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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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lautete die Diagnose von Doktor Jack Shaftoe. »Oh, das habe ich auch ein- oder zweimal gehabt, Sir. Eine widerliche Tortur, stimmt’s? Ein Arm oder Bein heilt im Nu, aber Rippen brauchen ewig.« Mit dieser Art von Geplapper schien er die Zeit überbrücken zu wollen, bis der Hustenanfall des Besuchers vorbei war. Als es dem anderen schließlich gelang, mit einem Taschentuch vor dem Mund seinen Husten zu unterdrücken, fuhr Jack fort: »Für mich ist es ein Leichtes, mich vor jemanden Eurer Wahl hinzustellen, meine Hand auf eine Bibel zu legen und zu bezeugen, dass die Münzen, die ich aus der Pyx genommen habe – Eure Münzen -, korrekt und die, die ich hineingelegt habe – meine Fälschungen -, geringwertig waren. Allerdings fragt Ihr völlig zu Recht, wer um alles in der Welt mir glauben wird. Niemand, der bei klarem Verstand ist. So. Ja. In der Tat. Ihr, Sir, verlangt harte Beweise in Form des harten Münzgeldes, das ich gestohlen habe. Wo ist es, wüsstet Ihr gern. Nun, ich habe Euch bereits gesagt, dass ich die gesamte Beute dem verstorbenen Marquis von Ravenscar gegeben habe. Ich hoffte, das würde Euch zufrieden stellen. Da Ihr aber in diesem Punkt so penetrant wart, habe ich, seit der Marquis tot ist, unter denen meiner Freunde, die Ihr nicht umgebracht, ins Gefängnis geworfen oder außer Landes gejagt habt, gewisse Nachforschungen angestellt. Und sie haben mir gesagt, Sir, dass diese Sinthias aus der Pyx nach Ravenscars Tod von einem seiner Freunde, diesem Daniel Waterhouse, aus seinem Haus geholt wurden und dass dieser Kerl von Waterhouse sie zur Verwahrung in einem Gewölbekeller oder etwas Unterirdischem draußen in Clerkenwell untergebracht hat – ich sehe an Eurem Gesicht, dass Ihr besagten Ort kennt!« Die schmierige Perücke hatte nämlich, als der Besucher nickte, auf und ab zu hüpfen begonnen.
    Der Besucher wies auf irgendetwas hin, und dann war es an Jack, zu nicken. »Ihr werdet nie mit der Sprache herausrücken und sagen, was Ihr meint, aber ich kann es gut in Klartext übersetzen: Ohne die King’s Messengers, die für Euch die Drecksarbeit erledigt haben, müsst Ihr jetzt den Weg durch die Instanzen gehen. Ihr könnt nicht mehr einfach einen Ort wie Clerkenwell Court nur auf Euren persönlichen Befehl hin durchsuchen lassen. Dazu müsst Ihr Euch erst die entsprechende Legitimation beschaffen. Wenn Ihr möchtet, dass ich vor einem Richter bezeuge, dass die Münzen aus der Pyx in diesem Gewölbe verwahrt werden, nun, dann werde ich das tun, Sir, bestimmt. Aber im Tausch dafür muss ich Freiheit für Jimmy und Danny und Tomba bekommen. Und für mich selbst will ich Leben, das ist alles. Sperrt mich auf ewig ein, falls das Euer Wille ist; aber ich werde nicht dieser ganzen Grobheit draußen in Tyburn ausgesetzt, und meine Körperteile landen nicht sauer eingelegt in Jack Ketchs Küche.«
    Der Besucher murmelte etwas und klammerte sich an der Tischplatte fest, bis er sich zum Stehen hochgezogen hatte. »Bis in einer Woche dann!«, sagte Jack. Darauf antwortete der Besucher nichts, drehte sich aber um und wankte, das Gesicht zur Wand, aus dem Schwarzen Hund hinaus.
     
     
    Nun fanden einige der Gefängniswärter, sie müssten aufspringen und Jack sofort in seine Stube oben im Kastell zurückbringen. Andere dagegen hatten ihre Halben noch nicht leergetrunken. Jack hatte erst eine Minute zuvor eine Runde für alle spendiert und noch nicht einmal einen Schluck von dem frischen Krug genommen, der gerade vor ihn gestellt worden war. Es erschien ungehörig, ihn jetzt hinauszuschleppen. Also blieb Jack sitzen, schüttelte Hände und tauschte Höflichkeiten mit verschiedenen Häftlingen aus, die die Kühnheit besaßen, sich seinem Tisch zu nähern, und küsste sogar ein Frauenzimmer von der Common-Side – ihrem Aussehen nach zu urteilen höchstwahrscheinlich eine Schwerverbrecherin – auf die Wange. Doch nach ein paar Minuten gab es an einem Nachbartisch Bewegung. Zwei freie Männer hatten während Jacks Unterredung mit seinem Besucher die ganze Zeit dort gesessen, der eine noch jünger und ziemlich kräftig, der andere (wegen seiner Perücke und eines hochgeschlagenen Kragens) von unbestimmtem Alter, aber mit dem knochigen Äußeren jener glücklichen Burschen, die es verstehen, dem Alter ein Schnippchen zu schlagen. Der Kräftige blieb auf seinem Stuhl sitzen und veränderte nur so weit seine Position, dass er aus dem Augenwinkel Jacks Tisch sehen konnte. Der Dünne stand auf, ging in die Ecke

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