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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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und nahm unaufgefordert Platz. Er griff nach einem Krug – auf Jacks Rechnung! Allerdings setzte er ihn nicht an die Lippen. Stattdessen umklammerte er ihn mit den Händen, damit sie nicht so zitterten. Sie wollten vor Wut zittern. Nein, sie wollten sich um die Kehle von Jack Shaftoe legen.
    Jack erfreute sich ein paar Minuten lang am Anblick seines neuen Besuchers. So lange brauchte der alte Mann nämlich, um seine Raserei so weit in den Griff zu bekommen, dass er sprechen konnte.
    »Wie lange«, fragte er schließlich, »wie lange flüstert Ihr Sir Isaac Newton diese – diese abscheulichen Lügen schon ins Ohr?«
    »Seit er mir sein begieriges Ohr leiht«, sagte Jack, »das sind jetzt zwei Monate. Ich habe das nie erwartet. Große Männer in dieser Stadt würden Rückwärtssaltos vollführen, um wenigstens für einen Augenblick Ikes Aufmerksamkeit zu gewinnen. Wer hätte gedacht, dass er einem Landstreicher so begierig lauschen würde? Und doch habe ich, seit er mich in Eisen legen ließ, leichter Zugang zu ihm als der verdammte König von England persönlich. Ich schnipse mit den Fingern – schon ist er da, bereit, mir stundenlang zuzuhören.«
    »Seit der Marquis von Ravenscar seine letzte Ruhestätte gefunden hat«, sagte Daniel, »ist Isaac Newton mein ältester Freund. Oder war es, denn Eure Lügen haben ihn zu einem verbitterten und gefährlichen Feind gemacht.«
    Jack schnaubte. »Was für hervorragende Freunde Ihr wart, konnte ich sehen, als Ihr am Abend des achtundzwanzigsten Juli zu der Unterredung zu mir kamt. Das Misstrauen auf Ikes Gesicht war ganz offensichtlich. Oh, nicht nur gegen Euch , sondern gegen jedermann . Damals wusste ich schon, dass ein paar Worte von mir ihn hochgehen lassen würden. Und so seid Ihr jetzt Feinde. Was für mich ungefähr so viel Bedeutung hat wie die Tatsache, dass in diesem Moment in Kairo Kamelärsche von Fliegen umschwärmt werden. Euer alter Freund, Feind oder was immer er ist, möchte mir die Glieder einzeln aus dem Leib reißen. Wohlan. Dieser Bursche, der mir so etwas Schreckliches antun würde, ist, wie es scheint, ein Hexer oder Alchimist irgendeiner Sorte, direkt aus einem Scheißmärchen! Genau wie Elfen und Trolle werden Leute wie er immer weniger, und bald werden sie ganz aus dieser Welt verschwunden sein. Ein Tatbestand, der ihnen genau so klar ist wie Euch und mir! Aber so wie Ihr und ich das als ein Absterben betrachten – nur gut, dass es bald vorbei ist! -, verwechseln Ike und seine Spießgesellen es mit einer Apokalypse, die ihren großen und letzten Triumph darstellt. Solche wie er kamen früher und belästigten uns in Landstreicherlagern, und wir haben in Ermangelung anderer Zeitvertreibe unsere Späße mit ihnen getrieben. So wie der Besitzer einer Taverne die Gier seiner Gäste nach Alkohol nutzt, um Geld für die Ernährung seiner Familie zu verdienen, nun, so nutze ich Ikes Gier nach dem Salomonischen Gold, um das zu bekommen, was ich für mich und die Jungs brauche. Was ich auch weiterhin tun werde, bis ich zufrieden gestellt bin. Wenn daraus ein Überfall auf die im Clerkenwell Court versteckte Whig-Münze folgt und wenn als Ergebnis davon Ihr und Eure gelehrten Partner in Ketten hierhergebracht werden, bedeutet mir das gar nichts.«
    »Gut. Es ist alles klar. Was genau wollt Ihr nun?«
    »Jimmy, Danny, Tomba und ich als freie Männer an Bord eines Schiffes mit Kurs auf Amerika.«
    »Das ist vermerkt«, sagte sein Gegenüber. »Allerdings gibt es eine Komplikation, auf die ich Euch unbedingt hinweisen muss.«
    »Mein Glas ist erst halb leer, Dr. Waterhouse, und Ihr habt das Eure noch nicht einmal angerührt; es scheint also, dass wir reichlich Zeit haben, falls Ihr Eure zurückhaltende, kryptische Ausdrucksweise ablegt und einfach ohne Umschweife sagt, was Ihr meint.«
    » Ihr werdet – vorausgesetzt, irgendeine Flucht wäre möglich – an Bord eines Schiffes gehen und nach Amerika segeln. Sie aber nicht.«
    Jack hatte schon zu einer schlagfertigen Antwort angesetzt, doch dann nahm er eine ernste Miene an, lehnte sich zurück und wartete. »Ihr könnt unmöglich davon sprechen, wovon Ihr zu sprechen scheint!«, sagte er schließlich.
    »Ich weiß, es ist schwer zu glauben«, sagte Daniel.
    »Selbst angenommen – nun – angenommen alle möglichen Dinge, die ich überhaupt nicht annehmen will, warum sollte sie Euch als Vermittler einsetzen?«
    »Das ist eine überaus verständliche Frage«, antwortete Daniel. »Die Antwort lautet, dass sie

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