Principia
Namen, die beitreten wollten – von denen jedoch keiner mehr als eine vage Vorstellung von der Zielsetzung des Clubs hatte. Die Tatsache, dass ein Baron vom Hof zu Hannover sich heimlich an die Spitze dieser Warteschlange gesetzt hatte, noch dazu am selben Tag, an dem ein anderes Mitglied zum Regenten ernannt worden war, würde sie alle hektisch werden lassen. Der Club würde sich demnächst im Tempel des Mithras treffen müssen, um einigermaßen ungestört zu sein.
»Das Regentendasein hat Euch verändert!«, bemerkte Leibniz mit einem Seitenblick auf den Ring.
»Dieses verdammte Ding ist ein Geschenk von Salomon Kohan«, vertraute Daniel ihm an.
»Er kommt mir nicht wie jemand vor, der gerne Geschenke macht.«
»Nach unserem Besuch in Bridewell habe ich ihm einen kleinen Beutel mit Goldstückchen geschenkt, die aus den Karten ausgestanzt worden waren. Ein paar Tage später wurde mir von einem Juden, der einen Juwelierladen in der Lombard Street besitzt, zusammen mit einer Mitteilung von Monsieur Kohan dieser Ring überbracht. Er hatte die Stückchen einschmelzen und in eine Ringform gießen lassen. Das ist das Ergebnis.«
»Das erscheint sehr höflich von ihm«, sagte Leibniz.
»Da stimme ich Euch zu.«
Doch ehe sie sich in Spekulationen über Monsieur Kohans wahre Motive ergehen konnten, breitete sich jene Stille aus, die die Ankunft von Sir Isaac Newton ankündigte. Plötzlich war es ein anderer Raum, eine andere Zusammenkunft. Isaac machte die Runde und schüttelte den Mitgliedern und Gästen die Hand: Mr. Kikin, Mr. Orney, Mr. Threader, Saturn, MacDougall, Leibniz und schließlich Daniel. In der Art, wie er Daniel anschaute und mit ihm sprach, lag etwas ausgesprochen Kaltes. Im Vergleich dazu fiel die Begrüßung von Leibniz herzlich aus. Es war, als hätte Isaac durch irgendeine Hexerei mitgehört, was Daniel früher an diesem Tag über ihn gesagt hatte.
»Ich muss unter vier Augen mit Mylord Regent sprechen«, teilte Isaac dem Club mit.
Kurz darauf saßen er und Daniel einander an einem kleinen Tisch im Hauptraum des Kit-Cat gegenüber. Die Intensität, mit der Isaac Daniel anstarrte, hielt gratulationswillige Kit-Catter davon ab, sich auf den neuen Regenten zu stürzen.
»Es ist erst eine Woche her, dass wir im Schwarzen Hund mit Jack dem Falschmünzer gesprochen haben«, erinnerte ihn Isaac. »Was sind deine Absichten?«
»Der Herzog von Marlborough will zum Zeitpunkt der Krönung eine Münzprobe durchführen lassen«, antwortete Daniel und hielt einen Moment inne für den Fall, dass Isaac der Schlag träfe. Isaac zuckte zusammen und lief rot an, blieb aber am Leben. »In Ermangelung irgendwelcher Nachrichten von Mr. Shaftoe – hast du etwas von ihm gehört?«
»Nein.«
»Ich auch nicht. Wir müssen weitermachen wie zuvor. Falls er die Verhandlungen wieder aufnehmen möchte, werden wir mit größerer Härte verhandeln.«
Isaac schaute ihn nicht einmal an.
»Wie ist deine Position?«, fragte Daniel.
»Ich will das, was ich immer gewollt habe«, antwortete Isaac. »Deine Machenschaften mit Baron von Leibniz haben es schwerer gemacht, daran zu kommen – denn ein Großteil davon ist jetzt in einem Grab in Clerkenwell eingeschlossen und dem Zaren versprochen. Aber Jack hat ja vielleicht noch mehr. Ergo muss ich meine Bemühungen, Jack zu finden, verdoppeln.«
»Was wäre denn, wenn eine Situation aufträte, Isaac, in der du dich entscheiden müsstest: entweder ein Geschäft mit Jack abzuschließen, das der Bedrohung ein Ende setzen würde, die er für die Währung und den König darstellt, dir aber nicht das bringen würde, was du suchst, oder aber Jack bis zum bitteren Ende zu verfolgen in der Hoffnung, an sein Gold zu kommen, jedoch auf die Gefahr hin, die Münzprobe nicht zu bestehen?«
»Du stellst Fragen wie ein Regent«, sagte Isaac.
»Ob es dir gefällt oder nicht, ich bin einer, und ich muss solche Fragen stellen. Und sie lassen sich auf eins reduzieren: Achtest du die Autorität des Königs oder der Regenten, die dazu bestimmt sind, an seiner statt zu handeln, und stellst die Münze und die Währung über andere, persönlichere Interessen? Oder ist der Stein der Weisen für dich das Wichtigste?«
»Ich finde es erstaunlich, dass Drakes Sohn überhaupt imstande ist, eine solche Frage in seinem Kopf zu formulieren, geschweige denn sie zu stellen. Hast du denn gar nichts von ihm gelernt?«
»Du missverstehst mich. Ich mache mir nichts aus dem König. Darin bin ich mir mit Drake
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