Principia
Klugheit, die ich seit meiner Rückkehr nach London an den Tag gelegt habe, hatte nur eines zum Ziel, nämlich das, mich gewissermaßen in die Lage zu versetzen, etwas Törichtes für meine Eliza zu tun. Hier bin ich; der Moment ist gekommen.«
»Wie Ihr wollt!«, erwiderte de Gex. »Es wird mir das größte Vergnügen sein, Euch für Eure Leidenschaftlichkeit zu bestrafen, Jack.«
Als dieser Name an Elizas Ohren drang, zuckte ihr Arm, und das Scharnier war durchtrennt. Der Kutschenschlag fiel unter ihrem Gewicht krachend aufs Pflaster. De Gex – der einen Schritt auf Jack zu gemacht hatte – zögerte und schaute zurück. Eliza hatte nicht genug Zeit, sich herauszuwinden. Sie schleuderte ihren Dolch auf de Gex. Er erwischte ihn hinten am Oberschenkel, aber zu leicht, um tiefer als einen Viertel Zoll einzudringen. Dennoch brannte er wie ein Hornissenstachel, und de Gex griff nach hinten, um ihn irgendwie herauszuziehen. »Miststück von Hure!«, schrie er, drehte sich zu ihr um und holte mit seinem eigenen Dolch zum Stoß aus.
Jack flog die Stufen der Oper hinunter, stürzte sich auf de Gex und streckte eine Hand nach vorne. Er wirkte weniger wie ein Duellant als wie ein Hexenmeister, der jemanden verzaubert, denn er hatte keine Klinge in der Hand, und die Entfernung zwischen ihnen war zu groß, als dass er einen Faustschlag hätte landen können. Er hatte jedoch einen kleinen Gegenstand in der Hand gehabt, der herausflog und sich dabei so schnell drehte, dass er ein summendes Geräusch von sich gab, ähnlich den Flügeln eines Vögelchens. Es schoss an de Gex’ erhobener Dolchhand vorbei, doch dann machte es auf wundersame Weise eine Kehrtwende, sauste um sein Handgelenk herum, fiel in eine spiralförmige Umlaufbahn, deren Geschwindigkeit mit abnehmendem Radius zunahm, und wurde schließlich zu einem schwirrenden Fleck, der mit seiner Hand zusammenstieß und dort stecken blieb: Der Gegenstand, den Jack geworfen hatte, war nämlich mit funkelnden Klingen besetzt.
Jack zog die Hand zurück, die ihn geworfen hatte, und im selben Moment bewegte de Gex sich ruckartig auf ihn zu, denn die beiden waren jetzt durch eine seidene Schnur verbunden, die sich von diesem merkwürdigen Wurfgeschoss abgespult hatte. Jetzt fuhr Jacks andere Hand herunter. Sie schwang ein Schwert mit einer gekrümmten Klinge. Dessen Spitze schlug de Gex den Dolch aus der Hand und durchschnitt die Schnur. Der Dolch sauste davon und verschwand in der Dunkelheit.
Nun zeigte de Gex, dass er zu irgendeiner Zeit in seinem Leben die Kunst der Verteidigung studiert hatte, denn während Jack sich in die richtige Position drehte, um Eliza zu schützen, rotierte er von Jack weg. Seine linke oder Dolchhand war durch Jacks Schwertstreich übel zugerichtet worden, aber seine rechte war noch gesund. Mit ihr zog er einen Stoßdegen. Er wandte sich Jack zu, der ein Damaszenerschwert türkischer Machart in der rechten, aber nichts in der linken Hand hielt. Das hätte einen halbwegs ausgeglichenen Kampf ergeben, wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass sie von bewaffneten Männern auf Pferden umringt waren.
»Dir zum Gruß, Eliza«, sagte Jack, »vorausgesetzt, du bist es. Ich bin wieder in deinem Leben, was auch geschieht, und vergebe dir, dass du die Harpune nach mir geworfen hast. Du hast einmal prophezeit, dass ich nie wieder dein Gesicht sehen würde. Bis jetzt gilt das auch noch, denn ich muss diesen de Gex im Auge behalten, bis er und ich unser Duell beendet haben. Aber danach -«
Eliza, die eifrig damit beschäftigt war, sich freizuwinden, gab keine Antwort.
»Ein Duell wäre nett, Jack«, sagte de Gex gerade, »aber ein Befehlshaber auf einem Schlachtfeld darf sich so etwas nicht erlauben.« Er hielt seine blutige linke Hand hoch, um jemandem außerhalb von Jacks Blickfeld zu winken. Sein aufgeschlitzter Handschuh flatterte wie eine schwarze Fahne, von der Blut aufs Pflaster tropfte. Herannahende Hufschläge waren zu hören; einer der Herrenreiter trabte aus dem Kreis der Umstehenden herbei und hielt an, umrahmt von dem Lichtbogen, durch den Jack eben gekommen war. Damit war ihnen der Fluchtweg abgeschnitten. Eliza kam schließlich auf die Füße. Jack hatte sich, den Blick unverwandt auf de Gex’ Gesicht gerichtet, zwischen diesem und Eliza durchgeschoben und stand jetzt, den Rücken ihr zugewandt, schützend vor ihr.
»Hauptmann Shelby«, sagte de Gex zu dem Reiter, »habt Ihr eine Pistole?«
»Jawohl, Mylord.«
»Ist sie
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