine vernünftigere Investition als den Asiento geben, keine verlässlichere Grundlage für eine Bank, für ein Vermögen -«
    »Oder für eine politische Partei«, sagte Daniel.
    Mr. Threader hob die Augenbrauen. Dann überholten sie einen weiteren Fäkalienwagen, was sie zwang, den Mund und sogar die Augen eine Zeitlang geschlossen zu halten.
    Mr. Threader erholte sich rasch und sagte: »Der Dampfmaschine dagegen, Sir, dürfte bald die Puste ausgehen, wenn Ihr mir das kleine Wortspiel nachsehen wollt.«
    »Es ist traurig, wie spät auf dieser Reise und in diesem Gespräch Ihr mir das offenbart.«
    »Ich Euch was offenbare, Dr. Waterhouse?«
    »Dass Ihr glaubt, der Earl of Lostwithiel lasse sich auf ein wahnwitziges Unternehmen ein, und dass Ihr der Überzeugung seid, Eure Kunden sollten ihr Geld lieber in den Asiento stecken.«
    »Ich werde ihr Geld dort investieren, wo sie mich angewiesen haben, es zu investieren. Aber ich kann nicht umhin zu bemerken, dass die fast grenzenlose Küste Afrikas von Sklaven bevölkert ist, die von ihren wilderen Vettern aus dem Innern vertrieben werden und praktisch umsonst eingesammelt werden können. Wenn ich Wasser aus einer Zinnmine in Cornwall pumpen will, Dr. Waterhouse, brauche ich nicht Mr. Newcomen zu bezahlen, damit er eine grässliche Maschine errichtet; nun, da wir den Asiento haben, brauche ich lediglich ein Schiff südwärts zu schicken, und ein paar Wochen später habe ich Sklaven, so viel ich brauche, die das Wasser herauspumpen können, indem sie in Tretmühlen laufen, oder, wenn mir das lieber ist, indem sie es mit Strohhalmen heraussaugen und ins Meer spucken.«
    »Die Engländer sind es nicht gewöhnt, ihre Bergwerke und Weiden mit Mohren bevölkert zu sehen, die unter der Knute schuften«, bemerkte Daniel.
    »Sind Dampfmaschinen etwa ein vertrauterer Anblick für sie?«, fragte Mr. Threader triumphierend.
    Daniel wurde von Müdigkeit und Hunger überwältigt und lehnte mit einem Seufzer den Kopf zurück, denn er hatte das Gefühl, dass nur ein Wunder ihm helfen konnte, heil aus diesem Gespräch herauszukommen. Im selben Augenblick erreichten sie die Fleet Bridge. Sie wandten sich nach rechts und fuhren in westlicher Richtung zurück, da der Fahrer um einiges über ihr Ziel hinausgeschossen war. Daniel, der wie stets einen Blick aus dem Heckfenster des Fahrzeuges hatte, sah sich plötzlich mit dem erstaunlichen Anblick eines kolossalen steinernen Eis konfrontiert, das sich weniger als eine halbe Meile entfernt von der Straße erhob und

Weitere Kostenlose Bücher