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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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seid.«
    »Wollt Ihr damit sagen, dass es jetzt einen neuen Plan gibt?«, fragte van Hoek und machte eine tiefe Rille in den Kistendeckel.
    »Vielleicht«, sagte Daniel. »Euer ehemaliger Partner -«
    »Jack?«
    »Jack. Jack scheint einen Handel mit dem Münzmeister abgeschlossen zu haben. Vielleicht ist die Gefahr, von der ich gesprochen habe, vorüber. Womöglich ist es gar nicht notwendig, dieses Gold« – dabei deutete Daniel mit einer Kopfbewegung auf die Minerva – »nach Moskau zu befördern.«
    »Für mich ist es nicht von Belang, ob der Zar oder der Münzmeister es mir abkauft, Hauptsache, wir bekommen dieses verfluchte Zeug von unserem Schiff runter«, sagte van Hoek, »aber Ihr solltet Euch schnell entscheiden.« Er hatte seine Aufmerksamkeit dem Fluss zugewandt.
    Daniel drehte sich um und erblickte ein vielruderiges Schiff, das mit direktem Kurs auf Orneys Werft durchs Wasser kroch.
    »Auf der Themse ein höchst merkwürdiger Anblick«, fand Daniel. »Unter welcher Flagge fährt es?« Van Hoek hatte nämlich sein Perspektiv gezückt.
    »Unter dem Doppeladler. Es ist eine Kriegsgaleere der russischen Marine«, antwortete van Hoek. Und fing nach kurzem Zögern an, über die Absurdität dieser Situation zu lachen.
    »Kommt, um die drei Kriegsschiffe abzuholen, die Mr. Orney gebaut hat«, mutmaßte Daniel. »Ein großer Tag für Mr. Orney!«
    »Und für Dr. Waterhouse?«
    »Alles ist gut. Es ist, wie ich es erwartet habe.«
    »Ihr sagt das nicht mit der Aufrichtigkeit, die ich mir gewünscht hätte.«
    »Ich bin nicht unaufrichtig, sondern zerstreut. In den letzten Tagen ist viel passiert. Die Angelegenheit ist weitaus vielschichtiger, als ich zugegeben habe.«
    »Teufel noch mal, in Russland werden sie ja riesig groß!«
    »Was meint Ihr damit?«
    »Der Mann auf dem Schandeck! Wenn die anderen um ihn herum von normaler Statur sind, dann ist er der größte Mensch, den ich je gesehen habe. Wie er über dem armen Kerl aufragt, der gerade Kopfnüsse bekommt!«
    »Da seid Ihr mir gegenüber im Vorteil. Dürfte ich -?«
    Einigermaßen widerstrebend übergab van Hoek ihm das Perspektiv. Daniel fand einen Platz, wo er es seitlich an einem Pfeiler abstützen konnte, und richtete es so aus, dass er einen Blick auf die näher kommende Galeere erhielt. Sie war noch einen Bogenschuss von Orneys Werft entfernt. Ihre Ruder schlugen weiterhin rhythmisch, aber immer langsamer, da sie sich für die letzten paar Schläge bereitmachte. Daniel entdeckte das Schandeck, das, wie bei Kriegsgaleeren üblich, ganz besonders hoch war. Sofort sah er den Mann, von dem van Hoek gesprochen hatte. Seine Größe richtig einzuschätzen, wurde durch die Anwesenheit mehrerer Zwerge um ihn herum erschwert. Es gab jedoch auch Menschen, die von normaler Statur zu sein schienen: einen, der einen Admiralshut nach französischer Art trug und an der Reling auf und ab schritt. Einen alten Mann mit einem langen grauen Bart und einem anscheinend kahlen Kopf, der sich unter einer Kuppel aus schwarzem Filz verbarg. Und einen dritten, um dessen Hals der große Mann einen Arm geschlungen hatte. Von ihm war nur der kahle Scheitel zu sehen, denn der Riese hielt ihn gebückt im Schwitzkasten und rieb dem armen Kerl mit den Fingerknöcheln seiner anderen Hand über den Schädel. Das breite Grinsen auf dem Gesicht des Riesen und die heiteren Mienen der Zwerge ließen vermuten, dass das alles im Spaß geschah; die Art, wie das Opfer von einer Fußspitze auf die andere trippelte und mit den Händen herumfuchtelte, deutete allerdings darauf hin, dass es selbst anderer Ansicht war. Schließlich ließ der große Bursche ihn los, denn die Galeere manövrierte jetzt auf Orneys Werft zu und fuhr zwischen zwei funkelnagelneuen Fregatten durch, die davor ankerten und ihn zu interessieren schienen. Der mit Kopfnüssen Bedachte huschte zu seiner Perücke hinüber und hob sie auf, straffte sich dann (langsam und mit Bedacht, denn er war ein alter Mann) und setzte sich die Kopfzierde wieder auf. Erst als er sie zurechtgerückt hatte, konnte Daniel sein Gesicht richtig in Augenschein nehmen.
    Worauf er laut aufstöhnte.
    »Was gibt’s?«, fragte van Hoek.
    »Plötzlich ist alles sehr kompliziert geworden.«
    »Habt Ihr nicht vorhin schon gesagt, es sei alles kompliziert?«
    »Ja, eigentlich habe ich das gedacht – bevor Seine Kaiserliche Majestät Peter der Große mit Baron von Leibniz auftauchte.«
    »Das ist der Zar?«
    »Ich schätze ja.«
    »Was macht er

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