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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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verfügte über eigenes Gelände mit einer eigenen Umgrenzungslinie.
    »Ihr wollt mir also weismachen«, sagte Jack, »dass Ihr innerhalb einer Nacht drei Burschen dort und mich hier herausholen könnt? Ihr werdet nämlich beides gleichzeitig machen müssen. Für mich wäre es eine äußerst schwierig zu bewerkstelligende Angelegenheit – selbst wenn die Whigs Eure Partei nicht fix und fertig gemacht und die Hälfte von Euch nach La France gejagt hätten.«
    »Ich muss sagen, ich bin enttäuscht, vom Eroberer des Tower solch zaghafte und skeptische Worte zu hören«, sagte White.
    » Ich hatte Mittel . Ihr -«
    »Ihr unterschätzt die Beharrlichkeit und den Reichtum meiner Partei. Lasst Euch nicht von Bolingbrokes vorläufigem Weggang täuschen. Der Aufruhr gärt bereits, Jack. Vielleicht dauert es noch ein oder zwei Jahre, aber merkt Euch meine Worte: Jakobitische Armeen werden bald auf dem Vormarsch in dieses Land sein und die Ausgeburt des Usurpators hinwegfegen.«
    »Damit meint Ihr wohl den König von England?«
    »Wie manche ihn bezeichnen. Einen simplen Gefängnisausbruch oder auch zwei am selben Abend zu organisieren, ist wirklich eine Kleinigkeit, Jack. Vor allem aus dem Newgate-Gefängnis, dessen Geschichte von Ausbrüchen berühmter Häftlinge fast so glorreich ist wie die des Tower.«
    »Was das angeht, muss ich auf Euer Wort vertrauen«, sagte Jack. »Von den Burschen, die ich als Kind hier kannte, ist nämlich keiner auf einem anderen Weg als über den Treble Tree hier rausgekommen.«
    »Dann bedenkt nur, welche immense Bedeutung es für meine Partei hätte, wenn Sir Isaac Newton, das Münzwesen dieses Königreichs und die Whigs auf einen Schlag in Verruf gerieten; ganz abgesehen davon sind die Kosten für die Durchführung von zwei Gefängnisausbrüchen lächerlich gering.«
    »Ihr dürft Euren Vorschlag als eingebracht ansehen, Sir«, sagte Jack, »und wenn ich eine angemessene Zeitspanne habe verstreichen lassen, in der konkurrierende Vorschläge dazukommen können, werde ich sie alle gegeneinander abwägen und zu einer vernünftigen Entscheidung gelangen, vorausgesetzt, mein alter Kumpel, der Alb der Perversheit, gewinnt nicht die Oberhand über mich.«

Zum Schwarzen Hund, Newgate - Gefängnis
    4. OKTOBER 1714
    Newgate war das vielseitigste Gebäude der Stadt. Es war das Provinzialgefängnis von Middlesex, nicht nur für Übeltäter, sondern auch für Schuldner sowohl der ehrlichen als auch der unehrlichen Art, und für zu Geldstrafen Verurteilte. Es war aber auch das Gefängnis der City of London für Kriminelle. Und in dieser Eigenschaft spielte es jetzt den Gastgeber für Jack Shaftoe und hunderte anderer, die wünschten, sie wären Jack Shaftoe. Doch selbst innerhalb dieser Klasse gab es Ränge und Unterschiede. Nicht alle Londoner Kriminellen waren Straßenräuber, Pferdediebe, Ladendiebe, Taschendiebe, Nachtdiebe, Trickdiebe oder Kassenräuber. Da gab es auch noch die unglückseligen Gentlemen, bei denen der Schuldspruch auf Verrat, Mord, Straßenraub, Vergewaltigung, öffentliches Ärgernis, Verschuldung, Duellierung, Zahlungsunfähigkeit oder Falschmünzerei gelautet hatte. All dessen außer der Vergewaltigung und der Verschuldung war Jack Shaftoe schuldig im Sinne der Anklage.
    Für jede dieser Klassen einen eigenen Bereich oder Gewahrsam zu schaffen, war eine Aufgabe, der nur Noah gewachsen war. Sie alle in einem Raum zu mischen, war jedoch unnatürlich oder zumindest unenglisch. Demzufolge besaß Newgate drei große Abteilungen. Unterhalb der aristokratischen Gefilde von Kelterhof und Kastell, wo inhaftierte Gecken ihre Schulden an die Gesellschaft beim Kartenspiel in gut belüfteten Wohnungen zurückzahlten, aber über der widerlichen Fleischgrube des gemeinen Volks, der Common-Side, befand sich die Master-Side von Newgate mit den etwas betuchteren Häftlingen. Ein Teil davon war für Schwerverbrecher, der andere für reine Schuldgefangene gedacht, aber in Wirklichkeit waren alle vermischt, insbesondere in dem Teil des Gefängnisses, der Zum Schwarzen Hund genannt wurde.
    Insassen von Kelterhof und Kastell unterschieden sich in ihrer Erscheinung nicht von anderen vornehmen Leuten, außer dass sie Fesseln trugen. Häftlinge der Common-Side waren meistens offenkundig, fast glorreich lumpig und selbst ohne die schweren Ketten, die sie zu tragen gezwungen waren, hätte man sie nie für etwas anderes als Gefängnisinsassen halten können. Die Bewohner der Master-Side dagegen verhielten sich

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