Principia
nach England kamen, waren wir in der Rangordnung schon etwas aufgestiegen – Calvin war Hilfsgeistlicher geworden, und ich war Unteroffizier. Unser Regiment gehörte zu denen, die in den ersten Kriegsjahren nach Irland entsandt wurden, um den Thronprätendenten zu vertreiben. Wir nahmen an der Belagerung von Limerick im Winter 1690/91 teil, und dort erhielten wir die wunderbare Nachricht, dass unser Vater – den wir schon als tot aufgegeben hatten – vom König der Landstreicher aus dem Meer gezogen worden war.«
»Erhieltet Ihr irgendwelche weiteren Botschaften von ihm?«, fragte Isaac.
»Über Jahre hinweg nicht, Sir, da wir alle so viel unterwegs waren.«
»Wenn Euer Vater in Jack Shaftoes Diensten blieb, legte er im Laufe des Jahres 1691 in den Häfen von Orten wie Mocha und Bandar-Congo an und folgte im Jahr darauf dem Monsun nach Surat«, sagte Newton. »Dann wird es für mehrere Jahre schwierig, Jacks Bewegungen nachzuvollziehen. Es ist wohl bekannt, dass er Ende 1693 an einer Schlacht irgendwo zwischen Surat und Shahjahanabad teilnahm und 1695 begann, ein Schiffbauprojekt ins Werk zu setzen.«
»Im Februar 1698 schickte unser Vater uns einen Brief aus Batavia, wo dieses Schiff angelegt hatte, um Gewürze zu laden«, sagte Arlanc. »Wir erhielten ihn erst spät im Jahr. Zu der Zeit war der Krieg vorbei.«
Orney prustete.
»Jedenfalls dachten das damals alle«, fügte Arlanc eilig hinzu. »Im Rückblick war das natürlich nicht mehr als eine kurze Pause in einem Krieg, der sich über fünfundzwanzig Jahre hinzog. Das sahen aber nur wenige voraus, und so wurde unser Regiment im darauffolgenden Jahr, als der Teilungsvertrag von Wilhelm und Louis unterzeichnet wurde, wie so viele andere aufgelöst.
Wegen der vielen entlassenen Veteranen war es schwierig, in London Arbeit zu finden, und aus dem nämlichen Grund gefährlich, sich dort aufzuhalten. Calvin und ich hatten mehr Glück als andere, denn seit dem Edikt von Nantes war so viel Zeit verstrichen, dass die Hugenotten sich in England etabliert und begonnen hatten, zu einem gewissen Wohlstand zu kommen. Calvin übernahm einen Posten als Priester in einer hugenottischen Kirche gleich außerhalb der Stadt, wo er jetzt immer noch ist. Ich verdingte mich hier und da als Diener hugenottischer Geschäftsleute.
Der letzte Brief, den wir von unserem Vater erhielten, war im August des Jahres 1700 in Manila aufgegeben worden, und darin stand -«
»Dass Jacks Schiff sich anschickte, die Überquerung des Pazifiks zu wagen«, sagte Sir Isaac, »und dass er an Bord war.«
»So ist es, Sir. Es ist unheimlich, wie viel Ihr über Jacks Bewegungen in der Welt wisst. Vater sagte, er würde uns wieder aus Acapulco schreiben. Er starb jedoch unterwegs an Skorbut, Gott sei seiner Seele gnädig.«
Nach diesem kleinen Gebet wahrten alle eine respektvolle Stille. Selbst Partry schien berührt. Sir Isaac ergriff als Erster wieder das Wort. »Und wie genau wurde Euch diese traurige Nachricht überbracht?«
»Jack hat es mir erzählt«, sagte Arlanc.
Diese Auskunft ließ Isaac für einen etwas längeren Augenblick verstummen. Mrs. Arlanc war undeutlich zu vernehmen, wie sie in der Küche der Royal Society an der Schulter einer Spülküchenmagd schluchzte. Doch bald regte Sir Isaac sich schon wieder und sagte: »Das müsste nach seiner Rückkehr nach London in den letzten Monaten des Jahres 1702 passiert sein.«
»Wieder habt Ihr recht, Sir.«
»Stellt Ihr Euch vor, dass Jack Shaftoe dieses Gespräch einzig und allein dazu arrangiert hat, Euch die Kunde vom Ableben Eures Vaters zu überbringen?«
An dieser Stelle wirkte Henry Arlanc zum ersten Mal verwirrt – seltsam, wenn man bedenkt, dass er in schweren Ketten lag und auf dem Weg nach Newgate war. Er warf einen unsicheren Blick auf Sean Partry und noch einen auf Sir Isaac. Dann antwortete er: »Natürlich nicht, Sir. Ich muss Euch aber etwas erzählen, was Ihr über Jack Shaftoe wissen solltet, nämlich, dass er nicht durch und durch boshaft ist. Hatte er ein eigennütziges Motiv dafür, mich aufzusuchen? Natürlich, und darauf komme ich als Nächstes zu sprechen. Aber seine Zuneigung zu meinem Vater war ungeheuchelt, und als er die Geschichte vom Tod meines Vaters und seiner Bestattung im Meer, beinahe in Sichtweite von Kalifornien, erzählte, vergoss er Tränen. Und ich glaube, die Zuneigung könnte sogar eine gegenseitige gewesen sein, denn nach Jacks Aussage enthielten die letzten Worte meines Vaters gewisse
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