Principia
Anfangsphase davon noch mitzubekommen. Doch als er um elf Uhr auf die Werft gekommen war, war schon alles vorbei gewesen, und das Einzige, was noch von dem Abenteuer zeugte, waren hundert parallele Hakenkratzer im Deckel dieser Kiste.
»Ich weiß, es gibt eine Art -«
Daniel war kurz davor gewesen, Aberglaube zu sagen. »- Überlieferung, dass es Unglück bringt, wenn man eine Frau an Bord hat.«
Van Hoek dachte darüber nach. Van Hoek dachte über alles nach, was es schwierig machte, ihn in eine müßige Plauderei zu verwickeln. »Die erste Frau, die sich überhaupt auf diesem Schiff aufhielt, war Elizabeth de Obregon, die wir aus dem Wrack der Manila-Galeone gerettet hatten, zusammen mit dem, der sie in Brand gesteckt hatte, einem gewissen Édouard de Gex.«
»Der ist übrigens tot.«
»Schon wieder? Freut mich zu hören. Nach dieser Reise gerieten wir zwar tatsächlich in eine Pechsträhne, aber ich müsste schon ein Dummkopf sein, wenn ich das der Lady de Obregon anlasten wollte, wo der Grund dafür doch offensichtlich die Arglist und Durchtriebenheit von de Gex waren.«
»Das ist richtig«, sagte Daniel. »Ihr glaubt also nicht, dass Frauen auf einem Schiff Unglück bringen?«
»Ein solcher Glaube ließe sich nur schwer mit der weithin bekannten Erfolgsbilanz der Piratenkönigin von Malabar vereinbaren.«
»Dennoch hat es Euch Unbehagen bereitet, Prinzessin Caroline an Bord zu haben. Ich nehme aber an, dass es andere Gründe dafür gab. Es klingt, als wäre die Royal Navy hinter ihr her gewesen.«
»Wir hatten uns in gewissen Buchten und Meeresarmen von Essex aufgehalten, die häufig von Schmugglern aufgesucht werden -«
»Diese Buchten kenne ich gut«, sagte Daniel lächelnd, »dort hat mein Vater sein Glück gemacht.«
»In der Nacht auf den neunundzwanzigsten erhielten wir dann die Botschaft, dass die Einfahrt in die Themse für uns nun sicher sei – die Nachricht, dass die Whigs die Oberhand bekamen, war nämlich durch Signalfeuer mit großer Geschwindigkeit von London aus übermittelt worden. Ich vertraute darauf, sonst hätte ich mich der Nore erst gar nicht nähern dürfen. Als ich die Brigg der Navy entdeckte, die diese Schaluppe jagte, vermutete ich, dass ihr Kapitän einfach noch nichts von den Veränderungen mitbekommen hatte, die in London im Gange waren. Und tatsächlich sahen wir, als wir uns mit der Prinzessin flussaufwärts bewegten, bald mehr als ein Marineschiff mit dem Wappen von Lord Berkeley – einem Whig.«
»Und dennoch wart Ihr froh, sie loszuwerden.«
»Manche Fracht bringt mehr Probleme mit sich, als sie wert ist«, sagte van Hoek und wandte sich von Daniel ab, um die Minerva zu betrachten. Kräne und Winden waren dabei, Kisten mit runden Flusssteinen und Kanonenkugeln aus ihrem Bauch herauszuhieven.
»Ich konstatiere, dass Ihr nicht nur von Prinzessinnen sprecht«, sagte Daniel.
»Es war nur als eine Art Puffer gedacht, um uns durch magere Zeiten zu bringen«, sagte van Hoek. »So wie ein Kaufmann Tafelsilber in seinem Haus aufbewahrt, das eingeschmolzen und zu Münzen gemacht werden kann, wenn Liquidität vonnöten ist, so hatten wir diese Goldplatten in der Bilge. Nicht ein einziger Zollinspektor hat sie dort vermutet. Die meisten unserer Matrosen wissen es nicht einmal. Von Zeit zu Zeit haben wir etwas davon gemünzt. Ich hatte keine Ahnung, dass wir in einer solchen Gefahr schwebten.«
»Der einzige Grund, warum es gefährlich war, lag darin, dass der Meister unserer Münze ein besonderes Interesse an dieser Art von Gold hat. Solange Ihr es nicht gemünzt hattet, wart Ihr sicher. Aber auch nur eine Guinee zu prägen und in Umlauf zu bringen, war, als hättet Ihr in einer Kirche mit einer Pistole in die Luft geschossen.«
»Ehe er verhaftet wurde, sagte Dappa, Ihr hättet eine Methode ersonnen, mit der man den Wert dieses Goldes extrahieren könnte, ohne es zu Münzen zu verarbeiten«, sagte van Hoek, »aber im Weiteren wurde seine Rede undurchsichtig. Ich dachte, ich würde die Geschichte vielleicht auf unserer Fahrt nach Boston hören, aber dann waren wir natürlich gezwungen, ohne ihn zu fliehen.«
»Kurz gesagt, wir haben einen Käufer in Moskau, der uns das Gold abkaufen wird, wenn wir erst einmal auf besondere Weise seine Form verändert haben.«
»Ihr werdet etwas daraus machen?«
»Ja, und dieses Etwas wird er kaufen und in gewöhnlichem Gold bezahlen. So lautete jedenfalls der Plan an dem Tag, als Dappa entführt wurde und Ihr nach Boston losgesegelt
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