Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
hatten, verbreiterte sich die Fahrbahn schließlich so weit, dass zwei in entgegengesetzte Richtungen fahrende Kutschen aneinander vorbeigekommen wären.
    »Ich dachte eigentlich, wir würden Euch bei irgendeinem vornehmen Fellow absetzen«, sagte der verwirrte Mr. Threader. »Ihr steht doch nicht etwa auf gespanntem Fuße mit ihnen, oder?«, scherzte er in dem Bemühen, ihre Reise in heiterer Stimmung zu beschließen.
    Bald werde ich es tun. »Ich habe mehrere Einladungen in der Tasche und gedenke, sie methodisch zu verwenden -«
    »Wie ein Geizhals seine Münzen!«, sagte Mr. Threader, noch immer darum bemüht, Daniel auf jene Ebene von Fröhlichkeit emporzuziehen, die ihm für einen Abschied passend erschien.
    »Oder ein Soldat seinen Kugelbeutel«, gab Daniel zurück.
    »Ihr dürft eine weitere hinzufügen!«
    »Wie belieben?«
    »Einladung! Ihr müsst ein paar Tage bei mir Wohnung nehmen, Dr. Waterhouse; ich werde es als Affront auffassen, wenn Ihr es nicht tut.«
    Ehe Daniel eine Möglichkeit einfiel, wie er höflich ablehnen konnte, hielt die Kutsche an, und im selben Moment wurde der Schlag von einem Menschen aufgerissen, den Daniel für einen Pförtner hielt, obwohl er mit seinem Sonntagsstaat für diese Arbeit übertrieben fein gekleidet war. Er war kein Pförtner des Gorilla-Typs, sondern recht hochgewachsen, von leidlich normalen Proportionen, vielleicht fünfundvierzig Jahre alt, glattrasiert und von beinahe vornehmem Auftreten.
    »Ich bin es«, ließ sich Daniel vernehmen, da der Mann sich offenbar nicht entscheiden konnte, wer von den beiden Reisenden der geehrte Gast war.
    »Willkommen in Crane Court, Dr. Waterhouse«, sagte der Pförtner in aufrichtigem, aber kühlem Ton mit französischem Akzent. »Ich bin Henry Arlanc, zu Euren Diensten.«
    »Ein Hugenotte«, murmelte Mr. Threader, während Henry Arlanc Daniel auf das Straßenpflaster hinabhalf.
    Daniel warf einen Blick auf die Fassade des Hauses, das den Abschluss des Court bildete, aber es sah genau so aus wie auf den Stichen, das heißt ausgesprochen schlicht und einfach. Er drehte sich um und blickte zurück in Richtung Fleet Street. Die Sicht wurde ihm von dem Gepäckkarren versperrt, der länger gebraucht hatte, die Einfahrt zu bewältigen, und, noch immer fünfzig Fuß entfernt, auf sie zugerumpelt kam. »Merci«, sagte Mr. Threader, als Arlanc ihm hinaushalf.
    Daniel trat ein Stück zur Seite, damit er zwischen dem Gepäckkarren und der Flucht von Häuserfronten hindurchspähen konnte, die sich bis zur Fleet Street erstreckte. Sein Nachtsehvermögen war nicht mehr das, was es einmal gewesen war, aber er meinte, das Schimmern der Laterne des neugierigen Wächters zu sehen, das vielleicht dreihundert Fuß entfernt den Bogen nachzeichnete. Der Mann belästigte nun jemand anderen, jemanden in einer Sänfte.
    Der Gepäckwagen wurde plötzlich viel größer, als hätte sich eine riesige Blase mit Luft gefüllt und nähme die ganze Breite des Hofes ein. Daniel hatte diesen Eindruck noch kaum verarbeitet, als der Wagen zu einer Lichtquelle wurde. Dann schien es, als stieße eine strahlend gelbe Faust Daniel durch einen Vorhang von eisenfarbenem Rauch. Der Stoß wurde lange, bevor er ihn traf, abgebremst, fiel in sich zusammen und verblasste zu einer aschenen Wolke. Aber Daniel hatte dessen Hitze im Gesicht gespürt, und es waren Gegenstände daraus hervorgesaust und hatten ihn getroffen. Nun belebte der Klang von Märchenglöckchen den Crane Court, während goldene Münzen sich Ruheplätze auf den Pflastersteinen suchten und in wirbelnden Parabeln auf die Dachziegel hagelten. Einige musste es ein großes Stück weit senkrecht in die Luft geschleudert haben, weil sie noch mehrere Sekunden lang herunterprasselten und hoch vom Pflaster abprallten, während Daniel längst selbst eine Ruheposition gefunden hatte, nämlich mit dem Arsch auf der Straße. Der Hof war von einer Rauchwand abgeteilt worden, die nun vorrückte und ihn umschloss; er konnte seine eigenen Füße nicht mehr sehen. Aber er roch den Rauch; er war schwefelig, unverkennbar das Produkt der Verbrennung von Schießpulver. Ihm beigemischt war ein schärferer chemischer Geruch, den Daniel wahrscheinlich hätte bestimmen können, wenn er ihn in einem Laboratorium gerochen hätte; so aber wurde er von zu vielem abgelenkt.
    Leute riefen Namen, darunter auch den seinen. »Mir fehlt nichts«, verkündete Daniel, aber es klang, als hätte er sich die Finger in die Ohren gesteckt. Flink wie ein

Weitere Kostenlose Bücher