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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Samt ausgeschlagenen Kasten verstaut worden, der genau die richtige Größe für sie hatte. Instinktiv scharten sie sich um diesen herum.
    »Tja, Dr. Waterhouse, wir verstehen nun vielleicht ein Zehntel der Merkwürdigkeiten, die Euer Hof beherbergt«, sagte Eliza. »Wann werden wir den Rest verstehen?«
    »Wenn wir nach Bridewell fahren«, erwiderte Daniel und hob die Kiste an, als beabsichtige er sie aufzubrechen.
     
    »Wir gleichen Edelsteinen in der Schatztruhe eines Piraten«, sagte die Herzogin von Arcachon-Qwghlm, um die Mitfahrenden dazu zu bewegen, das Leben von der heiteren Seite zu betrachten.
    Daniel, Eliza, Johann und »Hildegard« teilten sich die Kiste auf Rädern nicht nur mit einem kleinen Kasten voller Goldkarten, sondern auch mit mehreren Stapeln von Flugschriften. Aus deren Geruch und Tendenz, auf die Kleidung abzufärben, konnte man schließen, dass sie frisch aus der Presse gekommen waren. Alle scheuten davor zurück, ausgenommen Daniel, der Kleidung trug, die von vornherein schwarz gewesen war.
    Gemäß irgendeiner ungeschriebenen, aber allgemein gültigen Etiketteregel neigten Menschen, die in einem beschränkten Raum zusammengepfercht waren, dazu, einander nicht in die Augen zu sehen und sich nicht zu unterhalten. Dass »Hildegard« in Wirklichkeit natürlich Prinzessin Caroline war, verschärfte das Problem nur. Daher Elizas Bemühungen, leichte Konversation zu machen.
    Nachdem sie Saffron Hill entlang ein Stück weit südwärts geruckelt waren, gelang es dem verärgerten und gelangweilten Daniel, einen Arm aus dem Gedränge zu befreien und mit der Hand den Fensterschieber zu erreichen, den er aufriss. Richtiggehende Sonnenstrahlen waren in London zu viel verlangt; aber er wurde durch ein nebulöses Einströmen von rauchig-grauem Licht belohnt, das auf das oberste Blatt eines Flugschrift-Stapels fiel.
    FREIHEIT
    von Dappa
    Man hat meinen Verfolger sagen hören, meine Flugschriften würden nur dazu verwendet, in den garderobes von Schnapskaschemmen der Bankside Ritzen zu verstopfen und andere zugige Öffnungen zu verschließen. Das wirft, wenn es denn stimmt, die Frage auf, woher er von solchen Orten weiß; doch dieses Geheimnis wollen wir beiseitelassen. Denn wenn Mr. Charles Whites Behauptung stimmt, dann genießt du, geneigter Leser, soeben einige wenige geruhsame Minuten in einem Abtritt irgendwo in Southwark, und ich komme am besten gleich zur Sache, bevor du dein Geschäft erledigt hast.
    Wenn du dein Auge an die Ritze legst, die sich auftat, als du dieses Dokument aus seinem angestammten Platz gezogen hast, so kannst du vielleicht eine Straße sehen – eine vor dem Winchester Yard entlanglaufende, östliche Fortsetzung der Bankside, allerdings ein Stück weiter vom Ufer entfernt; sie heißt Clink Street und bildet einen Teil der Grenze der Liberty , also des Freibezirks, des Clink. Dieser Teil, heißt es, habe vor langer Zeit einmal irgendwelchen Äbten gehört; diese aber übereigneten ihn dem Bischof von Winchester unter der Bedingung, dass der edle Prälat ihn zur Rettung von Menschenseelen und zum Sammeln von Almosen verwende. Dementsprechend betrieben dort viele hundert Jahre lang zahlreiche Bischöfe Bordelle. Es waren dies keine Hurenhäuser der letzten Tage, die für Krankheiten und die Entwürdigung von Frauen berüchtigt waren; nein, wir sprechen von den halkyonischen Tagen vor der Franzosenkrankheit, in denen ein großer Schirmherr und Regulierer von Bordellen, der nicht weit weg in St. James wohnte, ein Dekret erließ, demzufolge keine Frau gezwungen werden durfte, gegen ihren Willen an einem solchen Ort zu arbeiten. So scharf wurden diese Einrichtungen von König und Bischof inspiziert und beaufsichtigt, dass Arbeitskräfte, Direktion und Kundschaft allesamt bestens miteinander auskamen und kaum Streitigkeiten entstanden. Doch wie bei jedem Verkehr unter Menschen war Unbill vorherbestimmt, und so baute man hier ein Gefängnis. Und in ebendiesem Clink-Gefängnis schreibe ich diese Worte nieder. Bekümmere dich nicht um mein Wohlergehen. Ich befinde mich in einer bequemen Wohnung mit Blick auf den Fluss; das habe ich meiner Gönnerin und einigen meiner Leser zu verdanken. Darunter liegen mehrere fensterlose Kammern, in denen, in schwerem Eisen und bei leichter Kost, einige hundert meiner Mitgefangenen hausen.
    Warum, magst du fragen, ist das Clink dermaßen mit Elendsgestalten überfüllt, wo doch Könige und Bischöfe es sich angelegen sein ließen, ein irdisches Paradies

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