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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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standen sie auf der Bühne. Ihr Publikum waren die Menschen auf dem Golden Square. Dazu gehörten auch ein paar Spätankömmlinge, die soeben in einem Phaeton vorgefahren waren. Roger konnte hören, wie sich zwischen einem, der gerade der Kutsche entstieg, und einem von Bolingbrokes Dienern, der dem Gefährt entgegengegangen war, ein Streit entzündete. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, schlenderte Roger zu einem Fenster und erblickte unten Sir Isaac Newton, wie er gebieterisch auf Bolingbrokes Butler einredete, der viel nickte und die Achseln zuckte, sich jedoch nicht von der Stelle rührte. Daniel Waterhouse, der erregt und zugleich gelangweilt wirkte, schritt langsam hinter Newton auf und ab.
    Unterdessen war Bolingbroke geradewegs auf ein Stehpult zugegangen – das unmittelbar vor ein anderes Fenster gestellt worden war -, auf dem ein vollendet gestaltetes Dokument lag, dem nur noch die Unterschrift fehlte.
    »Gentlemen sprechen in der Regel nicht über Geld...«
    »Wie beliebt, Henry?«
    »Vor einer Minute habe ich geäußert, dass Euer System bereits bankrott ist. Ich wollte nicht, dass Ihr mich für ungehobelt haltet.«
    »Nichts läge mir ferner. Ich finde aber, dass es mit all den brennenden Lichtern ein wenig stickig ist – habt Ihr etwas dagegen, wenn ich ein Fenster öffne?«
    »Macht es Euch hier gemütlich, Roger. Überall sonst wird es für Euch bald sehr heiß werden. Hier habe ich eine Anordnung zur Durchführung einer Münzprobe, die der Kronrat morgen erlassen soll.«
    Roger stand seitlich zu Bolingbroke und schob das Fenster hoch. Dabei quietschte es leicht und erregte die Aufmerksamkeit von Daniel Waterhouse. Daniel schaute einen Moment weg, dann wandte er sich wieder Roger zu und starrte ihn an.
    »Es tut mir weh, mich dazu zu erniedrigen, Roger. Aber die Whigs sind in finanzieller wie in moralischer und intellektueller Hinsicht bankrott. Und die Insolvenz ihrer Konten ist ebenso wie die Entwertung ihres Geldes eine Gefahr für das Königreich. Damit muss Schluss sein.«
    Roger hörte das kaum. Es war mehr Rede als Gespräch, und außerdem wusste er schon vorher, was Bolingbroke sagen würde. Roger suchte gerade nach einer Möglichkeit, wenigstens ein paar Worte mit dem guten alten Daniel zu wechseln, der nur ein Dutzend Fuß unter ihm und zwanzig entfernt stand. Daniel sah besorgt aus und bewegte sich merkwürdig auf der Straße hin und her, wie es schien in dem Versuch, ein paar Büschen und Baumästen auszuweichen, die sich zwischen ihm und Rogers Fenster breit machten.
    »Ich setze jetzt meine Unterschrift unter die Anordnung«, sagte Bolingbroke über ein kratzendes Geräusch hinweg. »Ihr dürft mein Zeuge sein.«
    Roger drehte den Kopf, um Bolingbroke dabei zuzusehen, wie er das Pergament verschandelte, indem er den Federkiel wie einen Tänzer en pointe über die Seite hüpfen und springen und Punkte auf die Is und Striche auf die Ts setzen ließ.
    Dann traf irgendetwas Roger seitlich im Gesicht und landete mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden.
    »Was sagtet Ihr gerade, Roger?«
    Durch Blinzeln befreite Roger das getroffene Auge von einer leichten Trübung und kauerte sich hin, um das Wurfgeschoss vom Boden aufzuheben. Er wusste sofort, was es war. Indem er es in seiner Handfläche wog, schlenderte er zu dem Pult hinüber, an dem Bolingbroke gerade die Tinte löschte.
    »Henry, da Ihr eine solche Begeisterung für Münzen und Münzprägung hegt, dachte ich, Ihr hättet das hier vielleicht gerne als Andenken an diesen Abend. Und würdet es vielleicht gerne mit ins Exil nach Frankreich nehmen.«
    »Exil in Frankreich? Was um alles in der Welt meint Ihr damit?«
    »Eure Zukunft, Henry, und meine.« Roger knallte den Gegenstand – noch warm von Daniels Tasche – auf das prunkende Dokument. Es war ein Lederbeutel, zugenäht, mit Tinte beschriftet und so schwer, wie nur Gold sein konnte.
    »Eine Sinthia aus der Pyx«, verkündete Roger. »Wo das herkommt, gibt es noch mehr, viel mehr. Jack der Falschmünzer ist unser. Er hat alles hergegeben und alles gestanden.«

Die Italienische Oper
    ZUR SELBEN ZEIT
    Sergeant Bob hatte ihr einen guten Rat gegeben, nämlich den, in der Oper Zuflucht zu suchen und sich nicht durch das Wissen, dass Jack in diesem Gebäude war, hin- und herreißen zu lassen. Schnell durchquerte sie das Foyer und versuchte dabei, sämtlichen Spiegeln auszuweichen. Die Nadeln, die ihr Haar unter der Carolinen-Perücke hochgehalten hatten, waren entweder

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