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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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lenke.«
    »Ha! Ausgerechnet Ihr?«
    De Gex zuckte die Achseln. »Da Ihr am Boden angekettet seid, bleibt Euch nichts anderes übrig, als meinen Rat anzuhören; ob Ihr ihn jedoch befolgt, ist Eure eigene Entscheidung.«
    »Und was ist Euer Rat? Sprecht lauter, Ihr werdet immer leiser.«
    »Ich werde nicht leiser«, erklärte de Gex. »Die Gefängniswärter haben gehört, wie Ihr mich angebrüllt habt; voilà, es ist Morgen, die Fenster des Newgate-Gefängnisses sind aufgemacht worden, um frische Luft hereinzulassen, Licht strömt in das Gemäuer. Ich werde hier bei Euch bleiben. Achtet nicht auf die Gefängniswärter; sie sind verwirrt, sie können mich nicht sehen und nehmen an, Ihr wärt nicht ganz bei Trost.«
    »Ha! So was! Ich nicht ganz bei Trost!«
    »Ihr habt den Vorschlag angenommen, den Daniel Waterhouse Euch unterbreitet hatte … warum?«
    »Oh, ihn habe ich am ehesten für fähig befunden, das Ganze erfolgreich durchzuführen. Charles White ist ein mächtiger Mann, aber er befindet sich auf einem unsicheren Posten und kann jederzeit aus dem Land gejagt werden. Alles auf ihn zu setzen, schien mir zu gewagt. Newton konnte ich einfach nicht durchschauen. Waterhouse dagegen … er ist wirklich zuverlässig, er stand schon in Verbindung mit Saturn und hatte außerdem jeden Anreiz, der Sache zum Erfolg zu verhelfen. Er hat die Jungs schon aus dem Fleet befreit – das erklärt, warum Sir Isaac gestern Abend so aufgebracht war …«
    »Das war vorvorgestern Abend, Jack«, sagte de Gex, »und sie haben Euch vorgestern, am achtzehnten, unter diese Gewichte gelegt.«
    »Hol’s der Kuckuck, das ist ja schon ewig her, ich habe überhaupt kein Zeitgefühl mehr.«
    »Ihr habt es länger ausgehalten als irgendjemand sonst; das hat sich, durch die Fenster von Newgate hinaus, schon in den Straßen herumgesprochen, und der Pöbel hat begonnen, Lieder über Euch zu singen:
    ›Beschwert den Stapel um fünfzig Pfund,
rief Schuss-in-den-Ofen-Jack, der Vagabund,
denn die Nacht ist noch jung,
ich hab’ Luft in der Lung’
und geb’ sicher nicht auf in der nächsten Stund’.‹«
    »Ist es das, was sie grölen? Ich hatte mich schon gewundert. Für ein paar Knüttelverse des Pöbels ist es gar nicht so schlecht, finde ich. Und sehr anrührend. Aber ich bin zuversichtlich, dass er es noch verbessern kann. Vielleicht eine Kollekte durchführen und einen veritablen Poeten anheuern, mit einem gewissen Geschmack. Ich würde mir etwas in heroischen Reimpaaren, vielleicht jambischen Hexametern, vorstellen und etwas, was vertont werden kann …«
    »Jack! Ist Euch schon mal in den Sinn gekommen, Euch zu fragen, warum Ihr mich, einen verschiedenen Geist, hören könnt, während keiner der Wärter weiß, dass ich hier drin bin?«
    »Nein, aber es ist mir in den Sinn gekommen, mich zu fragen, warum Ihr mich hier zwei ganze verdammte Tage alleingelassen habt – und dann plötzlich auftaucht, um mit schauderhaften Ratschlägen meine Ruhe zu stören.«
    »Die Antwort ist in beiden Fällen dieselbe. Ihr steht auf der Schwelle des Portals, das Eure Welt mit der nächsten verbindet.«
    »Ist das eine poetische Art zu sagen, dass ich kurz vor dem Verrecken bin?«
    »Ja.«
    »Dann werde ich Euch also in ein oder zwei Minuten sehen, ich spüre schon, dass ich gehe... Ich kann die Himmelsglocken läuten hören...«
    »Genau genommen sind das die Glocken der Westminster Abbey, deren Geläut der Morgenwind über den Fluss herträgt.«
    »Warum? Ist jemand gestorben?«
    »Nein, es ist Tradition, die große Glocke der Abtei zu läuten, wenn die Kutsche mit dem neuen Monarchen am Westtor vorfährt. Diese Glocke ruft England in die Kirche, Jack, um Georgs Krönung zu feiern.«
    »Habt Ihr mir einen Platz reserviert?«
    »Versucht Euch zu konzentrieren, Jack, oder dieses Glockengeläut ist das Letzte, was Ihr überhaupt je hört.«
    »Ich möchte Euch daran erinnern, dass für mich die Alternative darin besteht, zu bekennen. Egal wie ich mich bekenne, ich bin auf dem Weg nach Tyburn, wo ich einen viel schlimmeren Tod als diesen erleiden werde. Herrgott, das hier ist so gut wie schmerzlos!«
    »Vergesst Ihr nicht einen wichtigen Teil des Plans?«
    »Was? Der Plan von Daniel Waterhouse?«
    »Ja.«
    »O nein. Ich weiß, wohin Ihr mich jetzt führt, Pater Ed, und das ist kein Ort, an den ich geführt werden möchte. Ihr habt das schon mal gemacht: einen Brief von ihr gefälscht , um mich in eine Falle zu locken!«
    »Ihr liegt hier ausgestreckt auf

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