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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Hannover’scher Gesandter am Hof von St. James gewesen war. »Seine Majestät hasst es, fruchtbares Land verfallen zu sehen«, übersetzte Bothmar, »er hat den ganzen Vormittag jenes offene Gelände dort betrachtet und sich gefragt, wie man es praktisch nutzen könnte; die Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass es sich gen Norden neigt und folglich wenig Sonnenlicht erhält. Da er weiß, dass Ihr, Dr. Waterhouse, ein Mann von großem naturphilosophischem Scharfsinn seid, fragt Seine Majestät Euch, ob Ihr mit ihm der Meinung seid, dass man im Frühjahr mit einiger Hoffnung auf Erfolg auf diesem Boden Rüben – navets – nun, eben Rüben (diesmal auf Englisch) pflanzen könnte.«
    »Sagt Seiner Majestät, dass ich, wenn ich eine Schaufel hätte, auf der Stelle welche pflanzen würde«, sagte Daniel verzweifelt.
    Nachdem der König davon in Kenntnis gesetzt worden war, zwinkerte und nickte er. Er hatte jetzt einen distanzierten Blick, der das grüne Licht des künftigen Rübenackers widerspiegelte. Daniel konnte fast sehen, wie die Wangen des Mannes sich mit Speichel füllten, während er sich vermutlich ein großes Rübenfest binnen Jahresfrist ausmalte.
    Ravenscar gluckste. »Wie Eure Schaufelei diese einherstolzierenden französisierten Tory-Höflinge verunsichern würde«, bemerkte er, »die beim Anblick eines so ausgezeichneten Stückes Land wie diesem nicht die geistige Beweglichkeit besitzen, sich eine andere Verwendung dafür vorzustellen als einen Paradeplatz für sie und ihre herausgeputzten chevals .«
    »Der Marquis von Ravenscar«, erklärte von Bothmar, worauf Daniel seinen Blick von dem nicht besonders appetitlichen Schauspiel abwenden musste, das Roger mit seinem Schmatz auf Georgs Hand bot.
    Als Daniel fand, dass er sich gefahrlos wieder umdrehen konnte, schien dem König irgendetwas eingefallen zu sein. Er suchte Blickkontakt mit dem Herzog von Marlborough und bekam ihn sogleich – Marlborough war einer der wenigen echten Engländer, die in der Nähe des Königs von England geduldet waren. Genau wie Eisenspäne sich in Gegenwart eines Magneten auf- und in bestimmter Weise ausrichten, ordneten sich gewisse Fakten und Erinnerungen, die um die Perücke des Königs herumgewirbelt waren, als dessen Sehrinde durch Marlboroughs Gesicht stimuliert wurde. Er räusperte sich und begann, ein paar Sätze zu rülpsen, die mit einer soirée und einem Vulkan zu tun hatten und von Bothmar zunächst in Prosa und dann ins Englische übersetzt wurden. »Seine Majestät hat von Marlborough vernommen, der Herzog habe Eure jüngste Abendgesellschaft, bei der der berühmte Vulkan zum Ausbruch kam, sehr genossen. Seine Majestät würde diesem Spektakel gerne einmal beiwohnen. Nicht jetzt. Später. Aber Marlborough äußerte sich lobend darüber, wie gut die königliche Münze verwaltet worden und wie hoch die Qualität des Münzwesens sei. Seine Majestät wird gute Männer brauchen, die sich um den Staatsschatz kümmern. Gute Männer – nicht einen guten Mann. Denn so groß ist die Bedeutung dieser Aufgabe, dass Seine Majestät beschlossen hat, die Tradition der Einsetzung eines Schatzkanzlers aufzugeben und dieses Amt einer Kommission zu unterstellen. Seine Majestät hat geruht, Lord Ravenscar zum Ersten Lord des Schatzamtes zu ernennen. Und sie hat weiterhin geruht, Daniel Waterhouse zum Mitglied besagter Kommission zu bestellen.«
    Für Daniel kam das alles vollkommen überraschend – wenngleich Roger ihm in den letzten Tagen noch mehr als sonst zugezwinkert und ihn geknufft hatte, was er als Hinweis hätte verstehen sollen.
    Darauf folgten ziemlich viele Kratzfüße, da eine gewaltige Dankbarkeit usw. zum Ausdruck gebracht werden musste. Dabei schaute Daniel zufällig in Marlboroughs Richtung und bemerkte, wie der Herzog Roger anfunkelte. Roger, dessen peripheres Sehen sich über volle dreihundertsechzig Grad erstreckte, war sich dessen sehr wohl bewusst; es war so etwas wie ein vereinbartes Zeichen. »Was wird Mylords erste Amtshandlung als Erster Lord des Schatzamtes sein?«, fragte Bothmar, der ebenfalls an diesem wortlosen, fiebrigen Austausch beteiligt gewesen war.
    »Nun, dem Münzwesen Seiner Majestät einen sauberen Anfang zu verschaffen!«, antwortete Roger. »Nicht dass mit dem von Königin Anne irgendetwas nicht in Ordnung gewesen wäre – das steht fest. Es ist mehr eine formelle Angelegenheit – manche würden es reinen Pomp nennen, aber wir Engländer haben nun mal eine Schwäche für solche

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